Der Ausleuchtzone auf der Spur: So tickt Amos 7
Der Middle East-Beam auf 4 Grad West ist wegen der hier frei empfangbaren israelischen TV-Programme ein heiß begehrtes Ziel. Sein Empfang gestaltet sich aber als nicht gerade leicht.
Die meisten frei empfangbaren israelischen TV-Programme kommen über den Middle-East-Beam des Amos 7. Genau genommen handelt es sich bei Amos 7 um gar keinen echten israelischen Amos-Satelliten. Eigentlich sollte 2016 Amos 6 den ins Alter gekommenen Amos 2 auf 4 Grad West ersetzen. Dieser ging jedoch verloren, als die Trägerrakete, eine Falcon 9, am 1. September während Startvorbereitungen explodierte.
Als Übergangslösung leaste der israelische Satellitenbetreiber Spacecom den 2014 gestarteten AsiaSat 8 für ursprünglich vier Jahre. Währenddessen sollte in Rekordzeit der Ersatzsatellit Amos 8 gebaut und ins All gebracht werden. Im Herbst 2018 wurden die Verträge für den neuen Satelliten und dessen Start stor
niert. Deutet man die Angaben auf der Spacecom-Homepage richtig, soll der nun als Amos 7 bezeichnete AsiaSat 8 auf 4 Grad West bis 2030 seinen Dienst versehen.
Für uns soll das kein Nachteil sein. Denn der Middle-East-Beam des Amos 7 gibt uns zumindest eine gar nicht so schwache Chance, diesen Footprint auch bei uns zu empfangen. Und zwar langfristig.
Ausleuchtzone
Der Middle-East Beam des Amos 7 konzentriert sich auf die Arabische Halbinsel, angrenzende Regionen in Ostafrika mit Ägypten und den Sudan sowie über Vorderasien hinaus bis nach Afghanistan und Pakistan. In seinem Zentrum bietet er eine Signalstärke von bis zu 54dB/W. Was den Empfang bereits mit etwa 40
Zentimeter Durchmesser erlaubt. In Richtung Europa scheint die Signalstärke eher stark abzufallen. Auf Zypern, der Grenze des veröffentlichten Footprints, stehen nur noch 48dB/W zur Verfügung, die bereits 75 Zentimeter große Schüsseln erfordern. Würde die Ausleuchtzone auf dem Weg zu uns derart rasant an Power verlieren, wäre Empfang im deutschen Sprachraum absolut undenkbar. In der Praxis wird er aber etwa am Ammersee südwestlich von München mit 1,8 Meter Durchmesser gesehen. Wobei eine Signalstärke von etwa 6 dB erreicht wird.
Empfang
Amos 3 und Amos 7 befinden sich relativ weit voneinander entfernt. Ihr Abstand zueinander beträgt etwa 0,25 Grad. Bei großen Antennen mit sehr kleinem Öff
nungswinkel merkt man das bereits sehr stark. Wenn es um den Empfang des Israel-Beams geht, erfordert die Antenne für jeden der beiden Satelliten eine eigene Ausrichtung.
An unserem oberösterreichischen Standort ist der Empfang des Middle-East-Beam des Amos 7 mit 4,5 Meter Durchmesser keine allzu große Herausforderung. Die erreichbare Signalstärke variiert aber stark je nach Transponder. Die schwächsten kommen mit knapp über 5dB, der stärkste mit rund 11,5 dB über Grundrauschen an. Wobei es sich jeweils um Mindestsignalstärken handelt.
Die 24-Stunden-Beobachtung mehrerer Transponder zeigt uns recht konstante Signalstärken, die während des Tages nur eine Schwankungsbandbreite von etwa 1,5 dB aufweisen. So kennt man es von Satelliten, die ihre Position im geostationären Orbit recht stabil einhalten und die über den primären Footprint, nicht über eine Nebenkeule, empfangen werden. Weiter stehen die momentan erreichbaren Signalstärken im direkten Zusammenhang mit der augenblicklichen Satellitenposition. Geostationäre Satelliten verharren schließlich nicht wie angenagelt im Orbit, sondern beschreiben elliptische Bewegungen, die sich alle 23
Stunden und 57 Minuten wiederholt. Wobei es zu berücksichtigen gilt, dass alle geostationären Satelliten zusätzlich auch nach Osten abdriften. Betrachtet man die von einem Satelliten während mehrerer Tage zurückgelegte Strecke, würde sie einer Spirale gleichen. Nach rund zwei bis drei Wochen erhält jeder Satellit einen kleinen Steuerimpuls, der ihn wieder ein Stück nach Westen fliegen lässt.
