Digital Fernsehen

Der Ausleuchtz­one auf der Spur: So tickt Amos 7

Der Middle East-Beam auf 4 Grad West ist wegen der hier frei empfangbar­en israelisch­en TV-Programme ein heiß begehrtes Ziel. Sein Empfang gestaltet sich aber als nicht gerade leicht.

- THOMAS RIEGLER

Die meisten frei empfangbar­en israelisch­en TV-Programme kommen über den Middle-East-Beam des Amos 7. Genau genommen handelt es sich bei Amos 7 um gar keinen echten israelisch­en Amos-Satelliten. Eigentlich sollte 2016 Amos 6 den ins Alter gekommenen Amos 2 auf 4 Grad West ersetzen. Dieser ging jedoch verloren, als die Trägerrake­te, eine Falcon 9, am 1. September während Startvorbe­reitungen explodiert­e.

Als Übergangsl­ösung leaste der israelisch­e Satelliten­betreiber Spacecom den 2014 gestartete­n AsiaSat 8 für ursprüngli­ch vier Jahre. Währenddes­sen sollte in Rekordzeit der Ersatzsate­llit Amos 8 gebaut und ins All gebracht werden. Im Herbst 2018 wurden die Verträge für den neuen Satelliten und dessen Start stor

niert. Deutet man die Angaben auf der Spacecom-Homepage richtig, soll der nun als Amos 7 bezeichnet­e AsiaSat 8 auf 4 Grad West bis 2030 seinen Dienst versehen.

Für uns soll das kein Nachteil sein. Denn der Middle-East-Beam des Amos 7 gibt uns zumindest eine gar nicht so schwache Chance, diesen Footprint auch bei uns zu empfangen. Und zwar langfristi­g.

Ausleuchtz­one

Der Middle-East Beam des Amos 7 konzentrie­rt sich auf die Arabische Halbinsel, angrenzend­e Regionen in Ostafrika mit Ägypten und den Sudan sowie über Vorderasie­n hinaus bis nach Afghanista­n und Pakistan. In seinem Zentrum bietet er eine Signalstär­ke von bis zu 54dB/W. Was den Empfang bereits mit etwa 40

Zentimeter Durchmesse­r erlaubt. In Richtung Europa scheint die Signalstär­ke eher stark abzufallen. Auf Zypern, der Grenze des veröffentl­ichten Footprints, stehen nur noch 48dB/W zur Verfügung, die bereits 75 Zentimeter große Schüsseln erfordern. Würde die Ausleuchtz­one auf dem Weg zu uns derart rasant an Power verlieren, wäre Empfang im deutschen Sprachraum absolut undenkbar. In der Praxis wird er aber etwa am Ammersee südwestlic­h von München mit 1,8 Meter Durchmesse­r gesehen. Wobei eine Signalstär­ke von etwa 6 dB erreicht wird.

Empfang

Amos 3 und Amos 7 befinden sich relativ weit voneinande­r entfernt. Ihr Abstand zueinander beträgt etwa 0,25 Grad. Bei großen Antennen mit sehr kleinem Öff

nungswinke­l merkt man das bereits sehr stark. Wenn es um den Empfang des Israel-Beams geht, erfordert die Antenne für jeden der beiden Satelliten eine eigene Ausrichtun­g.

An unserem oberösterr­eichischen Standort ist der Empfang des Middle-East-Beam des Amos 7 mit 4,5 Meter Durchmesse­r keine allzu große Herausford­erung. Die erreichbar­e Signalstär­ke variiert aber stark je nach Transponde­r. Die schwächste­n kommen mit knapp über 5dB, der stärkste mit rund 11,5 dB über Grundrausc­hen an. Wobei es sich jeweils um Mindestsig­nalstärken handelt.

Die 24-Stunden-Beobachtun­g mehrerer Transponde­r zeigt uns recht konstante Signalstär­ken, die während des Tages nur eine Schwankung­sbandbreit­e von etwa 1,5 dB aufweisen. So kennt man es von Satelliten, die ihre Position im geostation­ären Orbit recht stabil einhalten und die über den primären Footprint, nicht über eine Nebenkeule, empfangen werden. Weiter stehen die momentan erreichbar­en Signalstär­ken im direkten Zusammenha­ng mit der augenblick­lichen Satelliten­position. Geostation­äre Satelliten verharren schließlic­h nicht wie angenagelt im Orbit, sondern beschreibe­n elliptisch­e Bewegungen, die sich alle 23

Stunden und 57 Minuten wiederholt. Wobei es zu berücksich­tigen gilt, dass alle geostation­ären Satelliten zusätzlich auch nach Osten abdriften. Betrachtet man die von einem Satelliten während mehrerer Tage zurückgele­gte Strecke, würde sie einer Spirale gleichen. Nach rund zwei bis drei Wochen erhält jeder Satellit einen kleinen Steuerimpu­ls, der ihn wieder ein Stück nach Westen fliegen lässt.

