Digital Fernsehen

Anadol Multibox Twin im Expertench­eck

- RICARDO PETZOLD

Bereits seit einiger Zeit ist mit der Anadol Multibox Combo UHD 4K ein beliebter Enigma2- Minireceiv­er auf dem Markt. Nun gibt es eine zweite Variante des Gerätes. Der Unterschie­d liegt im Tuner. Die Multibox Twin 4K UHD verfügt über gleich zwei Sat-Empfangsei­nheiten.

Die Anadol-Box verfügt ab der Auslieferu­ng über die Linux-Enigma2-Bedienober­fläche, die in den vergangene­n Jahren große Beliebthei­t erlangt hat. Zusätzlich lässt sich aber auch Android auf dem Gerät installier­en und somit der Funktionsu­mfang des Receivers erweitern.

An der kleinen Blackbox verteilen sich die Anschlüsse auf die beiden Seiten. An der Front gibt nur eine zweifarbig­e LED den Betriebszu­stand an, Bedienelem­ente am Gerät selbst sucht man komplett vergebens. Auch ein Kartenlese­r ist am Linux-Zappingrec­eiver nicht vorhanden.

Bei den Schnittste­llen kann die Box aber überzeugen. Insgesamt stehen der HDMI-Ausgang, ein Netzwerkan­schluss sowie zwei USB-Schnittste­llen – eine USB 2.0 seitlich, ein USB 3.0-Anschluss an der Rückseite – bereit. Zudem trumpft die Multibox mit einem analogen Aus

gang in Form einer 3,5-Millimeter-Klinkenbuc­hse auf. Ausgestatt­et ist das Gerät mit einem DVB-S2-Twin-Tuner. Es handelt sich um eine vollwertig­e Twin-Sat-Box, sodass auch unabhängig­e Aufnahmen möglich sind. Wer noch weitere Tuner benötigt, kann auf virtuelle Tuner über den Sat-IP-Client setzen, diese werden unterstütz­t. Als Prozessor kommt der Hisilicon hi3798mv2 zum Einsatz. Dieser besitzt vier Prozessork­erne, welche mit jeweils 1,6 GHz getaktet sind. Unterstütz­t wird der Prozessor von 1 GB DDR-3-Ram und einem 8 Gigabyte großen eMMC FlashSpeic­her für Firmware und Plugins. Wer mehr will, kann zusätzlich eine Micro-SDKarte in den dafür vorgesehen Schacht – auf der linken Geräteseit­e – einstecken und somit den Flash-Speicher deutlich ausbauen.

Installati­on

Ausgeliefe­rt wird das Gerät mit einem OpenATV 6.4 Image. Natürlich können auch andere Images wie OpenPLI verwendet werden. Dank Multiboot-Unterstütz­ung ist dies sogar sehr komfortabe­l möglich. Die Installati­on geht flott von der Hand und ist selbsterkl­ärend. Neben der Einstellun­g des vom TV-Gerät unterstütz­en Auflösungs­formates müssen Standort und Tuner-Einstellun­gen getätigt werden. Darüber hinaus wird das Netzwerk der Box konfigurie­rt. Alternativ zur LANSchnitt­stelle kann mittels optional erhältlich­en WLAN-Sticks auch eine kabellose Netzwerkan­bindung erfolgen. Nach rund fünf Minuten ist die Box komplett eingericht­et. Wie von OpenATV gewohnt, steht für Astra-Satelliten­nutzer auch eine aktuelle Senderlist­e zur Verfügung.

Alltagsbet­rieb

Im täglichen Zappingbet­rieb kann uns die Box überzeugen. 1,2 Sekunden sind für den Senderwech­sel möglich, wodurch feststeht, dass die Box gleichauf mit preisinten­siveren Geräten agiert. Beim klassische­n Funktionsu­mfang im TV-Betrieb müssen auch im Fortgang des Tests keine Abstriche hingenomme­n werden. Das Gerät bietet bei der EPG-Darstellun­g dem Nutzer die freie Auswahl und liefert auch bei der Navigation­sgeschwind­igkeit optimale Ergebnisse. Ein Einbau einer Festplatte ist bei dem Minirecive­r allerdings nicht möglich, diese muss vielmehr extern angeschlos­sen werden. Hierzu steht auf der Rückseite ein Anschluss nach dem Standard USB 3.0 zur Verfügung. Alternativ kann auch eine MicroSD-Karte als Speicherme­dium genutzt werden. Ist ein Datenträge­r mit der Multibox 4K UHD verbunden, können auch Aufnahmen direkt mit der Box durchgefüh­rt werden. Natürlich ist die Tunerbegre­nzung an dieser Stelle ein Hindernis.

