Sind manche Satelliten wirklich so leer?
Bei manchen in der jüngeren Vergangenheit gestarteten Satelliten wurden hohe Erwartungen geschürt, die nicht annähernd erfüllt wurden. TV-Signale sind darüber nur wenige bis gar keine empfangbar. Doch sind diese Satelliten wirklch so verdächtig leer? Wir haben einmal genauer mit Messequipment hingeschaut.
Wir nehmen vor allem Kommunikationssatelliten wahr, die uns, bevorzugt im Ku-Band, bunte TV-Bilder aus aller Welt ins Wohnzimmer liefern. Doch die Einsatzgebiete von Satelliten sind weitaus vielfältiger. Datenübertragungen, darunter fallen Internetanbindungen und unter anderem die Steuerung von Windparks, Satellitennavigation und Wetterbeobachtungen decken da nur einen kleinen Teil ab. Viele Satelliten stehen im Dienste des Militärs und erfüllen geheime Aufgaben im Dienste einzelner Staaten. Nicht vergessen sollten wir auch nicht auf Spionagesatelliten. Die machen längst nicht mehr nur Fotos von den ungeliebten Nachbarn. So vielfältig wie die Aufgaben von Satelliten sind, so umfangreich sind auch die von ihnen genutzten Frequenzen. Das Spektrum reicht, soweit bekannt, von etwas über 130MHz bis hoch hinauf in den GHz-Bereich. Klar, dass die dafür benötigten LNBs nicht im freien Handel erhältlich sind. Wir wissen ja nicht einmal, was es da so alles an Empfangsequipment im Detail gäbe. Top Secret eben.
Multifunktionelle Satelliten
Spätestens seit den Sowjetzeiten wissen wir, dass in den Orbit beförderte Satelliten mehr als eine Aufgabe erfüllen können. So dienten etwa die ab 1975 gestarteten Raduga-Satelliten nicht nur zur Übertragung von TV-Programmen, sondern erfüllten auch militärische Aufgaben. Wofür sie auch die militärische Bezeichnung „Gran“und später „Globus“erhielten.
Diese Multifunktionalität nicht nur russischer Satelliten ist bis in die Gegenwart erhalten geblieben und weitgehend geheim, wie je zuvor. Das schließt aber auch mit ein, dass manche Satelliten vorgeben etwas zu sein, was sie im Grunde gar nicht sind. Zumindest kommt der Verdacht auf, dass manche vermeintliche Direktempfangssatelliten dies nur zum Schein sind. Womit auf ihren Transpondern, quasi als Alibi, nur Promovideos oder einzelne, belanglose Fernsehprogramme aufgeschaltet sind, die über andere Satelliten leichter empfangbar wären. Dabei gilt zu erwähnen, dass diese Praxis auch immer wieder genutzt wurde, um mit altersschwachen Satelliten Ansprüche auf bestimmte Orbitpositionen aufrecht zu erhalten.
Türksat 5A
Türksat 5A ist wohl der bekannteste dieser Satelliten. Er wurde 2021 gestartet und auf 30,9 Grad Ost positioniert. Wobei auf 30,5 Grad Ost auch zwei Arabsats ihren Dienst versehen. Türksat 5A verfügt zwar über acht Ku-Band-Ausleuchtzonen, darunter auch einen MENA-Beam, der auch von den beiden Arabsats genutzt wird. Am Ende würden fünf der Türksat 5A-Beams mit jenen der Arabsats zumindest teilweise kollidieren. Womit hier ein vermeintlicher Ku-Band-Super-Satellit kaum vollumfänglich in Betrieb gehen kann, da eine Trennung beider Satellitenpositionen nur mit extrem großen Em
pfangsantennen möglich ist. Bei üblichen Durchmessern von 60 bis 90 Zentimeter beträgt der Öffnungswinkel grob 3 bis 2 Grad. Womit beide Satelliten gleichzeitig empfangen werden würden.
