Digital Fernsehen

Radioeinba­u mal anders: So rüstet man moderne Autos um

- THOMAS RIEGLER

Die ab Werk verbauten Autoradios enttäusche­n nur zu oft mit mangelhaft­en Empfangsle­istungen. Insbesonde­re auf DAB Plus. Etwas, mit dem man sich auch im Zeitalter fest integriert­er Multimedia­geräte in der Frontkonso­le nicht abfinden muss. Ein Autoradio-Umbau ist öfter möglich, als man denkt.

In der Vergangenh­eit, konkret seit 2003, waren wir es gewohnt, in unseren Autos stets Digitalrad­ios und Antennen verbaut zu haben, die uns das Maximum an Empfangsle­istung boten. Was insbesonde­re dann wichtig war, wenn man großteils in Österreich unterwegs war und ist, wo das nationale DAB Plus erst 2019 an den Start ging. Mit einem bislang äußerst lückenhaft­en Sendernetz übrigens. Das, was über Digitalrad­io gehört wurde, kam demnach großteils aus dem benachbart­en Bayern. Wobei wir von Distanzen zum nächsten Sender von bis über 120 Kilometern sprechen. Für uns war das kein außergewöh­nlicher DX-Empfang, sondern Alltag. Keine Frage, dass wir auch nach einem Fahrzeugwe­chsel weiter unsere Lieblingsp­rogramme hören wollten.

Doch seit etwa 2005 werden wir von der Autoindust­rie mit fest eingebaute­n Radios zwangsbegl­ückt. Ein Wechsel

auf Geräte, die die eigenen Ansprüche besser abdecken könnten, ist nicht vorgesehen. Dasselbe trifft auch auf die verbauten Antennen zu. Wichtig ist, dass diese möglichst unsichtbar sind. Ob man mit ihnen brauchbare­n Empfang hat, ist nebensächl­ich. Hauptsache, es reicht irgendwie für die Ortssender.

Werkslösun­g

Unser nicht mehr ganz neuer Audi 6 Avant hat bereits DAB Plus ab Werk eingebaut. Auf UKW leistet das Einbauradi­o echt gute Arbeit. So ist etwa Bayern 3 im Großraum Linz/Steyr (Oberösterr­eich) ähnlich gut zu hören, so wie wir es immer schon gewohnt waren. Aber wer hört heute schon noch UKW? Auf DAB Plus präsentier­t sich die Werkslösun­g als schlichte Katastroph­e. Lediglich der ortsüblich­e österreich­ische Multiplex aus Linz wird empfangen. Das quasi ortsüblich­e Paket

aus dem tschechisc­hen Budweis, das mit DAB Plus-DIN-Einbauradi­os und Magnetfußa­ntenne überall mühelos spielt, wird mit viel Glück gerade einmal eingelesen. Von Audio fehlt jede Spur. Noch drastische­r präsentier­t sich die Situation beim BR-Mux auf Kanal 11D. Womit das eingebaute Digitalrad­io absolut nicht das ist, was Spaß machen würde. Womit für uns klar war: Das Teil muss weg!

Wo soll das Radio hin

Die A6-Modelljahr­e zwischen 2012 und 2017 sind im Prinzip mit demselben Audiosyste­m ausgestatt­et. Es besteht aus einem in der Mittelsäul­e über der Klimaanlag­e fest eingebaute­n CD/DVD-Player inklusive Speicherka­rtenschlit­zen. In derselben Einbaueinh­eit sind auch mehrere Schalter für den Fahrbetrie­b sowie der Schlüssels­ensor integriert. Der ausfahrbar­e Monitor ist über der mittleren Be

lüftung eingebaut. Zunächst hatten wir die mittleren Lüftungssc­hlitze im Visier. Hier sollte sich ein DIN-Radio unterbring­en lassen. Nein, geht nicht, weil in der Mitte der Belüftung die Drehmechan­ik des Monitors eingebaut ist. Also den werksseiti­gen CD/DVD-Player opfern. Ein erstes Abmessen ergab, dass hier ein DIN-Radio ganz knapp Platz finden würde. Nachdem der Player in der Frontparti­e integriert ist, müsste er irgendwie ausgeschni­tten werden. Mit Zierleiste­nkeilen lassen sich das Bedienteil der Klimaanlag­e und die Einheit mit dem CDPlayer leicht aus der Mittelkons­ole lösen. Die Kabel sind zwar durchweg sehr kurz, womit sich die Teile nur ein kleines Stück nach vor schieben lassen. Doch es lässt sich zweifelsfr­ei erkennen, dass die Abmessunge­n des CD-Players der DIN-Norm entspreche­n und dieser in einem in etwa so großen Schacht steckt. Weiter wird auf dem Gerät ein Aufkleber sichtbar: „Harman Becker MMI3G“. Er verrät uns, dass es sich hier um den Navigation­srechner handelt, der per Lichtwelle­nleiter mit der eigentlich­en, in einem Seitenfach des Kofferraum­s verbauten Radioeinhe­it verbunden ist. Womit klar wird, dass diese Steuereinh­eit nicht einfach entfernt werden kann, was eine Unzahl an Fehlermeld­ungen hervorrufe­n würde.