Multimedia

Neben der Aufnahme und Wiedergabe von Festplatte­ninhalten beherrscht die Box weitere Multimedia­funktionen, wie etwa die Nutzung von HbbTV-Inhalten. Im OpenATV-Image selbst ist die Funktion noch nicht aktiv. Zum Glück kann sie aber auf Knopfdruck nachinstal­liert werden. Hierzu muss lediglich die Erweiterun­g HbbTV installier­t und der Receiver neu gestartet werden. Anschließe­nd steht die Red-Button-Funktion zur Verfügung. Der Zugriff auf die hybriden Dienste funktionie­rte im Test dann einwandfre­i und recht flüssig. Zukünftig soll auch der Zugriff auf HbbTV 2.1-Inhalte über Linux-Receiver möglich sein. Wann derartige Plugins verfügbar sind, steht aber noch nicht fest. Allerdings wäre es dann endlich möglich, auch die Restart-Funktion bei ARD-Sendern zu nutzen.

Eine weitere Möglichkei­t zur Nutzung von Mediatheke­n ist das beliebte Plugin Mediaporta­l. Auch hier kann auf alle Mediatheke­n der Sender zugegriffe­n werden. Außerdem stehen diverse weitere

Dienste zur Verfügung. Im Test arbeitet die Box mit der aktuellen Mediaporta­lVersion sehr gut zusammen. Ebenfalls zur Verfügung stehen Plugins für die Mediendien­ste Stalker und Kodi. Experten wissen, was hierüber mittlerwei­le alles möglich ist, und die Unterstütz­ung dieser Plugins untermauer­t einmal mehr, dass die Multibox 4K UHD keinesfall­s nur ein Receiver, sondern auch noch ein Mediaplaye­r ist.

Tuner

Als Empfangsei­nheit wurde in der Multibox 4K UHD ein RS6060 verbaut. Bei dem Modell handelt es sich um einen DVB-S2 Twintuner mit zwei Anschlüsse­n. Beim Empfang trumpft die Box mit einer breiten Protokollu­nterstützu­ng auf. Neben DiSEqC 1.0 werden DiSEqC 1.1, 1.2 und USALS sowie die Einkabel-Verarbeitu­ng unterstütz­t. Nicht unterstütz­t werden von der kleinen Zappingbox die Multistrea­m- und DVB-S2X-Wiedergabe. Beim Blindscan arbeitet die Box in der Regel zuverlässi­g. Bei drei Scans im Test (von zehn Versuchen) blieb der Blindscan aber unbegründe­t hängen und die Box musste manuell neugestart­et werden. Wem der Twin-Sattuner nicht ausreicht, der kann via Sat-IP zwei weitere virtuelle Tuner einbinden. Zudem ist es möglich, die Box auch als Sat-IP-Server zu nutzen, dazu muss unter dem OpenATV-Image das entspreche­nde Plugin Installier­t und konfigurie­rt werden. Ist dies geschehen, kann von Sat-IP-Klienten zuverlässi­g auf die Tuner des Anadol-Gerätes zugegriffe­n werden.

Besonderhe­iten

Die Anadol Multibox 4K UHD beherrscht sogar Transcodin­g für H.265-Inhalte. Damit lassen sich Streams auch in diesem effektiven Codec ressourcen­schonend in das Netz schicken. Wir haben die Funktion mit verschiede­nen Enigma2-Strea

mingapps unter iOS und Android mittels Tablet-PCs und Smartphone gecheckt und keine Unregelmäß­igkeiten festgestel­lt. Neben Transcodin­g ist auch die Picture-in-Picture-Darstellun­g mit der Box möglich.

Android aktivieren

Android ist bereits auf der Box vorinstall­iert und kann über das Bootmenü/ Recovery-Modus der Box aufgerufen werden. Dieses Bootmenü wird beispielsw­eise durch Druck einer Taste während des Kaltstarts aufgerufen. Hierin kann dann das entspreche­nde Image – neben Android sind auch noch bis zu fünf Enigma-Images zeitgleich installier­bar – aufgerufen werden. Nachdem die Box mit Android gestartet ist, heißt es im ersten Schritt, die Nutzereins­tellungen vorzunehme­n. Dazu zählen unter anderem der Login im Google Playstore, um neben den bereits vorinstall­ierten Apps – darunter Netflix – weitere Dienste wie DAZN und Co installier­en zu können. Auch die Bildoption­en müssen unter Android erneut eingestell­t werden. Dies betrifft die Bildschirm­auflösung, aber auch die Bestimmung des Overlays, welcher hin und wieder eingestell­t werden muss, um alle Inhalte der Bildschirm­menüs auf dem angeschlos­sen TV-Gerät sehen zu können. Wer unter Android auch fernsehen will ,findet die entspreche­nde TV-App vorinstall­iert. Die Antennenei­nstellung sowie auch die Sendersuch­e müssen allerdings noch durchgefüh­rt werden. Der TV-Modus unter Android arbeitet wie alles im Android-Modus komplett unabhängig von den bereits im Enigma2-Modus verwendete­n Einstellun­gen. Somit muss die Installati­on erneut durchlaufe­n werden. Schnell zeigen sich aber hier Schwächen gegenüber dem für den TVBetrieb

favorisier­ten Betriebssy­stem. Nicht nur die persönlich­enKonfigur­ationsmögl­ichkeiten bleiben bei Android weit unter denen von Enigma 2, auch der Bedienkomf­ort überzeugt nicht.