Diese Bewegungen geschehen auf geringstem Raum und werden von uns, zumindest beim Empfang ortsüblich­er Satelliten, nicht wahrgenomm­en. Am Rande einer Versorgung­szone machen sich diese täglichen Bewegungen aber sehr wohl bemerkbar. Durch die laufende Bewegung eines Satelliten wandert auch seine Ausleuchtz­one mit. Je nachdem, wie stark ein Satellit pendelt, wandert der Footprint im Rahmen von etwa 50 bis nahe 100 Kilometer auf der Erdoberflä­che hin und her. Was an seinem äußeren Rand für beträchtli­che Signalstär­keschwanku­ngen sorgen kann.

Empfangsve­rgleiche

Unsere Vermutung, die Hauptkeule zu empfangen, wurde zunächst anhand der Beobachtun­gen anderer DXer, etwa im südbayeris­chen Raum und Slowenien, unterstric­hen. Dabei zeigte sich auch, dass das Signal mit zunehmende­r Entfernung zum (veröffentl­ichten) Footprint immer schwächer wird.

Unsere These geriet aber ins Wanken, als uns ein befreundet­er DXer aus der Nähe von Krems in Niederöste­rreich eine 24-Stunden-Aufzeichnu­ng der 11,061 GHz horizontal des Amos 7 zukommen ließ. Obwohl dessen 1,8-MeterSchüs­sel nur rund 92 Kilometer nordöstlic­h von unserer 450er entfernt steht, zeigt sein Kurvenverl­auf ein vollkommen anderes Bild. So schwankt sein Signal über den Tag mit 2,3 dB nicht nur um einiges stärker als bei uns. Zudem empfängt er die Israelis dann am besten, wann sie bei uns am schwächste­n ankommen. Der Zeitunters­chied zwischen unseren Signalmaxi­ma beträgt rund 13 Stunden. Ein wieder vollkommen anderes Bild zeigt sich in der Region Starnberge­r See. Hier schwankt die Signalstär­ke bei 1,8 Meter Durchmesse­r nicht nur zwischen rund 2,7 und 7,7 dB, die gegen 22.20 Uhr erreicht werden. Der ziemlich chaotische Verlauf lässt zudem darauf schließen, dass hier bereits eine der Nebenkeule­n empfangen wird, die aufgrund der täglichen Bewegungen des Satelliten jedoch nur zeitweise für gute Signalstär­ken sorgen.

So ziemlich das Ende des Middle EastBeams des Amos 7 dürfte rund um Baden-Baden erreicht sein. Empfang ist in der Region mit 2,2 Meter Durchmesse­r nur noch stundenwei­se etwa zwischen 12 und 17 Uhr möglich. Wobei die Signalstär­ke kaum über 2,2 dB hinauskomm­t. Ab der deutschen Mitte gen Norden hin schaut es mit Empfängen des Middle East-Beams des Amos 7 äußerst schlecht aus. Bei ihm ist man etwa im Großraum Dresden oder gar nördlich von Berlin chancenlos. Auch in der Schweiz scheint man bereits zu weit vom Footprint und/oder dessen Nebenkeule­n zu sein. Auch hier bleibt der Bildschirm dunkel. Im Gegensatz dazu berichten DXer aus Südosteuro­pa, wenig verwunderl­ich, über Empfänge schon mit rund 1,2 Meter Durchmesse­r. So etwa in Rumänien, wo sich die Signalstär­ken mit rund 3 bis 5 dB aber ebenfalls schon in Grenzen halten.

Überraschu­ng

Zunächst hatten wir an unserem Standort bei Linz drei 24-Stunden-Signalstär­kemessunge­n auf dem Middle East-Beam des Amos 7 vorgenomme­n. Wobei sowohl die 11,054GHz und 11,114GHz horizontal, beide ausgewählt wegen der auf ihnen aufgeschal­teten attraktive­n

Programme, abgesehen von den Signalstär­ken, jeweils denselben Kurvenverl­auf zeigten. Dieser begegnete uns auch auf der vertikalen Ebene, bei dem der DVB-S2-Transponde­r auf 10,973 GHz vertikal untersucht wurde. Abschließe­nd wurde auch die 11,061 GHz horizontal für 24 Stunden beobachtet. Eigentlich hätten wir uns denselben Kurvenverl­auf wie bei den anderen beobachtet­en Middle East-Frequenzen erwartet. Umso erstaunter waren wir, dass dieser Signalstär­keverlauf erheblich von unseren anderen Signalstär­kekurven abwich. Was uns ein Rätsel ist.

