Neuer Satellit: Das bringt Türksat 5A
Türksat 5A ist der jüngste Kind der türkischen Satellitenflotte. Er wurde am 8. Januar 2021 mit einer Falcon-9 v1.2 des kommerziellen Weltraumunternehmens SpaceX von Cape Canaveral in Florida, USA, gestartet. Nach etwas längerer Positionierung hat der Satellit die Orbitposition 31 Grad Ost erreicht und startet in den Betrieb.
Der rund 3500 Kilogramm schwere Satellit wurde in Zusammenarbeit mit Türksat und Turkish Aerospace Industries (TAI) entwickelt und in Ankara hergestellt. Damit ist er der erste in der Türkei gebaute geostationäre Kommunikationssatellit. Dabei wurden 20 Prozent einheimischer Technologie verbaut. Die verwendete Satellitenplattform stammt von Airbus Defence and Space und trägt die Typenbezeichnung Eurostar E3000EOR. Der Satellit ist für eine Einsatzdauer von 15 Jahren konzipiert. Gerne wird bei Türksat 5A auch die Lebensdauer von 31 Jahren angegeben. Darunter wird allerdings nur verstanden, wie lange der Satellit manövriert werden können soll.
Türksat 5A hat während der ersten Maitage seine vorgesehene Orbitposition auf 31 Grad Ost, konkret ist es die 30,9 Grad Ost, erreicht. Er verfügt über 42 Ku-BandTransponder. Davon sind zwölf im, wie es
auf der Homepage des Satellitenbetreibers zu lesen ist, „New Ku-Band“angesiedelt. Aus diversen Dokumenten geht hervor, dass der Satellit dafür neben dem herkömmlichen Ku-Band auch den Bereich zwischen 14 und 14,5GHz nutzen wird. Dieser kam in der Vergangenheit unter anderem für Satelliten-Uplinks zum Einsatz und spielte somit auf der Direktempfangsseite keine Rolle. Dies könnte sich aber ändern. Denn die Türksat-Homepage vermerkt auch für Türksat 5B, der auf 42 Grad Ost eingesetzt werden soll, ebenfalls dieses „neue Ku-Band“.
Streit mit Arabsat
Der saudiarabische Satellitenbetreiber Arabsat nutzt die Orbitposition 30,5 Grad Ost durchgehend seit 1985 und betreibt im Zielgebiet der von hier abstrahlenden Satelliten eine umfangreiche Infrastruktur für die Übertragung zahlreicher Dienste, neben TV, Radio und Videoüberspielungen
vor allem Daten aller Art. Die aktuell auf 30,5 Grad Ost positionierten Satelliten Arabsat 5A und 6A nutzen das KuBand recht ausgiebig auf den Bereichen 10,7 bis 11,2GHz, 11,4 bis 11,7GHz, 12,0 GHz und 12,5 bis 12,75 GHz.
Die Transponderkapazitäten des eben erst auf 30,9 Grad Ost positionierten Türksat 5A sind in den Bereichen 10,95 bis 11,2 GHz, 11,45 bis 11,7 GHz und 14,0 bis 14,5 GHz angesiedelt. Worin Arabsat eine ernsthafte Gefährdung der von ihr genutzten Frequenzen sieht. Was auch insofern nicht verwundert, da beide Satellitensysteme unmittelbar benachbarte, man möchte fast schon sagen, sich überschneidende, Ausleuchtzonen besitzen. Jedenfalls scheint es während der vergangenen Jahre einen handfesten Streit zwischen den beiden Kontrahenten, wahrscheinlich immer noch zu geben. Wie aus Dokumenten der Internationalen Fernmeldeunion ITU vom März
2021 hervorgeht, war man vor wenigen Monaten jedenfalls noch meilenweit von einer Einigung entfernt. Eine Beeinträchtigung der Arabsat-Services weist man in der Türkei zurück. Diese habe es schließlich in der Vergangenheit auch nicht gegeben. Immerhin ist die 31 Grad Ost eine bereits seit Jahrzehnten von Türksat genutzte Orbitposition. Wobei hierher in der Vergangenheit vor allem altersschwache, weitgehend ausgediente Satelliten verschoben wurden, die, so hatte es zumindest für uns den Eindruck, primär AlibiÜbertragungen vorgenommen haben, nur um diesen Slot zu belegen. Ein Umstand, der auch bei Arabsat nicht unerkannt geblieben ist.
Zumindest Gerüchten zufolge, könnte es im April 2021 zu einer Übereinkunft gekommen sein. Sofern man dieser Glauben schenken darf, würde der derzeit noch von den Arabsats genutzte Bereich von 10,95 bis 11,2 GHz künftig von Türksat 5A genutzt werden. Der Bereich zwischen 11,45 und 11,7 GHz würde demnach von beiden eingesetzt werden. Türksat 5A wäre zudem zwischen 14 und 14,5 GHz aktiv.
Noch viele Fragezeichen
Mehrere Anzeichen sprechen dafür, dass die Diskrepanzen mit Arabsat noch nicht geklärt sein dürften. So hatte es etwa geheißen, dass Türksat 5A in der ersten Maiwoche seinen Testbetrieb aufnehmen werde. Bis Mitte des Monats wurden weder von uns, noch von anderen DXern entsprechende Empfänge vermeldet. Weiter macht stutzig, dass auf der Betreiber-Homepage bislang für Türksat 5A keine detaillierten Footprints veröffentlicht wurden. Bislang gibt es hier nur eine Gesamtübersicht aller Ausleuchtzonen zu sehen. Entweder will man sich nicht in die Karten schauen lassen oder es werden erst nach einer Einigung mit Arabsat modifizierte Ausleuchtzonen veröffentlicht.
