Digital Fernsehen

Restart bei HbbTV

- THOMAS RIEGLER

Verschiede­ne HbbTV-Versionen sorgen für Verunsiche­rung

Hybrid broadcast broadband TV ist ein internatio­naler Standard, der die Welt des Internets mit dem linearen Fernsehen verbindet. In den vergangene­n Jahren hat dieser Standard immer mehr an Bedeutung gewonnen und wird teilweise als beliebtest­er Streamingd­ienst im Markt bezeichnet.

HbbTV gibt es inzwischen in mehreren Versionen und wird laufend weiter entwickelt. Besondere Beliebthei­t hat diese hybride Anwendung wegen seines unkomplizi­erten Zugangs zu Mediatheke­n und der Restart-Funktion erlangt. Maßgeblich beteiligt an der Entwicklun­g von HbbTV war das Institut für Rundfunkte­chnik IRT in München sowie der Satelliten­betreiber SES Astra. Ziel war es, das herkömmlic­he Fernsehen um eine hybride Komponente zu erweitern, bei der der Zuschauer individuel­l, losgelöst von Sendezeite­n, selbst darüber entscheide­n konnte, wann er welche Inhalte nutzen möchte.

HbbTV-Versionen

Seit der Einführung der HbbTV-Version 1.0 im Jahre 2010 wurde der Standard laufend weiter entwickelt. 2012 wurde HbbTV 1.5 verabschie­det. Diese neue Version unterstütz­te unter anderem adaptives http-Streaming auf Basis von MPEG-DASH. Weiter brachte es eine Verbesseru­ng der Bildqualit­ät bei geringen Datenraten mit sich. Was für alle von Bedeutung war und ist, deren Breitbanda­nschluss nicht allzu gut ist. Weitere Verbesseru­ngen erfuhr auch der Zugriff auf EPG-Daten. Außerdem erlaubt HbbTV 1.5 den parallelen Einsatz mehrerer DRM-Systeme, was für die Sender von Bedeutung ist, um ihre Inhalte mit ausreichen­dem Signal- und Kopierschu­tz zu versehen. Diese beruhen in der Regel auf Vorgaben der Inhaber von Urheberrec­hten. 2015 wurden die Spezifikat­ionen für HbbTV 2.0 festgelegt. Es unterstütz­t unter anderem Ultra HD und den Komprimier­ungsstanda­rd HEVC. Beides wichtige Kriterien, um ultrahocha­uflösende Inhalte ohne allzu hohen Datenaufwa­nd über den Breitbanda­nschluss ins Wohnzimmer zu bekommen. Weiter lässt die neue Version mehrere Audiospure­n und Mehrkanalt­on zu. Außerdem wurden die Standards HTML 5 und CI Plus integriert. Wichtig, um via HbbTV auch Pay-TV-Streams zu dekodieren. Ein weiteres Highlight dieser neuen Variante ist die Möglichkei­t, mobile Endgeräte, wie das Smartphone, mit dem großen Wohnzimmer-TV zusammenzu­führen. Etwa, indem dieser HbbTVInhal­te an das Smartphone weiterleit­et und dort genutzt werden kann, während das laufende Programm für alle Zuseher auf dem großen Bildschirm erhalten bleibt. HbbTV 2.0.1 erlaubt zudem die offene Kommunikat­ion zwischen HbbTV-Anwendunge­n und auf mobilen Endgeräten installier­ten Apps.

Entwicklun­g geht weiter

Bereits jetzt steht HbbTV 2.0.2 in den Startlöche­rn. Damit sollen im HbbTVStand­ard unter anderem auch die Wiedergabe von Videos mit besonders hohem Kontrastum­fang nach den Verfahren HDR und HLG berücksich­tigt werden. Abgesehen davon arbeitet man bereits an HbbTV 2.0.3. Es soll zwar keine großen Neuerungen, dafür aber Verbesseru­ngen bei den bisherigen Funktional­itäten bringen. Zudem steht der Content-Schutz weiterhin als wichtiges Kriterium bei den neuen Versionen obenan.

Restart

Restart gibt uns die Gelegenhei­t, gerade laufende Sendungen, deren Anfang wir versäumt haben, dennoch von Beginn an zu sehen. Wobei es sich ebenfalls um eine HbbTV-Funktion handelt. Anders als das herkömmlic­he HbbTV wird es aber nicht mit der roten, sondern der blauen Farbtaste der Fernbedien­ung gestartet. Wird zu einer Sendung Restart angeboten, wird dies zusätzlich zur bereits bekannten HbbTV-Signalisie­rung in der rechten unteren Bildschirm­ecke durch eine zusätzlich­e an der linken unteren Ecke angezeigt. So kennen wir es von den Sendern der ARD und des ZDF. ARTE blendet den Restart-Hinweis rechts unten, gemeinsam mit dem Red Button, ein und beim österreich­ischen ORF geht man den umständlic­hen Umweg über das HbbTV-Startmenü, in dem man wissen muss, wo man den Restart-Hinweis findet.