Der Satellit scheint weitgehend leer zu sein. Im oberen Ku-Band können wir gar keine Aktivitäten feststellen. Lediglich im unteren Ku-Band sind einige Transponder aktiv. Auf ihnen finden wir einige Datenkanäle und auf 10,992GHz vertikal ein Türksat-Promo. Es ist das einzige bei uns dauerhaft empfangbare Fernsehsignal auf dieser Position. Die über den MENABeam arbeitende 11,515GHz horizontal, über die TRT-Auslandsprogramme übertragen werden, lassen sich zumindest nachweisen.
Türksat 4B
Türksat 4B wurde im Oktober 2015 gestartet. Der auf 50 Grad Ost positionierte Satellit dient laut offizieller Darstellung zur Übertragung von Telekommunikationsdiensten und Fernsehen. Seine Ausleuchtzonen reichen vom Osten Englands bis in den Westen Chinas. Der Satellit soll über 8 Ku- und acht Ka-Band-Transponder sowie weitere C-Band-Transponder verfügen. Es hat jedenfalls den Anschein, als sei Türksat 5A im Ku-Band tatsächlich weitgehend leer. Im oberen Ku-Band finden wir kein einziges Signal auf 30,9 Grad Ost. Im unteren Ku-Band sind auf 10,961 GHz horizontal und 11,197 GHz vertikal Promotrailer aufgeschaltet. Weiter gibt es einige Datenkanäle.
Verdächtig leer
Für das, was die beiden Türksats 4B und 5A alles können sollen, sind sie verdächtig leer. Das lässt die Vermutung aufkommen, dass ihre zivile Nutzung nicht viel mehr als ein Tarnmäntelchen darstellen könnte. Vielleicht sind ihre primären Aufgaben militärischer Natur? So ist etwa bekannt, dass in der Türkei satellitengesteuerte Drohnen gebaut werden, die auch schon zum Einsatz gekommen sein sollen. Was liegt näher, als solche Drohnen über eigene Satelliten zu steuern? Vielleicht dienen die beiden Türksats auch dazu?
Intelsat 33e
Der auf 60 Grad Ost positionierte Intelsat 33e hat uns mit dem russischen Nika TV im Ku-Band nur ein einziges TV-Programm zu bieten. Eigentlich nichts für einen derartig riesigen Satelliten wie Intelsat 33e. Immerhin ist er 6,6 Tonnen schwer und hat nicht weniger als 249 Ku-Band-Transponder an Bord. Diese arbeiten über 63 stark gebündelte Spotbeams, die neben Europa auch Afrika und Asien abdecken. Für diese Kontinente bietet der Satellit vor allem Breitbanddienste an. Er ist also kein klassischer Direktempfangssatellit und nicht annähernd so leer, wie es für uns den Anschein hat. Wobei auch zu berücksichtigen gilt, dass es uns die vielen Spotbeams unmöglich machen, die tatsächliche Auslastung des Satelliten vor Ort auch nur annähernd zu erfassen.
Für uns präsentieren sich das untere und obere Ku-Band gut ausgelastet. Da bei den Datenkanälen nicht bekannt ist, über welche Footprints sie kommen, wissen wir auch nicht, wie viele uns ins Netz gegangen sind. Anhand der eingelesenen Signalstärken von 0,7 bis 19,1dB könnten es sogar über fünf gewesen sein. Die meisten Übertragungen, konkret 15, finden wir auf der vertikalen Ebene des unteren Ku-Bands. Im gesamten Ku-Band ermitteln wir 37 Übertragungen. Von einem leeren Satelliten, der zudem auch im C-Band auf mehreren Transpondern TV für Schwarzafrika überträgt, kann man also in keiner Weise sprechen. Dass der Satellit auch für Überraschungen gut sein kann, beweist uns die 11,676GHz vertikal, wo wir zumindest Fragmente eines
weiteren nicht identifizierten TV-Kanals empfangen konnten. Ein Zeichen dafür, dass die allseits bekannten Sat-Frequenzlisten nicht immer vollständig sind.
