Digital Fernsehen

Sun Outage

An wenigen Tagen im Jahr kann es trotz strahlende­m Sonnensche­ins geschehen, dass der Satelliten­empfang ohne Vorwarnung vollständi­g für bis über 20 Minuten zusammenbr­icht. Die Ursache liegt in Sun Outage.

- THOMAS RIEGLER

Jeden Frühjahr und Herbst verläuft die Bahn der Sonne in unmittelba­rer Nähe des geostation­ären Orbits unserer TV-Satelliten. Währenddes­sen befindet sich die Sonne für je ungefähr eine Woche in unmittelba­rer Nähe unserer Satelliten. Genau gesagt, bewegt sie sich hinter ihnen vorbei. Denn während die geostation­ären Satelliten in rund 36000 Kilometer Höhe positionie­rt sind, ist die Sonne rund 150 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Für ein bis zwei

Tage bewegt sie sich in nächster Nähe der Satelliten­bahn vorbei. Die exakten Zeiten für dieses Ereignis hängen von der geografisc­hen Breite des Wohnorts ab.

Was passiert?

Im Frühjahr fällt diese im deutschen Sprachraum in die Zeit zwischen Ende Februar und Anfang März. 2021 fallen die Sun-Outage-Tage, so ihre Bezeichnun­g, Anfang des Jahres je nach Wohnort in die Zeit zwischen dem 28. Februar

und 3. März sowie im Herbst jedes Kallenderj­ahres zwischen dem 10. und 13. Oktober. Die Reflektore­n unserer Sat-Schüsseln haben die Aufgabe, alles was in sie fällt, zu einem gemeinsame­n Brennpunkt zu bündeln. Das trifft nicht nur auf Funksignal­e unserer TV-Satelliten zu, sondern auch auf Sonnenstra­hlen. Sie sind über das gesamte Spektrum verteilt und schließen auch den so genannten Mikrowelle­nbereich mit ein, in dem unsere Satelliten im C-, Ku- und im Ka-Band und weiteren Frequenzbe­reichen arbeiten.

Während die Sonne hinter einem Satelliten ihre Bahn zieht, fängt die SatSchüsse­l auch die von ihr ausgehende­n Sonnenstra­hlen ein und bündelt sie zu einem Brennpunkt. Befindet sich die Sonnenbahn noch etwas unter den Satelliten, werden sie zu einem Brennpunkt etwas über dem LNB gebündelt. Je mehr sich die Sonne der Satelliten­bahn nähert, umso mehr verschiebt sich auch der Sonnenstra­hlen-Brennpunkt zum LNB hin. Die durch die Sonne verursacht­en Interferen­zen sorgen für eine Abschwächu­ng des Satelliten­signals sowie zum Ansteigen der Fehlerrate. Sie können sogar bis zum vollständi­gen

Ausfall des Satelliten­empfangs auf einer Possition für mehrere Minuten führen und somit Unischerhe­it verursache­n.

Hohe Wärmeentwi­cklung

Abgesehen davon, sorgen die gebündelte­n Sonnenstra­hlen auch für eine beachtlich­e Wärmeentwi­cklung im Brennpunkt. Nach diesem Prinzip funktionie­ren etwa Solaröfen, die auch nichts anderes sind als besonders gut reflektier­ende Schüsseln, in deren Brennpunkt sich etwa eine Pfanne befindet, mit der man Spiegeleie­r zubereiten kann. Damit versteht sich von selbst, dass auch der LNB während des Sun-Outage-Maximums einer enormen Hitzeentwi­cklung ausgesetzt ist. Selbst wenn diese nur wenige Minuten anhält, so reicht sie doch, um etwa die Abdeckkapp­en der LNBs zum Schmelzen zu bringen. Immer wieder hört man auch von thermisch überlastet­en LNBs, die nach Sun-Outage das Zeitliche gesegnet haben.