Die Crux mit den HbbTV-Versionen

HbbTV wurde seit seiner Einführung laufend weiterentw­ickelt. Somit wurden im Laufe der Jahre bereits fünf Varianten zertifizie­rt. Mit weiteren ist in der Zukunft zu rechnen. Damit entscheide­t das Alter und die Art des Empfangsge­räts, in welchem Umfang sich HbbTV nutzen lässt. Während moderne Smart-TVs durchweg den aktuellen HbbTV-Standard unterstütz­en, müssen sich Linux-Boxen, bei denen HbbTV etwa beim Betriebssy­stem OpenATV als zusätzlich­e Funktion installier­t werden kann, nur mit der Version 1.0 zufrieden geben. Im Wesentlich­en wird man nicht viel davon merken, mit einer eigentlich veralteten Version zu arbeiten. Bei Restart fällt das aber sehr wohl auf. Sowohl, was die Restart-Funktion der ARD-Sender, die dafür die aktuelle Variante 2.0.1 nutzen, und jene des österrei

chischen ORF, der auf HbbTV 1.5 setzt, betrifft. Bei den Programmen beider Anstalten kommt es erst gar nicht zur Restart-Signalisie­rung. Womit sich dieses praktische Feature auch nicht nutzen lässt. Mehr Glück hat man mit der Restart-Funktion der ZDF-Sender und des deutsch-französisc­hen Kulturkana­ls Arte. Bei beiden ist sie auch auf Linux-Boxen ohne Einschränk­ungen abrufbar.

Dass von Linux-Receivern bislang nur HbbTV 1.0 unterstütz­t wird, ist in der Thematik rund um den Kopierschu­tz geschuldet. Dennoch ist damit zu rechnen, dass sie künftig auch mit neueren HbbTV-Varianten klarkommen. Hier ist allerdings noch etwas Geduld gefragt.

Hybride Technik

Mit HbbTV 2.0.1 nutzen die ARD-Anstalten die modernste Variante von Restart. Wird die blaue Farbtaste der Fernsteuer­ung betätigt, wechselt das Smart-TV vom herkömmlic­hen Empfangswe­g, wie dem Satelliten, auf den Internet-Livestream. Konkret handelt es sich um einen zeitverzög­erten Livestream, der einen Zeitpuffer von bis zu 120 Minuten beinhaltet. Womit Restart allein aus technische­r Sicht bei so gut wie allen Sendungen funktionie­rt. Abgesehen davon bieten die ARD-Anstalten Restart auch bei so gut wie allen Sendungen an. Was ein Maximum an Bedienungs­komfort und Flexibilit­ät garantiert. Die Restart-Funktion der ARD-Programme lässt sich aus lizenzrech­tlichen Gründen leider nur in Deutschlan­d nutzen. Alle Inhalte sind mit Geoblockin­g versehen. Auch solche, die meist etwas später über die ARD-Mediathek sehr wohl auch in Österreich abgerufen werden können. Hier ist schade, dass man sich bei der ARD nicht die Mühe macht, zumindest einzelne Sendungen im deutschspr­achigen Ausland auch per Restart zugänglich zu machen. Als Stichworte seien nur Tagesschau und Tagestheme­n genannt. Leider gibt die ARD bei geogeblock­ten Sendungen keinen Grund an, weshalb sich Sendungen via Restart nicht im Ausland ansehen lassen. Stattdesse­n wird man nach einigen Sekunden Wartezeit mit der Fehlermeld­ung: „Es trat ein technische­r Fehler beim Abspielen des Videos auf, bitte versuchen Sie es später noch einmal. Interner Fehlercode:

E2“konfrontie­rt. Das ZDF geht bei geogeblock­ten Inhalten ungleich ehrlicher vor und blendet eine Tafel mit dem Hinweis: „Aus rechtliche­n Gründen kann dieser Beitrag nur in Deutschlan­d gezeigt werden“ein. Da weiß man wenigstens, woran man ist.

Vorteile von HbbTV 1.0

Restart über den alten HbbTV-Standard 1.0 zu realisiere­n, hat für uns Zuschauer gleich mehrere Vorteile. Zunächst funktionie­rt es damit selbst mit HbbTV-tauglichen Geräten der ersten Generation, die inzwischen bis an die zehn Jahre alt sein können. Abgesehen davon wird dieser Standard auch von Linux-Receivern unterstütz­t. Der zweite Vorteil kommt vor allem im Ausland zum Tragen. Wie etwa während des Urlaubs oder wenn man zum Beispiel in Österreich wohnt. Da Restart via HbbTV 1.0 die gewünschte Sendung direkt aus der Mediathek startet, hat man auch im Ausland große Chancen, Sendungen via Restart von Beginn an zu sehen, ohne den Umweg über die Mediathek beschreite­n zu müssen. Schließlic­h hat man zum Beispiel in Österreich, Zu

gang zu den meisten Inhalten der Mediatheke­n des ZDFs und ARTE. Was sich unmittelba­r auch auf Restart auswirkt.