Intelsat 37e
Bei dem auf 18 Grad West positionierten Intelsat 37e meinen wir es einmal mehr mit einem mehr als leeren Satelliten zu tun zu haben. Über ihn kommt kein einziges Fernsehprogramm. Bei ihm handelt es sich um einen ähnlich großen Satelliten wie bei seinem Kollegen auf 60 Grad Ost. Auch Intelsat 37e ist ein MultibeamSatellit. Für seine 275 Ku-Band-Transponder stehen 56 Ausleuchtzonen, die auf Europa, Afrika, Südamerika und die nordamerikanische Ostküste ausgerichtet sind. Damit ist es uns einmal mehr nicht möglich, festzustellen, wie viele Transponder im Ku-Band des Intelsat 37e in Betrieb sind. Bei uns zeigt sich vor allem das untere Ku-Band gut belegt. Da hier jedoch nur Telekommunikationsanwendungen, im weiteren Sinne sprechen wir auch hier von Breitbanddiensten, übertragen werden, finden hier unsere Sat-Receiver nichts. Dabei verrät uns das Spektrum auch hier, dass insbesondere das untere Ku-Band gut belegt ist. Wobei auf 25 Frequenzen Datendienste übertragen werden. 13 weitere finden sich im Bereich zwischen 12,5 und 12,75GHz. Auch hier verraten uns die Signalstärken von 2 bis 22,9 dB, dass wir es dabei mit mehreren Spotbeams zu tun haben. Zur Auslastung des Satelliten trägt auch das C-Band bei, wo weitere 90 Transponder zur Verfügung stehen. Über sie werden neben weiteren Datendiensten auch Fernsehprogramme für das südliche Afrika übertragen.
Intelsat 901
Der schon recht alte Intelsat 901 versieht auf 27,5 Grad West seinen Dienst. In der Vergangenheit war diese Position für den Transatlantik-Verkehr unentbehrlich und im C- und Ku-Band auch mit mehreren TV-Programmen bestückt. Davon ist heute kaum mehr etwas übriggeblieben. Und es hat den Anschein, als würde Intelsat aufgrund der generell sinkenden Nachfrage nach Satelliten-Übertragungskapazitäten die 27,5 Grad West allmählich aufgeben. Dafür spricht etwa das bevorstehende Ende der Einsatzdauer für das Jahr 2025. Viel ist auf Intelsat 901 im Ku-Band in der Tat nicht mehr zu finden. So ist etwa auf der horizontalen Ebene kein einziger Transponder in Betrieb und auf der vertikalen finden wir auch gerade einmal vier Übertragungen. Wobei jener mit der DVB-T2-Signalzuführung zu britischen Senderstandorten ein nahes Ende bevorstehen dürfte. Genau genommen sind auf der vertikalen Ebene sogar einige Übertragungen mehr zu finden. Dabei handelt es sich um ausgesprochen schmalbandige Signalzuführungen mehrerer irischer Radiostationen mit Symbolraten von maximal 500 MSym/s. Zwei kommen überhaupt nur mit 83 MSym/s.
Fazit
Wenn wir die Belegung von Satelliten betrachten, haben wir TV-Übertragungen im Fokus. Nur wenn auf einer Position keine Fernsehprogramme zu finden sind, heißt das noch lange nicht, dass sie leer ist. Über viele Satelliten erfolgen auch für nicht für die Allgemeinheit vorgesehene Datenübertragungen aller Art. Einige Satelliten sind im Ku-Band aber tatsächlich verdächtig leer. Einer der möglichen Gründe liegt darin, dass sie nicht unbedingt dafür gedacht sind. So können etwa militärische oder allgemein Spionage-Satelliten ein ziviles Mäntelchen übergezogen bekommen. Potenzielle Kandidaten dafür gibt es mehrere. Etwa die in diesem Artikel erwähnten Türksats, russische Satelliten und weitere.