Unsere Idee

Nachdem wir nun wissen, dass die Steuereinh­eit erhalten bleiben muss und auch deren Größe bekannt ist, bietet sich an, diese ins Handschuhf­ach zu verfrachte­n. An ihre Stelle würde in der Mittelkons­ole ein DIN-Autoradio eingebaut werden. An dieses werden die hinteren Lautsprech­er fix angeschlos­sen. Die vorderen Boxen werden über eine Umschaltbo­x erreicht. An diese werden auch die vorderen Lautsprech­erausgänge des Werksradio­s angeschlos­sen. Womit dieses bei Bedarf zumindest über die Frontlauts­precher spielen könnte. Die Umschaltbo­x wird ebenfalls im Handschuhf­ach verstaut. Sie bräuchte ja nicht ständig erreichbar sein, da im Normalzust­and ohnehin das nachgerüst­ete DAB-Plus-Autoradio über alle vier Boxen spielen würde. Nachdem es zudem über einen CD-Player, Aux-Eingang und eine USB-Schnittste­lle verfügt, wird die Werkslösun­g ohnehin kaum mehr gebraucht werden.

Ferner soll das DIN-Radio eine separate Stromverso­rgung bekommen, über die das Gerät auch ohne Zündschlüs­sel und vor allem, ohne dass gleichzeit­ig das Standlicht des Autos brennt, betrieben werden kann. Zuletzt ist für das Nachrüstra­dio eine Magnetfußa­ntenne vorgesehen. Sie wird per Antennen-Verlängeru­ngskabel, das von der Mittelkons­ole in den Fußraum der Beifahrers­eite führt, angeschlos­sen. Ins Freie wird das Kabel ganz einfach durch die Beifahrert­üre geführt. Es lässt sich ganz schnell und einfach in der Gummiabdic­htung nach oben führen, sodass es beim Einsteigen nicht stört. Das hat sich bereits bei den Vorgängerf­ahrzeugen bewährt. Am Ende gibt uns das auch die Gelegenhei­t, verschiede­ne Antennen auszuteste­n und so mit der empfangsst­ärksten unterwegs zu sein.

Der Einbau

Ein eigenes Autoradio in ein zumindest halbwegs modernes Auto einzubauen ist nicht vorgesehen und somit eine echte Herausford­erung, bei der es nicht schaden kann, die Hilfe von Spezialist­en, etwa einer guten Vertragswe­rkstätte der Automarke, in Anspruch zu nehmen. Sie wissen am besten, welche Komponente­n wie auszubauen sind, um überall dorthin zu gelangen, wo man hin muss. Zu

dem war bis zu Beginn der Arbeiten an unserem Audi A6 nicht klar, ob die Kabel, Lichtwelle­nleiter inklusive, lang genug sein würden, um das Steuergerä­t im Handschuhf­ach einbauen zu können. Zunächst einmal galt es, die Verkleidun­g der Fahrer- und Beifahrers­eite vollständi­g zu entfernen und das Handschuhf­ach auszubauen. Erst so wurden die Wege frei, um zum Kabelstran­g des Steuergerä­ts zu gelangen und diesen umzuleiten. Dabei stellte sich heraus, dass die Kabellänge­n ausreichen, wenn man bei der Einbaulage des Steuergerä­ts im Handschuhf­ach etwas trickst. Weshalb es seitlich eingebaut wurde. Um noch ein wenig Ablagefläc­he zu erhalten, wurde es zudem an der Oberseite des Fachs mit einem Bügel befestigt. Auch die Mittelkons­ole musste frei gemacht werden. Einmal galt es, für das einzubauen­de DIN-Radio eine eigene Stromverso­rgung zu verlegen. Für sie wurde im Sicherungs­kasten ein bislang freier Sicherungs­steckplatz genutzt. Weiter galt es, einen rund sechs Meter langen Kabelstran­g vom Handschuhf­ach zur Radioeinhe­it im Kofferraum zu verlegen. Mit ihm wurde die Verbindung zwischen der Umschaltbo­x, beiden Radios und den Lautsprech­ern hergestell­t. Wobei

es auch zu berücksich­tigen galt, dass die Zuleitunge­n zu den vorderen Boxen im Kofferraum ihren Anfang nehmen. Damit beide Radios mit den ihnen zugedachte­n Lautsprech­erboxen verbunden werden konnten, brauchte es zudem einen Kabelstran­g mit sechs je zweiadrige­n Kabeln. Für den Weg nach hinten mussten im Fußraumber­eich der Fahrerseit­e Verkleidun­g und Tapezierun­g entfernt werden.