Nachteil von HbbTV 1.0

Bei dieser alten Restart-Technologi­e wird man nicht auf einen gepufferte­n Livestream, sondern auf einen in der Mediathek hinterlegt­en Film geschaltet. Dies kann man etwa beim ZDF direkt nach Betätigen der blauen Farbtaste beobachten. Bevor die Sendung von Beginn an startet, ist für einige Augenblick­e das Mediatheke­n-Hauptmenü des Senders zu sehen. Während das neue, von der ARD genutzte Restart in der HbbTV-Variante 2.0.1 auch kurzfristi­ge Programmän­derungen vollumfäng­lich berücksich­tigt, ist dazu das alte Restart nicht in der Lage. Wird etwa ein Film aus aktuellem Anlass zugunsten einer Sondersend­ung abgebroche­n, bekommt man davon bei genutztem Restart des ZDF und Arte nichts mit. Hier kann man den Film bis zum Ende sehen. So, wie er zuvor vom Sender abgelegt wurde.

Frage des Hauptaugen­merks

Der ARD war es bei der Einführung von Restart wichtig, maximalen Bedienungs­komfort zu bieten. Dabei hat man bewusst in Kauf genommen, dass diese Funktion nur auf neuen Geräten verfügbar ist, die bereits HbbTV 2.0.1 unterstütz­en. Dem ZDF, das Restart erst seit Kurzem anbietet, war es indes wichtig, diesen Service allen HbbTV-tauglichen Geräten zugänglich zu machen. Womit das ZDFRestart von einem ungleich größeren Zuschauerk­reis genutzt werden kann. Gleiches trifft auch auf den Restart-Pionier Arte zu.

Bedienungs­komfort

Welchen Bedienungs­komfort Restart mit sich bringt, hängt nicht von der von den Sendern verwendete­n HbbTV-Version ab, sondern alleine davon, welche Features sie ihren Zusehern anbieten wollen. So bieten das ZDF und Arte, die auf HbbTV 1.0 setzen, genauso eine Pausenfunk­tion, mit der eine per Restart angesehene Sendung nach Belieben angehalten werden kann. Dasselbe Feature findet man auch bei der ARD, die auf HbbTV 2.0.1 setzt. Der österreich­ische ORF erlaubt bei seiner Restart-Funktion ausschließ­lich, eine Sendung zeitverset­zt ohne Unterbrech­ung sehen zu können. Eine

Pausefunkt­ion wird nicht geboten. Der ORF nutzt für seine Restart-Funktion die HbbTV-Version 1.5.

Stichwort: Geräte

Smart-TV sind seit Jahren so gut wie allgemein üblich. Heute findet man nur noch wenige Geräte, am ehesten im untersten Preissegme­nt bei kleinen Bildschirm­diagonalen, die keine hybriden Anwendunge­n und somit auch kein HbbTV unterstütz­en. Welche Variante ein TV an Bord hat, wird im Wesentlich­en von seinem Alter bestimmt. Gleiches trifft im Prinzip auch auf Sat- und DVB-T2-Boxen zu. Bei Linux-Geräten lässt sich HbbTV in der Regel mit wenigen Handgriffe­n nachinstal­lieren. Allerdings bislang nur in der Version 1.0. Bei DVB-T2-Receivern wird man HbbTV erst ab der soliden Mittelklas­se finden. Auf den Punkt gebracht unterstütz­t bereits HbbTV 1.0 die wichtigste­n Funktionen. Die Unterschie­de zu den neueren HbbTV-Varianten liegen im Detail, die in der täglichen Nutzung kaum auffallen. Der einzige echte Minuspunkt ist die fehlende Restart-Unterstütz­ung bei den ARD-Sendern.

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 ??  ?? Die HbbTV-Funktion Restart wird mit der blauen Farbtaste gestartet. Das ZDF bietet diesen Service seit kurzem auf seinen Kanälen an
Die HbbTV-Funktion Restart wird mit der blauen Farbtaste gestartet. Das ZDF bietet diesen Service seit kurzem auf seinen Kanälen an
 ??  ?? Das ZDF nutzt für Restart die HbbTV 1.0. Sie greift auf ein in der Mediathek abgelegtes Video zurück. Beim Start sieht man deshalb kurz das Mediatheke­n-Hauptmenü
Das ZDF nutzt für Restart die HbbTV 1.0. Sie greift auf ein in der Mediathek abgelegtes Video zurück. Beim Start sieht man deshalb kurz das Mediatheke­n-Hauptmenü
 ??  ?? Bei älteren HbbTV-Geräten und HbbTV-tauglichen Linux-Boxen erscheint keine Restart-Signalisie­rung
Bei älteren HbbTV-Geräten und HbbTV-tauglichen Linux-Boxen erscheint keine Restart-Signalisie­rung
 ??  ?? Die Restart-Signalisie­rung am linken unteren Bildschirm­rand ist bei den ARD-Kanälen nur mit HbbTV-2.0.1-tauglichen Geräten zu sehen
Die Restart-Signalisie­rung am linken unteren Bildschirm­rand ist bei den ARD-Kanälen nur mit HbbTV-2.0.1-tauglichen Geräten zu sehen

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