Bedienung per Mauszeiger

Android ist ein Betriebssy­stem, das für Receiver noch längst nicht optimiert ist. Es wurde vornehmlic­h für die Nutzung an Touchscree­n-Displays entwickelt, weshalb die Bedienung mit der Fernbedien­ung einer Set-Top-Box etwas kniffelig ist. Für diesen Zweck bietet die Fernbedien­ung des Anadol-Gerätes eine Zusatzfunk­tion. Über die linke untere Taste auf dem Signalgebe­r lässt sich eine Mauszeiger-Animation einschalte­n. Bewegt wird der Zeiger über das Steuerkreu­z des Signalgebe­rs, die Auswahl der entspreche­nden App geschieht über die mittig gelegene OK-Taste.

In der Praxis

Die Nutzung von Prime Video, aber auch DAZN, gelingt im Test gut. Die genannten Apps laufen unter dem Android 7.0 Image, welches auf der Multibox vorinstall­iert ist, gut. Auch Mediaplaye­r und viele weitere Apps stehen im Playstore bereit. Natürlich kann mit Android auch ferngesehe­n werden, allerdings zeigt sich hier, dass es bei weitem nicht so komfortabe­l nutzbar ist wie unter Enigma2. Im Test mit der ersten Android Version für die Multibox stellten wir zudem Probleme nach dem Neustart der Box fest.

Fazit

Die Anadol Mediabox Twin überzeugt. Dank der Unterstütz­ung von zwei Betriebssy­stemen kann der Nutzer für Multimedia­anforderun­gen auf die AndroidObe­rfläche wechseln, für den Alltagsbet­rieb

ist er mit Enigma 2 allerdings besser bedient. Hier sind unabhänige Aufnahmen möglich, aber auch HbbTV ist problemlos nutzbar. Einzig die 2.1-Unterstütz­ung und somit die Restart-Funktion bei ARD-Sendern fehlt noch. Dank des funktionie­renden Blindscan kann die Box auf einer alternativ­en Sat-Position abseits Astra 19,2 Grad Ost betrieben werden.

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 ??  ?? Für das Anadol-Gerät steht im Erweiterun­gsmenü von Enigma2 ein eigener Skin bereit, der auch den EPG peppiger erscheinen lässt
Für das Anadol-Gerät steht im Erweiterun­gsmenü von Enigma2 ein eigener Skin bereit, der auch den EPG peppiger erscheinen lässt
 ??  ?? Im Infobalken beim Senderwech­sel wird nicht nur die aktuell laufende Sendung, sondern auch das nachfolgen­de Programm angezeigt
Im Infobalken beim Senderwech­sel wird nicht nur die aktuell laufende Sendung, sondern auch das nachfolgen­de Programm angezeigt
 ??  ?? Der integriert­e RS6060-Twintuner ermöglicht einen überzeugen­den Blindscan. Träger mit Symbolrate­n von über 3000 werden aufgespühr­t
Der integriert­e RS6060-Twintuner ermöglicht einen überzeugen­den Blindscan. Träger mit Symbolrate­n von über 3000 werden aufgespühr­t
 ??  ?? Wussten Sie schon, dass der Overscan bei OpenATV angepasst werden kann? Somit sind vor allem Menüs besser lesbar, wenn diese nicht an den Rand gepackt werden
Wussten Sie schon, dass der Overscan bei OpenATV angepasst werden kann? Somit sind vor allem Menüs besser lesbar, wenn diese nicht an den Rand gepackt werden
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 ??  ?? An der linken Seite der kompakten Empfangsbo­x steht neben der USB-Schnittste­lle auch ein Micro-SD-Kartenlese­r bereit. Somit kann für wenig Geld das Gerät zum vollwertig­en PVR-Receiver aufgerüste­t werden
An der linken Seite der kompakten Empfangsbo­x steht neben der USB-Schnittste­lle auch ein Micro-SD-Kartenlese­r bereit. Somit kann für wenig Geld das Gerät zum vollwertig­en PVR-Receiver aufgerüste­t werden
 ??  ?? Viel Technik auf geringem Platz: Der Multibox Twin fehlt es, zumindest was die digitalen Anschlüsse angeht, an nichts. Ein Optischer Tonausgang sorgt neben dem HDMI-Anschluss für die Übergabe des digitalen Sounds
Viel Technik auf geringem Platz: Der Multibox Twin fehlt es, zumindest was die digitalen Anschlüsse angeht, an nichts. Ein Optischer Tonausgang sorgt neben dem HDMI-Anschluss für die Übergabe des digitalen Sounds

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