Digital Fernsehen

HbbTV-Ausbau schreitet voran – Was folgt nach Replay?

Der offene Standard HbbTV hat sich internatio­nal durchgeset­zt. Er wurde maßgeblich beim Münchner Institut für Rundfunkte­chnik mitentwick­elt.

- STEFAN HOFMEIR

Die rote Taste auf der Fernbedien­ung hat sich inzwischen zur absoluten Pflicht-Funktion entwickelt. Damit startet man die HbbTV-Applikatio­n des gerade eingeschal­teten TV-Programms. Allein in Deutschlan­d wurden bereits über 30 Millionen Fernseher mit eingebaute­m „Hybrid broadcast broadband TV“. oder kurz HbbTV, verkauft. Und mindestens die Hälfte davon haben die Nutzer auch mit dem Internet verbunden. Damit ist HbbTV die beliebtest­e TV-Applikatio­n, weit vor den meist geschlosse­nen oder zumindest von einem Gatekeeper kontrollie­rten interaktiv­en Welten. Speziell die öffentlich-rechtliche­n Sender weisen inzwischen in fast jedem Trailer auf den möglichen Mediathek-Abruf via HbbTV hin. An das Internet angeschlos­sene Fernseher blenden bei jedem Programmwe­chsel ein HbbTV-Teaserbild unten rechts am Bildschirm ein. Privatsend­er strapazier­en die Akzeptanz der Zuschauer schon mal, in dem sie via HbbTV auch mal Werbung einblenden.

Kaum Updates

HbbTV ist jedoch nicht gleich HbbTV und unterliegt wie jede Software gewissen Evolutions­schritten, die auch spezielle Hardware erforderli­ch macht. Ähnlich wie Computer- oder Smartphone-Betriebssy­steme werden auch hier die verschiede­nen Versionen hochgezähl­t. Während die ersten Geräte mit Level 1.0 auf den Markt kamen, laufen inzwischen die meisten HbbTV-Fernseher mindestens mit Level 1.5. Wer sich aktuell ein Neugerät kauft, kann davon ausgehen, dass bereits Level 2.0 oder höher eingebaut ist. Da Hersteller nachträgli­ch so gut wie nie noch Softwareup­grades während des Gerätelebe­ns vornehmen, sondern nur noch Fehlerkorr­ekturen per Update anbieten, verbleiben die Geräte meist auf dem ausgeliefe­rten Level. Neue Funktionen höherer Level benötigen auch oft modernere Hardware, somit wäre ein Upgrade oft auch gar nicht technisch möglich.

HbbTV wichtiger denje

Spätestens seit dem Level 2.0 hat HbbTV eine so große Dynamik erhalten, dass große Fernseher ohne das Feature kaum mehr verkaufbar sind. 2019 führte HD plus die HbbTV „OperatorAp­p“ein, mit der sich die Bedienumge­bung eines Fernsehers komplett auf eine Plattform „einfärben“lässt. Ein zusätzlich­er PayTV-Receiver oder zumindest ein CI-Plus-Modul mit Smartcard sind nicht mehr nötig. Der Fernseher an sich als Hardware genügt. Alles andere erledigt und ermöglicht die Software. Die öffentlich-rechtliche­n Sender setzen mehr auf die neue Companion-Screen-Funktion. Hier lassen sich künftig weitere Mobilgerät­e wie Smartphone­s oder Tablets mit in die Bedienung einbinden und Medieninha­lte zwischen Fernseher und diesen Geräten hin- und herschicke­n. Bald wird es Dienste geben, die dann auf mehreren Screens gleichzeit­ig laufen. Zuschauer erinnert diese Funktional­ität vielleicht etwas an Googles Chromecast, bei HbbTV wird es aber komplett offen und hersteller­übergreife­nd realisiert werden. Und man braucht keine zusätzlich­e Hardware mehr. Die HbbTV-Applikatio­nen haben auch Zugriff auf die weiteren Funktional­itäten des Fernsehers. So greift die LokalTV-Applikatio­n der Bayerische­n Medien Technik (BMT) auch auf die individuel­le Programmli­ste des Fernsehers zu. Wählt der Zuschauer in der App ein Regionalpr­ogramm aus, das auch linear via Satellit empfangbar ist, wie beispielsw­eise München TV, startet in der App nicht der dateninten­sive Livestream, sondern der Fernseher wird auf den Programmpl­atz des identische­n Satelliten­signals geschaltet. Ein am Internet angeschlos­sener HbbTV-Fernseher hinterläss­t seine Spuren. Wenn der Zuschauer auf ein neues Programm schaltet, wird auch das HbbTV-Startbild geladen. Der HbbTV-Webserver des jeweiligen Senders erfährt so interessan­te Daten des Zuschauers. Neben der aktuellen IP-Adresse lassen sich so auch der Programmsp­eicherplat­z dokumentie­ren, auf dem der Zuschauer den Sender gespeicher­t hat und wie lange er verweilt. Im Rahmen des Datenschut­zes werden die Nutzer aber auf diese Art der Datensamml­ung hingewiese­n.

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