HbbTV-Ausbau schreitet voran – Was folgt nach Replay?
Der offene Standard HbbTV hat sich international durchgesetzt. Er wurde maßgeblich beim Münchner Institut für Rundfunktechnik mitentwickelt.
Die rote Taste auf der Fernbedienung hat sich inzwischen zur absoluten Pflicht-Funktion entwickelt. Damit startet man die HbbTV-Applikation des gerade eingeschalteten TV-Programms. Allein in Deutschland wurden bereits über 30 Millionen Fernseher mit eingebautem „Hybrid broadcast broadband TV“. oder kurz HbbTV, verkauft. Und mindestens die Hälfte davon haben die Nutzer auch mit dem Internet verbunden. Damit ist HbbTV die beliebteste TV-Applikation, weit vor den meist geschlossenen oder zumindest von einem Gatekeeper kontrollierten interaktiven Welten. Speziell die öffentlich-rechtlichen Sender weisen inzwischen in fast jedem Trailer auf den möglichen Mediathek-Abruf via HbbTV hin. An das Internet angeschlossene Fernseher blenden bei jedem Programmwechsel ein HbbTV-Teaserbild unten rechts am Bildschirm ein. Privatsender strapazieren die Akzeptanz der Zuschauer schon mal, in dem sie via HbbTV auch mal Werbung einblenden.
Kaum Updates
HbbTV ist jedoch nicht gleich HbbTV und unterliegt wie jede Software gewissen Evolutionsschritten, die auch spezielle Hardware erforderlich macht. Ähnlich wie Computer- oder Smartphone-Betriebssysteme werden auch hier die verschiedenen Versionen hochgezählt. Während die ersten Geräte mit Level 1.0 auf den Markt kamen, laufen inzwischen die meisten HbbTV-Fernseher mindestens mit Level 1.5. Wer sich aktuell ein Neugerät kauft, kann davon ausgehen, dass bereits Level 2.0 oder höher eingebaut ist. Da Hersteller nachträglich so gut wie nie noch Softwareupgrades während des Gerätelebens vornehmen, sondern nur noch Fehlerkorrekturen per Update anbieten, verbleiben die Geräte meist auf dem ausgelieferten Level. Neue Funktionen höherer Level benötigen auch oft modernere Hardware, somit wäre ein Upgrade oft auch gar nicht technisch möglich.
HbbTV wichtiger denje
Spätestens seit dem Level 2.0 hat HbbTV eine so große Dynamik erhalten, dass große Fernseher ohne das Feature kaum mehr verkaufbar sind. 2019 führte HD plus die HbbTV „OperatorApp“ein, mit der sich die Bedienumgebung eines Fernsehers komplett auf eine Plattform „einfärben“lässt. Ein zusätzlicher PayTV-Receiver oder zumindest ein CI-Plus-Modul mit Smartcard sind nicht mehr nötig. Der Fernseher an sich als Hardware genügt. Alles andere erledigt und ermöglicht die Software. Die öffentlich-rechtlichen Sender setzen mehr auf die neue Companion-Screen-Funktion. Hier lassen sich künftig weitere Mobilgeräte wie Smartphones oder Tablets mit in die Bedienung einbinden und Medieninhalte zwischen Fernseher und diesen Geräten hin- und herschicken. Bald wird es Dienste geben, die dann auf mehreren Screens gleichzeitig laufen. Zuschauer erinnert diese Funktionalität vielleicht etwas an Googles Chromecast, bei HbbTV wird es aber komplett offen und herstellerübergreifend realisiert werden. Und man braucht keine zusätzliche Hardware mehr. Die HbbTV-Applikationen haben auch Zugriff auf die weiteren Funktionalitäten des Fernsehers. So greift die LokalTV-Applikation der Bayerischen Medien Technik (BMT) auch auf die individuelle Programmliste des Fernsehers zu. Wählt der Zuschauer in der App ein Regionalprogramm aus, das auch linear via Satellit empfangbar ist, wie beispielsweise München TV, startet in der App nicht der datenintensive Livestream, sondern der Fernseher wird auf den Programmplatz des identischen Satellitensignals geschaltet. Ein am Internet angeschlossener HbbTV-Fernseher hinterlässt seine Spuren. Wenn der Zuschauer auf ein neues Programm schaltet, wird auch das HbbTV-Startbild geladen. Der HbbTV-Webserver des jeweiligen Senders erfährt so interessante Daten des Zuschauers. Neben der aktuellen IP-Adresse lassen sich so auch der Programmspeicherplatz dokumentieren, auf dem der Zuschauer den Sender gespeichert hat und wie lange er verweilt. Im Rahmen des Datenschutzes werden die Nutzer aber auf diese Art der Datensammlung hingewiesen.