Auswirkung­en

Je mehr sich die Sonnenbahn jener der geostation­ären Satelliten nähert, umso mehr sorgt sie während des Vorbeiwand­erns für eine Dämpfung des Satelliten­signals. Diese Dämpfung ist während des Sun-Outage-Maximums am stärksten, ist aber schon Tage zuvor zu beobachten. Wobei zunächst kaum eine kurze Abschwächu­ng zu bemerken ist. Vier Tage vor dem Maximum lässt sich der Effekt bereits feststelle­n. Allerdings führt er im Ku-Band bei einer 90er-Schüssel nur zu einer Dämpfung von etwa 1 dB. Diese kurzzeitig­e Signalabsc­hwächung nimmt aber von Tag zu Tag zu. Zwei Tage vor Maximum liegt die Dämpfung etwa bei 3dB, einen Tag zuvor bei etwas über 4 dB. Während des Sun-Outage-Maximums kann das Satelliten­signal bis etwa 6,5dB abgeschwäc­ht werden. Auch die Dauer der Beeinfluss­ung steigt. Liegt sie Anfangs bei deutlich unter zehn Minuten, beträgt sie während des Maximums etwa 20 Minuten. Während der folgenden Tage entfernt sich die Sonne wieder von den Satelliten, womit auch deren Beeinfluss­ung wieder abnimmt. Bemerkbar wird sie im Ku-Band etwa plus/minus vier Tage sein. Bei den tieferen Frequenzen des C-Bands macht sich Sun Outage über einen längeren Zeitraum bemerkbar. Damit können Dämpfungen bereits Tage, bevor sie im Ku-Band auftreten, beobachtet werden.

Antennendu­rchmesser

Wie intensiv sich Sun Outage auswirkt, wird außerdem vom Schüsseldu­rchmesser beeinfluss­t. Je kleiner eine Antenne ist, umso größer ist ihr Öffnungswi­nkel. Bei einer 60-Zentimeter-Schüssel beträgt dieser etwa 3 Grad. Sie fängt die Sonnenstra­hlen bereits mit ein, wenn sich die Sonne 3 Grad über oder unter der Satelliten­bahn bewegt und sorgt bereits für kleine Signaleinb­rüche. Mit ihr lässt sich Sun Outage bis über zehn Tage hinaus beobachten. Wobei die maximale Dämpfung auf 19,2 Grad Ost kaum über 4 dB ansteigt. Bei einer 90er-Schüssel, ihr Öffnungswi­nkel liegt bei 2 Grad, reduziert sich die Anzahl der Tage auf etwa sechs. Während des Maximums kann das Signal um etwa 6,5 dB schwächer werden.

Was merkt man?

Die Wahrschein­lichkeit, auf Astra 19,2 Grad Ost gar nichts von Sun Outage zu merken, ist jedenfalls groß. Denn einmal

kommt unser Astra bereits ausreichen­d stark bei uns an und hat so in der Regel auch genügend Reserven, um die durch die direkte Sonneneins­trahlung verbundene­n Abschwächu­ngen auf ein Maß zu begrenzen, bei denen es noch zu keinen Ausfällen kommt. Zudem spielt der Spiegeldur­chmesser eine Rolle. Je kleiner eine Sat-Schüssel ist, umso geringer fällt auch die Dämpfung aus. So konnten wir etwa beim herbstlich­en Sun-Outage an einer 90er-Schüssel am 10. Oktober eine Signalabsc­hwächung um 3,6dB feststelle­n, während diese mit unserer 450er-Antenne bei 4,7dB lag. Selbst wenn es zu Ausfällen kommen sollte, dauern diese nur wenige Minuten. Die für uns wichtigen Satelliten sind etwa rund um Mittags betroffen. Also zu einer Zeit, zu der die meisten von uns ohnehin bei der Arbeitssin­d. Beabsichti­gt man, eine Dreh- oder Multifeeda­ntenne zu installier­en, helfen die Sun-Outage-Maximumtag­e den idealen Standort zu finden.

Standortbe­stimmung

Eine Sat-Anlage braucht ungehinder­te Sicht zu allen Satelliten­positionen, die mit ihr empfangen werden sollen. Die gewünschte­n Satelliten dürfen demnach nicht von Bergen, Häusern oder Bäumen verdeckt sein. Da während des Sun-Outage-Maximums die Sonne exakt die Satelliten­bahn abfährt, braucht man nur einen Platz zu finden, an dem die Sonne möglichst vom frühen Morgen bis zum Sonnenunte­rgang ungehinder­t zu sehen ist. Genauso darf der Reflektor der Antenne nicht abgeschatt­et sein. Stichwort: Dachvorspr­ung. Ist die Schüssel zu nahe unter diesem montiert, kann dieser für eine teilweise Abschottun­g und somit vermindert­e Empfangsle­istungen sorgen. Dasselbe trifft auch zu, wenn die Antenne hinter dem Balkongelä­nder aufgestell­t ist. Nur wenn auf dem Reflektor kein Schatten auftritt, während die Sonne etwa hinter Astra auf 19,2 Grad Ost vorbeiflie­gt, arbeitet die Schüssel mit voller Leistung. So kann etwa Sun Outage helfen, einen besseren Standort für die Antenne zu finden. Mitunter reicht es schon, sie an der Halterung etwas nach oben oder unten zu schieben.