Wofür „neues“Ku-Band?
Gründe für eine Erweiterung des KuBand-Frequenzbereichs gibt es für beide Türksat-Orbitpositionen. In unmittelbarer Nachbarschaft von Türksat 5A könnte sie als Zugeständnis an die im Abstand von nur 0,5 Grad befindlichen Arabsats 5A und 6A verstanden werden.
Auf 42 Grad Ost ist das Ku-Band schon heute zur Gänze gefüllt. Womit für diese wichtige Direktempfangsposition auf den üblichen Frequenzen keine Wachstumsmöglichkeiten mehr bestehen. Diese bieten sich nur noch auf neuen Frequenzen an. Es ist davon auszugehen, dass in diesem neuen Ku-Band keine für die breite Öffentlichkeit bestimmten Dienste, vor allem keine für den Direktempfang gedachten Fernsehprogramme, aufgeschaltet werden. Denn wer soll diese empfangen? Immerhin scheinen vergleichsweise günstige LNBs, die aber ausschließlich diesen Bereich empfangen, ab etwa 60 Euro in China erhältlich zu sein. Ansonsten gibt es bislang nur teures Spezialequipment diverser LNB-Edelschmieden. Bei Preisen für ein Flansch-LNB ohne Feedhorn ab etwa 600 Euro wird ein solcher kaum seinen Weg zu vielleicht Millionen Otto-Normalverbraucher-Sat-Schüsseln finden. Somit können wir getrost davon ausgehen, nichts zu versäumen, was für uns zumindest in irgendeiner Form verwertbar wäre.
Warum nicht Ka-Band?
Mit Türksat 4A konnte man bereits KaBand-Erfahrungen sammeln. Vermutlich fielen diese eher entmutigend aus. So wissen wir etwa aus eigener Erfahrung, dass es für guten Ka-Band-Empfang äußerst präzise gearbeitete Sat-Schüsseln braucht. Zudem treten Empfangsbeeinträchtigungen, etwa durch Regen, deut
lich stärker als im Ku-Band auf. Weiter dürften mit dem Ka-Band nicht ohne weiteres so große Ausleuchtzonen, wie man sie im Ku-Band nutzt, realisierbar sein. All diese Schwächen lassen sich mit dem doch um einiges tieferen 14-GHz-Frequenzbereich weitgehend vermeiden.
Erste Empfänge
Ab 10. Mai 2021 wurden erste Empfänge des Türksat 5A gemeldet. Bei ihnen handelte es sich um Tests, bei denen in erster Linie analoge Schwarzbilder übertragen wurden. Verantwortlich für diese ersten Übertragungen zeichnete noch der Hersteller des Satelliten. Erst nachdem diese ersten Tests abgeschlossen waren, wurde Türksat 5A an den Satellitenbetreiber übergeben.
Dass es sich bei der 30,9 Grad Ost um eine wahrlich heikle Orbitposition handelt, lässt sich auch von uns gut nachvollziehen. Dank des geringen Öffnungswinkels unserer 4,5-Meter-Antenne lassen sich nah beieinander positionierte Satelliten besser trennen als mit kleineren Schüsseln. Dennoch ist es uns nicht annähernd möglich, die Transponder des Astra 5B auf 31,5 Grad Ost auf der Türksat-Position 30,9 Grad Ost auch nur annähernd auszublenden. Hier bekommen wir die für Rumänien bestimmten AstraTransponder noch immer mit bis zu 12 dB über Grundrauschen. Im Gegensatz dazu lassen sich bei uns der neue Türksat und die Arabsats auf 30,5 Grad Ost gut trennen. Aber auch nur, weil die arabischen Signale bei uns entsprechend schwach ankommen.
Dort, wo sich die Beams beider Satellitenpositionen überlappen, wie etwa im Nahen Osten oder an der afrikanischen Mittelmeerküste, wird man ähnliche Voraussetzungen vorfinden wie sie wir bei uns mit Astra auf 31,5 Grad Ost beobachten konnten. Ist unsere große Schüssel auf 30,9 Grad Ost ausgerichtet, bekommen wir die Transponder vom auf 31,5 Grad Ost benachbarten Astra 5B noch immer mit bis annähernd 12 dB Signalstärke. Nachdem auch die beiden Arabsats auf 30,5 Grad Ost eifrig Gebrauch vom Ku-Band machen, werden sich diese, zumindest im arabischen Raum, mindestens genauso deutlich bemerkbar machen. Es wird also noch spannend werden, wie sich die Situation entwickelt, wenn auf Türksat 5A alle 42 Ku-Band-Transponder in Betrieb genommen werden.
Die derzeitigen Testsignale sind noch kein Maßstab, wie gut der neue Türksat im Regelbetrieb bei uns empfangen werden kann. Derzeit scheinen wir zu erleben, was der Satellit maximal zu leisten in der Lage ist. Aus Beobachtungen zurückliegender Inbetriebnahmen anderer Satelliten wissen wir jedoch, dass die Sendeleistungen nach der Testphase in der Regel soweit angepasst wurden, dass sie danach schwächer bei uns zu empfangen waren.
Auch im „neuen Ku-Band“wurden bereits erste Empfänge gemeldet. Allerdings (noch) nicht auf dem ursprünglich angegebenen Frequenzbereich, sondern zwischen 13,3 und 13,9GHz. Dabei handelte es sich durchweg nur um im Spektrum sichtbare Träger.