Diese Bewegungen geschehen auf geringstem Raum und werden von uns, zumindest beim Empfang ortsüblicher Satelliten, nicht wahrgenommen. Am Rande einer Versorgungszone machen sich diese täglichen Bewegungen aber sehr wohl bemerkbar. Durch die laufende Bewegung eines Satelliten wandert auch seine Ausleuchtzone mit. Je nachdem, wie stark ein Satellit pendelt, wandert der Footprint im Rahmen von etwa 50 bis nahe 100 Kilometer auf der Erdoberfläche hin und her. Was an seinem äußeren Rand für beträchtliche Signalstärkeschwankungen sorgen kann.
Empfangsvergleiche
Unsere Vermutung, die Hauptkeule zu empfangen, wurde zunächst anhand der Beobachtungen anderer DXer, etwa im südbayerischen Raum und Slowenien, unterstrichen. Dabei zeigte sich auch, dass das Signal mit zunehmender Entfernung zum (veröffentlichten) Footprint immer schwächer wird.
Unsere These geriet aber ins Wanken, als uns ein befreundeter DXer aus der Nähe von Krems in Niederösterreich eine 24-Stunden-Aufzeichnung der 11,061 GHz horizontal des Amos 7 zukommen ließ. Obwohl dessen 1,8-MeterSchüssel nur rund 92 Kilometer nordöstlich von unserer 450er entfernt steht, zeigt sein Kurvenverlauf ein vollkommen anderes Bild. So schwankt sein Signal über den Tag mit 2,3 dB nicht nur um einiges stärker als bei uns. Zudem empfängt er die Israelis dann am besten, wann sie bei uns am schwächsten ankommen. Der Zeitunterschied zwischen unseren Signalmaxima beträgt rund 13 Stunden. Ein wieder vollkommen anderes Bild zeigt sich in der Region Starnberger See. Hier schwankt die Signalstärke bei 1,8 Meter Durchmesser nicht nur zwischen rund 2,7 und 7,7 dB, die gegen 22.20 Uhr erreicht werden. Der ziemlich chaotische Verlauf lässt zudem darauf schließen, dass hier bereits eine der Nebenkeulen empfangen wird, die aufgrund der täglichen Bewegungen des Satelliten jedoch nur zeitweise für gute Signalstärken sorgen.
So ziemlich das Ende des Middle EastBeams des Amos 7 dürfte rund um Baden-Baden erreicht sein. Empfang ist in der Region mit 2,2 Meter Durchmesser nur noch stundenweise etwa zwischen 12 und 17 Uhr möglich. Wobei die Signalstärke kaum über 2,2 dB hinauskommt. Ab der deutschen Mitte gen Norden hin schaut es mit Empfängen des Middle East-Beams des Amos 7 äußerst schlecht aus. Bei ihm ist man etwa im Großraum Dresden oder gar nördlich von Berlin chancenlos. Auch in der Schweiz scheint man bereits zu weit vom Footprint und/oder dessen Nebenkeulen zu sein. Auch hier bleibt der Bildschirm dunkel. Im Gegensatz dazu berichten DXer aus Südosteuropa, wenig verwunderlich, über Empfänge schon mit rund 1,2 Meter Durchmesser. So etwa in Rumänien, wo sich die Signalstärken mit rund 3 bis 5 dB aber ebenfalls schon in Grenzen halten.
Überraschung
Zunächst hatten wir an unserem Standort bei Linz drei 24-Stunden-Signalstärkemessungen auf dem Middle East-Beam des Amos 7 vorgenommen. Wobei sowohl die 11,054GHz und 11,114GHz horizontal, beide ausgewählt wegen der auf ihnen aufgeschalteten attraktiven
Programme, abgesehen von den Signalstärken, jeweils denselben Kurvenverlauf zeigten. Dieser begegnete uns auch auf der vertikalen Ebene, bei dem der DVB-S2-Transponder auf 10,973 GHz vertikal untersucht wurde. Abschließend wurde auch die 11,061 GHz horizontal für 24 Stunden beobachtet. Eigentlich hätten wir uns denselben Kurvenverlauf wie bei den anderen beobachteten Middle East-Frequenzen erwartet. Umso erstaunter waren wir, dass dieser Signalstärkeverlauf erheblich von unseren anderen Signalstärkekurven abwich. Was uns ein Rätsel ist.