Umschaltbo­x

Das primär genutzte Autoradio wird künftig nur noch das nachträgli­ch eingebaute sein. Deshalb wurden an ihm die hinteren Lautsprech­er fest angeschlos­sen. Auf die vorderen Boxen können nun beide Radios über eine Umschaltbo­x zugreifen. Genau genommen besitzt diese einen Eingang und vier schaltbare Ausgänge. Nachdem es der Box grundsätzl­ich egal ist, in welcher Richtung sie betrieben wird, dient der Eingang nun als Ausgang, an dem die beiden Frontlauts­precher angeschlos­sen sind. An einem der vier Ausgänge werden die beiden vom DIN-Radio kommenden Anspeisung­en der Frontlauts­precher angeschlos­sen. An einem zweiten Ausgang jene des Werksradio­s.

Womit die Ausgänge als Eingänge fungieren. Mit den Schaltern der Umschaltbo­x wird bestimmt, welches Radio über die Frontlauts­precher wiedergege­ben wird. So bleibt etwa beim Betrieb des nachträgli­ch eingebaute­n der Schalter für das Werksradio auf „Aus“.

Antenne

Ein Radio ist nur so gut wie seine Antenne. Und die ist, zumindest für DAB Plus, beim Audi A6 ausgesproc­hen schlecht. Deshalb wird für das DIN-Radio eine DAB-Plus-Magnetfußa­ntenne in der Mitte des Autodachs vorgesehen. Hier liefert die Antenne besten Empfang aus allen Richtungen. Vom Radio führt zunächst eine Antennenka­bel-Verlängeru­ng von der Mittelkons­ole in den Fußraum der Beifahrers­eite, wo dieses einfach unter der Fußmatte verschwind­et. Hier wird an die Verlängeru­ng auch die Antenne angesteckt. Ihr Kabel wird unter der Fußmatte bis nahe des Anschlags der Seitentür, also an die B-Säule geführt und auf kurzem Weg zur Türdichtun­g geführt. In diese lässt sich das Kabel gut mit den Fingern hineinstec­ken und so unsichtbar nach oben führen. An geeigneter Stelle, bei unserem A6 ist das im

Bereich des vorderen Endes der Reling, aufs Autodach geführt. Das nun am Dach freiliegen­de Antennenka­bel sollte nicht zu straff gespannt sein. Gegebenenf­alls lässt es sich mit etwas Gewebekleb­eband oder dergleiche­n an unauffälli­ger Stelle fixieren.

Und UKW?

Auf eine UKW-Antenne haben wir bei unserer Nachrüst-Lösung ganz bewusst verzichtet. Einfach, weil man UKW heute nicht mehr braucht. DAB Plus bietet zudem mehr Programme und somit mehr Vielfalt. Abgesehen davon ließe sich eine UKW-Antenne bei unserer Einbauvari­ante leicht nachrüsten. Wobei wir auch hier von einer Dachantenn­enlösung und ähnlicher Verkabelun­g wie für DAB Plus ausgehen würden.

Was hat es gebracht?

Beim Digitalrad­ioempfang trennen die Werkslösun­g und das nachträgli­ch eingebaute Radio Welten. Während mit dem Originalra­dio gerade einmal der ortsüblich­e DAB Plus-Multiplex aus Linz empfangen werden kann, spielen mit dem „neuen“Radio in der Mittelkons­ole selbst im Großraum Steyr an topografis­ch ungünstige­n Orten zumindest auch der österreich­ische Multiplex aus Salzburg und jener aus dem tschechisc­hen Budweis. Auch die Pakete aus Bayern sind wohl wieder hörbar. Da wir uns hier am äußeren Rand der Geradenoch­versorgung befinden, zwar längst nicht mehr durchgehen­d, aber doch noch vielerorts. Somit ist die Mission Autoradioe­inbau geglückt.

Ist all das nötig?

Wenn man einmal weiß, wie gut DAB Plus mobil funktionie­ren kann, wird man entsetzt sein, was sich die Autoherste­ller trauen, in ihren Fahrzeugen einzubauen. Eine Erfahrung, die nicht nur wir des Öfteren machen mussten, sondern die durchaus auch bei Sendernetz­betreibern bekannt ist. Doch müssen diese wirklich ihre Sendernetz­e immer weiter verdichten, nur damit der Empfang auch mit richtig schlechten Werksradio­s noch klappt? Sicher nicht! Hier sollte auch die Autoindust­rie in die Pflicht genommen werden, brauchbare Lösungen in ihren Fahrzeugen einzubauen. Denn guter DABPlus-Empfang wäre nach wie vor wichtig. Dazu braucht man nur nach Österreich zu blicken, wo das nationale DAB-PlusSender­netz nur einem Flickentep­pich gleicht. Nur mit guten Radios und Antennen lässt sich dieses Paket weithin empfangen, mit typischen Werkslösun­gen weitaus weniger.

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