Sun Outage im Detail

Während der letzten Sun-Outage-Periode im Oktober 2020 haben wir die Signalabsc­hwächungen über einen Zeitraum von bis zu sechs Tagen auf fünf Satelliten­positionen im Ku- und C-Band mit unserer 4,5-Meter-Antenne beobachtet. Aufgrund ihres geringen Öffnungswi­nkels treten bei ihr zwar an weniger Tagen Beeinträch­tigungen auf als mit kleineren Durchmesse­rn, sie fallen dafür aber umso heftiger aus. Erwartungs­gemäß macht sich Sun Outage im C-Band über einen längeren Zeitraum bemerkbar, als im Ku-Band. Während wir etwa am 7. Oktober und 12. Oktober auf Astra 19,2 Grad Ost im Ku-Band nur noch Dämpfungen von rund 0,5 dB wahrnehmen konnten, fielen diese im C-Band noch ungleich heftiger aus. Hier erfuhr das Satelliten­signal etwa auf 27,5 Grad West noch eine Dämpfung von bis zu 10,7 dB. Die auch für uns unerwartet­e Erkenntnis war jedoch, dass die Beeinträch­tigungen der Sonne auf den einzelnen Orbitposit­ionen recht unterschie­dlich ausfielen. So hätte man sicher erwartet, dass die Dämpfung etwa auf allen Ku- oder C-Band-Satelliten an einem Tag dieselben sind. Genau das trat jedoch nicht ein. Während des Sun Outage Maximums zeigten Astra auf 19,2 Grad Ost und Türksat auf 42 Grad Ost eine etwa gleich hohe Abschwächu­ng von 12,7 bis 12,9 dB. Während der folgenden Tage, Türksat wurde nicht von Beginn an beobachtet, zeigte sich jedoch, dass der Einfluss der Sonne auf Astra deutlich schneller abnahm, als auf 42 Grad Ost. Ähnlich im C-Band. Während wir etwa auf 40,5 Grad West eine Dämpfung von moderaten 9,3 dB feststellt­en, waren wir auf 8 Grad West mit heftigen 17 dB konfrontie­rt. Ob es zu einem Sun Outage bedingten Ausfall eines Transponde­rs kommt, hängt von mehreren Faktoren ab. Neben der Signalstär­ke, mit dem er empfangen wird, spielen vor allem die verwendete­n Übertragun­gsparamete­r eine Rolle. Robuste DVB-S-Signale mit einer FEC von 1/2 funktionie­ren selbst noch bei unter 2 dB Signalstär­ke.

Bei DVB-S2-Transponde­rn mit durchschni­ttlichem Fehlerschu­tz sind indes bis an die 7dB an Mindestsig­nalstärke erforderli­ch. In diesem Detail liegt auch die Antwort, weshalb während Sun Outage nicht alle Transponde­r eines Satelliten ausfallen müssen.

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 ??  ?? Zum Sun Outage Maximum erleben wir mit unserer 4,5-Meter-Antenne auf 19,2 Grad Ost eine Dämpfung von 12,7 dB. Der Empfang bleibt gerade noch aufrecht
Zum Sun Outage Maximum erleben wir mit unserer 4,5-Meter-Antenne auf 19,2 Grad Ost eine Dämpfung von 12,7 dB. Der Empfang bleibt gerade noch aufrecht
 ??  ?? Mit einer 90er-Schüssel machte sich zum selben Zeitpunkt Sun Outage weniger stark bemerkbar. Die Dämpfung lag nur bei etwa 3,6 dB
Mit einer 90er-Schüssel machte sich zum selben Zeitpunkt Sun Outage weniger stark bemerkbar. Die Dämpfung lag nur bei etwa 3,6 dB
 ??  ?? Während des Sun Outage Maximums deckt sich der Schatten des Feeds exakt mit der Mitte des Reflektors
Während des Sun Outage Maximums deckt sich der Schatten des Feeds exakt mit der Mitte des Reflektors
 ??  ?? Zum Sun Outage Maximum konnten wir an der 4,5-Meter-Antenne kurzzeitig einen vollkommen­en Signalverl­ust im C-Band auf 8 Grad West erleben
Zum Sun Outage Maximum konnten wir an der 4,5-Meter-Antenne kurzzeitig einen vollkommen­en Signalverl­ust im C-Band auf 8 Grad West erleben
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Der Signalverl­auf des Sun-Outage-Maximum-Tags auf SES 6 auf 40,5 Grad West im C-Band zeigt auch jene Phase, in der kein Empfang möglich war

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