Was empfangen wir?
Um eine klare Aussage treffen zu können, ob wir in und um Deutschland noch die letzten Ausläufer des Middle East-Beams oder bereits Nebenkeulen empfangen, lässt sich mit unseren vier Messpunkten nicht sagen. Es deutet aber vieles darauf hin, dass wir es alleine bei unseren Beobachtungen mit bis zu zwei Nebenkeulen zu tun haben könnten. Diese Vermutung drängt sich zumindest auf, wenn wir die 24-Stunden-Signalverläufe unserer Messstellen am Starnberger See, Linz und Krems unter Einbeziehung der täglichen Satellitenbewegung betrachten. Die aufgezeichneten Werte lassen den Schluss zu, dass sich das Signalmaximum binnen sieben Stunden allmählich von Krems bis zum Starnberger See verschiebt. Im Vergleich dazu passen die Beobachtungen aus Baden-Baden nicht in dieses Schema. Was auf eine zweite Nebenkeule schließen lässt.
Zumindest für unsere beiden österreichischen Beobachtungsorte und jenem am Starnberger See lässt sich der Signalstärkeverlauf, vermutlich einer Nebenkeule, mit der Bewegung des Satelliten in Einklang bringen. Allerdings nur, wenn wir ausschließlich die 11,061 GHz horizontal des Middle East-Beams betrachten. Damit wirft sich die Frage auf, warum weicht der Kurvenverlauf der anderen von uns beobachteten Frequenzen so stark ab? Besitzt Amos 7 am Ende mehr als einen Middle East-Footprint, von dem wir nichts wissen? Dies wäre die einzige plausible Erklärung für diesen Effekt. Da die anderen von uns beobachteten Frequenzen mit kleineren Schüsseln nicht mehr zu bekommen sind, fehlen uns dazu leider Vergleichswerte. Unsere Empfangsstelle bei Baden-Baden scheint die sehr schwachen Signale einer weiteren Nebenkeule zu empfangen. Zumindest lässt sich ihr Signalmaximum
nicht in Einklang mit den Beobachtungen an den anderen Standorten bringen.
Programme
Das israelische Fernsehen erfuhr 2017 eine Neuordnung. In diesem Jahr wurde nicht nur die alte staatliche Rundfunkgesellschaft gegen eine neue ersetzt. Gleichzeitig wurde der führende Privatsender des Landes, Channel 2, in zwei Programme aufgeteilt.
Die staatlichen israelischen Programme werden über die bei uns nur sehr schwer empfangbare Frequenzen 11,114 GHz (Polarisation horizontal, Symbolrate 8 518 MSym/s, FEC 3/4, Modulation DVB-S/QPSK) ausgestrahlt. Kann 11 ist das hebräischsprachige Hauptprogramm, das als Vollprogramm seine Schwerpunkte auf Information und Kultur legt. Weiter ist hier Makan 33 zu sehen, das sich an die arabischsprachige Bevölkerung wendet und ebenfalls Vollprogramm-Charakter hat. Auf der Frequenz werden auch die staatlichen israelischen Hörfunkprogramme ausgestrahlt.
Die beiden wichtigsten israelischen Privatsender Keshet 12 und Reshet 13 sind auf 11,054GHz (Polarisation horizontal, Symbolrate 8 519 MSym/s, FEC 2/3, Modulation DVB-S/QPSK) vertreten. Sie belegen damit die bei uns zweitstärkste Frequenz und sind mit etwas Glück auch in unseren Breiten ab etwa 2 Meter Durchmesser zu bekommen.
Auf dem bei uns am leichtesten empfangbaren Transponder auf 11,063 GHz (Polarisation horizontal, Symbolrate 4 499 MSym/s, FEC 1/2, Modulation DVB-S/QPSK) finden sich mit METV (Zypern) und ISN (USA) zwei Sender, die zwischen Propaganda und Religion angesiedelt sind und mitunter auch radikalere Ansichten vertreten. Das Leben in Israel spiegeln sie jedenfalls nicht wieder. Äußerst schwach kommt in unseren Breiten auch die 11,542GHz an. Auf ihr senden nur drei religiöse Stationen.
Auf 11,527GHz (Polarisation vertikal, Symbolrate 13 749 MSym/s, FEC 5/6, Modulation DVB-S/QPSK) findet sich schließlich noch ein Transponder mit israelischem Schulfernsehen. Auch er kommt nicht sonderlich stark an.