Digitalradiogenuss aus der Ferne: Installation einer Zwillingsantenne
Früher war die Dachantenne allgemein üblich. Heute findet man sie nur noch selten. Besonders als Zwillingsausführung. Dabei hat sie nach wie vor ihre Berechtigung und sorgt etwa bei DAB Plus für stabileren Empfang und mehr Programme.
In dieser Serie wollen wir Ihnen zeigen, worauf es beim Aufbau einer Zwillingsantenne, egal ob für DAB Plus oder DVB-T2, ankommt und worauf insbesondere zu achten ist.
Alles vorgegeben, aber…
Nüchtern betrachtet, sind beim Aufbau einer Zwillingsantenne viele Parameter vorgegeben und sollten, um maximalen Empfang zu erreichen, strikt eingehalten werden. Dazu zählen unter anderem der Abstand beider Antennen zueinander und die Längen der Kabel, mit denen sie zusammengeschaltet werden.
Das ganze hat nur einen großen Haken. Diese Vorgaben sind frequenzabhängig. Womit man eine solche Anlage genau genommen nur auf einen einzigen Multiplex abstimmen kann. Zu analogen Zeiten, insbesondere während der 1970er- und 1980er-Jahre, stellte das kaum ein Problem dar. Wollte man etwa das Erste, damals noch als ARD bekannt, in Österreich oder der DDR empfangen, gab es nur dieses eine ferne Programm im VHF-Band 3.
Im digitalen Zeitalter kommen über die Senderstandorte mehrere Multiplexe im selben Frequenzbereich. Egal ob bei DAB Plus im VHF-Band 3 oder bei DVB-T2 im UHF-Bereich. Und da will man nicht einfach nur ein Paket, sondern nach Möglichkeit alles empfangen. Wohl wissend, dass man diesem Wunsch durchaus wertvolle, weil äußerst schwach ankommende Signalstärken opfert.
Auch wir sind bei unseren DAB-Plus-Zwillingsantennen unmittelbar damit konfrontiert. An unserem Standort bei Linz in Oberösterreich kommen neun Digitalradiopakete zwischen den Kanälen 5B bis 12C. Keine Frage, dass wir die alle haben wollen.
Optimierungsversuch
In der Regel weiß man, welche Multiplexe auf welchen Frequenzen von einem entfernten Senderstandort ausgestrahlt werden. Ab besten sucht man sich jenen aus, der einem am wichtigsten ist und versucht, die Zwillingsantenne auf diesen Kanal zu optimieren. Alternativ bietet sich an, einen Digitalradio-Zwilling etwa auf die Kanäle 8D oder 9A zu optimieren. Was der Mitte des VHF-Band 3 entspricht. Damit bewegen sich die Empfangseinbußen am oberen und unteren Frequenzende in Grenzen. Womit gute Chancen bestehen, das Maximum rauszuholen. Würde man stattdessen die Anlage etwa auf Kanal 12D anpassen, hätte man auf den 5er-Kanälen ungleich schlechtere Karten in der Hand.
Größtes Problem: Die Antenne
Für DAB Plus werden VHF-Band-3-Antennen benötigt. Sie sind exakt jene, die fast überall in Europa für den Empfang der ersten Fernsehprogramme genutzt wurden. Reichten für ortsübliche Programme kleine Antennen, konnten diese für Auslandsempfang bis nahe vier Meter lang sein. Solche Riesenteile verschwanden jedoch ab den 1990ern mit Aufkommen des Satellitenfernsehens nach und nach vom Markt.
Es war eben kein Anreiz mehr da, sich eine oder mehrere große Antennen für teures Geld aufs Dach zu knallen, wenn man mit einer preiswerten 60- bis 90-Zentimeter-Schüssel ungleich mehr Kanäle in einwandfreier Qualität bekam. Die letzte wirklich große, stabile und leistungsstarke VHF-Band-3-Antenne war die Type AV 12 von Kathrein. Diese war 2019 zwar noch im Katalog des Antennenbauers angeführt, aber dennoch nicht mehr lieferbar. Wie wir aus Insiderkreisen erfahren mussten, gab es bei Kathrein eine Lagerbereinigung, in deren Zuge alle Ladenhüter den direkten Weg zum Altmetallhändler fanden. Noch lieferbar ist die AV 11. Die ist mit rund 2,25 Meter Länge nicht nur um über einen Meter kürzer als die AV 12, sondern bringt im Durchschnitt auch um 1,5 dB weniger. Was beim Fernempfang durchaus Welten sind und bei DAB Plus darüber entscheidet, ob man den entfernten Wunschmultiplex bereits einwandfrei oder gar nicht hören kann. Die große Kathrein AV 12 wird im Internet zwar noch von vielen Händlern angeboten. Doch wir haben keinen gefunden, der sie auf Lager hätte. Bei ihnen ist unter Verfügbarkeit „Bestellartikel, nicht lagernd“zu lesen. Fragt sich nur, wo diese Händler so ein gutes Stück herbekommen wollen, wenn sie der Hersteller nicht mehr hat. Mit etwas Glück kommt man auch heute noch an gute Hochleistungsantennen. Wobei auch auf dem Gebrauchtsektor Ausschau zu halten ist.
Was man braucht
Beim Aufbau einer Zwillingsantenne müssen zwingend zwei gleiche Antennen, also dasselbe Modell, verwendet werden. Nur so lässt sich die Empfangsleistung
verbessern. Würde man eine große und eine kleine Antenne zusammenschalten, würden die Empfangsleistungen dieser Anlage jedenfalls schlechter sein, als wenn man nur mit der größeren Antenne arbeiten würde.
Was bringt ein Zwilling?