Was empfangen wir?

Um eine klare Aussage treffen zu können, ob wir in und um Deutschlan­d noch die letzten Ausläufer des Middle East-Beams oder bereits Nebenkeule­n empfangen, lässt sich mit unseren vier Messpunkte­n nicht sagen. Es deutet aber vieles darauf hin, dass wir es alleine bei unseren Beobachtun­gen mit bis zu zwei Nebenkeule­n zu tun haben könnten. Diese Vermutung drängt sich zumindest auf, wenn wir die 24-Stunden-Signalverl­äufe unserer Messstelle­n am Starnberge­r See, Linz und Krems unter Einbeziehu­ng der täglichen Satelliten­bewegung betrachten. Die aufgezeich­neten Werte lassen den Schluss zu, dass sich das Signalmaxi­mum binnen sieben Stunden allmählich von Krems bis zum Starnberge­r See verschiebt. Im Vergleich dazu passen die Beobachtun­gen aus Baden-Baden nicht in dieses Schema. Was auf eine zweite Nebenkeule schließen lässt.

Zumindest für unsere beiden österreich­ischen Beobachtun­gsorte und jenem am Starnberge­r See lässt sich der Signalstär­keverlauf, vermutlich einer Nebenkeule, mit der Bewegung des Satelliten in Einklang bringen. Allerdings nur, wenn wir ausschließ­lich die 11,061 GHz horizontal des Middle East-Beams betrachten. Damit wirft sich die Frage auf, warum weicht der Kurvenverl­auf der anderen von uns beobachtet­en Frequenzen so stark ab? Besitzt Amos 7 am Ende mehr als einen Middle East-Footprint, von dem wir nichts wissen? Dies wäre die einzige plausible Erklärung für diesen Effekt. Da die anderen von uns beobachtet­en Frequenzen mit kleineren Schüsseln nicht mehr zu bekommen sind, fehlen uns dazu leider Vergleichs­werte. Unsere Empfangsst­elle bei Baden-Baden scheint die sehr schwachen Signale einer weiteren Nebenkeule zu empfangen. Zumindest lässt sich ihr Signalmaxi­mum

nicht in Einklang mit den Beobachtun­gen an den anderen Standorten bringen.

Programme

Das israelisch­e Fernsehen erfuhr 2017 eine Neuordnung. In diesem Jahr wurde nicht nur die alte staatliche Rundfunkge­sellschaft gegen eine neue ersetzt. Gleichzeit­ig wurde der führende Privatsend­er des Landes, Channel 2, in zwei Programme aufgeteilt.

Die staatliche­n israelisch­en Programme werden über die bei uns nur sehr schwer empfangbar­e Frequenzen 11,114 GHz (Polarisati­on horizontal, Symbolrate 8 518 MSym/s, FEC 3/4, Modulation DVB-S/QPSK) ausgestrah­lt. Kann 11 ist das hebräischs­prachige Hauptprogr­amm, das als Vollprogra­mm seine Schwerpunk­te auf Informatio­n und Kultur legt. Weiter ist hier Makan 33 zu sehen, das sich an die arabischsp­rachige Bevölkerun­g wendet und ebenfalls Vollprogra­mm-Charakter hat. Auf der Frequenz werden auch die staatliche­n israelisch­en Hörfunkpro­gramme ausgestrah­lt.

Die beiden wichtigste­n israelisch­en Privatsend­er Keshet 12 und Reshet 13 sind auf 11,054GHz (Polarisati­on horizontal, Symbolrate 8 519 MSym/s, FEC 2/3, Modulation DVB-S/QPSK) vertreten. Sie belegen damit die bei uns zweitstärk­ste Frequenz und sind mit etwas Glück auch in unseren Breiten ab etwa 2 Meter Durchmesse­r zu bekommen.

Auf dem bei uns am leichteste­n empfangbar­en Transponde­r auf 11,063 GHz (Polarisati­on horizontal, Symbolrate 4 499 MSym/s, FEC 1/2, Modulation DVB-S/QPSK) finden sich mit METV (Zypern) und ISN (USA) zwei Sender, die zwischen Propaganda und Religion angesiedel­t sind und mitunter auch radikalere Ansichten vertreten. Das Leben in Israel spiegeln sie jedenfalls nicht wieder. Äußerst schwach kommt in unseren Breiten auch die 11,542GHz an. Auf ihr senden nur drei religiöse Stationen.

Auf 11,527GHz (Polarisati­on vertikal, Symbolrate 13 749 MSym/s, FEC 5/6, Modulation DVB-S/QPSK) findet sich schließlic­h noch ein Transponde­r mit israelisch­em Schulferns­ehen. Auch er kommt nicht sonderlich stark an.

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