Hat eine Antenne einen Gewinn von 12dB, kommt man mit zwei parallel geschalteten nicht auf 24 dB, sondern kann den Gewinn bestenfalls um etwa 2 bis 2,5 dB steigern. In der Praxis wird es in der Regel etwas weniger sein, da das Zusammenschalten von Antennen nicht ohne Verluste vonstatten geht.
Der richtige Standort
Beim Fernempfang ändern sich die Empfangsvoraussetzungen auf kleinstem Raum. Womit bereits das Setzen des Antennenmasts eine Glückssache ist. Denn dort, wo er sich leicht montieren lässt, herrschen meist nicht jene Empfangsvoraussetzungen, die man sich wünschen würde. Mitunter entscheidet hier ein halber Meter über Erfolg oder Misserfolg. Eine Erfahrung, die auch wir machen mussten. Was etwa auf dem Dach des Nachbarn perfekt hereinkommt, muss auf dem eigenen Dach überhaupt nicht zu bekommen sein. Diese alte Weisheit stammt noch aus dem analogen TV-Zeitalter und führte etwa im Osten Oberösterreichs dazu, dass die „DeutschlandAntennen“zweier benachbarter Häuser gänzlich andere Senderstandorte anpeilen mussten.
Im digitalen Zeitalter hat sich in diesem Punkt wenig geändert. Bei DAB Plus oder DVB-T2 sorgen zwar grundsätzlich die SFN-Sendernetze für eine gewisse Entspannung. Allerdings kann sich dieser auch nachteilig auswirken, wenn ein Multiplex neben einem relativ nahen auch von einem sehr weit entfernten Senderstandort hereinkommen. Dann nämlich ist der Zeitabstand der ankommenden Signale zu groß und führt zu Nichtempfang. Damit ein Zwilling gut funktionieren kann, müssen, oder sagen wir besser, sollten, beide Antennen die gewünschten Signale gleich gut empfangen. Nur so können sie sich gegenseitig ergänzen und sorgen für ein stärkeres Summensignal. Kommt der angepeilte Sender aber über eine der beiden Antennen deutlich stärker als mit der anderenherin, wird ihr Zusammenschalten zu einer Empfangsverschlechterung im Vergleich zur „besseren“Einzelantenne führen. All das wird man aber erst erfahren, nachdem die Antennen montiert und grob ausgerichtet worden sind. Womit sich aber auch zeigt, dass die Errichtung einer terrestrischen Fernempfangsanlage ungleich anspruchsvoller und risikobehafteter sein kann als die einer Sat-Schüssel.
Aufbau Schritt für Schritt
Zunächst braucht es einen stabilen Antennenmast. Wir haben eine Eigenbauvariante mit 6 Zentimeter Durchmesser und hoher Wandstärke gewählt. Was sich als vorteilhaft bei starken Stürmen erweist. Wobei wir den Mast nur etwa ein Drittel über das Dach schauen lassen, womit er im Inneren auch entsprechend gut verankert werden kann. Damit wir den Mast durchs Dach bekommen, haben wir uns weiter einen Dachdurchführungsziegel beim ortsansässigen Dachdecker besorgt. Dieser ist aus Kunststoff und lässt sich dem benötigten Durchmesser entsprechend aufschneiden. Die Abdichtung erfolgt mit Silikon. Ausleger für Zwillingsantennen sind inzwischen ebenfalls nicht mehr von Antennenbaufirmen zu bekommen. Deshalb haben wir auch diesen auf Maß anfertigen lassen. Wobei wir uns auf ein waagrechtes, stabiles Rohr beschränkt haben. Dieses eignet sich ideal für vertikal polarisierte
Antennen, so wie sie für DAB Plus und teilweise auch für deutsches DVB-T2 benötigt wird. Unser Ausleger hat eine Länge von 1,6 Meter. Dieser Antennenabstand hat sich in der Vergangenheit bei anderen Anlagen für das VHF Band 3 gut bewährt. Bei UHF-Zwillingen liegt der ideale Antennenabstand bei rund 1,39 Metern. Sie sind ein guter Mittelwert, um für den gesamten Frequenzbereich gute Empfangsresultate zu bekommen. Große Antennen kommen in mehreren Teilen. Begonnen wird mit der Montage des Mittelstücks, auf dem auch die Mastschelle montiert ist. Ihre Position ist so ausgewählt, dass sich das Gewicht der Antenne in Waage hält und so nicht zu kippen beginnt. DAB Plus und teilweise DVB-T2 werden mit vertikaler Polarisation ausgestrahlt. Für ihren Empfang müssen die Antennensäbe senkrecht, also von oben nach unten, ausgerichtet sein. Dazu ist meist die Mastschelle zu lockern und um 90 Grad zu drehen und wieder am Baum festzuschrauben. Bei unserer Art von Ausleger läuft man leicht Gefahr, die Antenne schräg nach oben oder unten schauend zu montieren. Sobald das Mittelstück am Ausleger befestigt wurde, ist es am besten mit einer digitalen Wasserwaage waagrecht auszurichten. Ansonsten würde man wertvolle Empfangsenergie verschenken. Entscheidend ist in Folge, dass beide Antennen exakt gleich ausgerichtet sind. Ausleger für horizontale Montage besitzen meist eine U-Form. Bei ihnen läuft man Gefahr, dass die beiden Antennen nicht parallel zueinander montiert werden. Ihre Parallelität ist jedenfalls mit einem Maßband zu kontrollieren, wobei der Abstand beider Antennen zueinander jeweils am vorderen und hinteren Ende zu ermitteln ist. Sind beide Antennen zueinander optimal ausgerichtet, sind alle Schrauben auf festen Halt zu überprüfen. Insbesondere jene der Mastschellen.