Einsteiger-kameras unter 520 Euro
So gut ist die Einsteiger-klasse
Der Start in die gehobene Fotografie erinnert mich an mein erstes Auto. Ein grauer Opel Kadett mit 80 PS und Sportlenkrad. Als ich ihn von meinen Eltern geschenkt bekam, war ich Stolz wie Oskar. Rückblickend war es ein Kasten mit vier Rädern, der mich mehr oder weniger zuverlässig von A nach B brachte. Doch für mich bedeutete es vor allem eines: Freiheit. Ähnlich sieht es beim Wechsel von der eingeschränkten Smartphone-fotografie zur Wechselobjektivkamera aus. Durch die Wahl unterschiedlicher Brennweiten und dem deutlich größeren Sensor lässt sich viel freier fotografieren und die Kreativität ausleben. Kurzum: Wer einmal mit einer Spiegelreflex- oder Systemkamera fotografiert hat, wird den Luxus nicht mehr missen wollen. So zumindest unsere Erfahrung in der Redaktion.
Blickt man auf die aktuellen Preise der Wechselobjektivkameras, scheint die Ent- scheidung für den Einstieg einfach. Eine Canon EOS 1300D geht für 289 Euro über die Ladentheke, eine Nikon D3400 für 368 Euro. Zum Vergleich: Vor 15 Jahren kostete die Kompaktkamera Sony Cybershot P8 stolze 440 Euro. Geboten wurden ein 3-MegapixelCCD und ein Dreifach-zoom. Unser damaliges Testurteil: 90 Prozent! Mit heutigen DSLRS und CSCS (Compact System Cameras) kann die Sony freilich nicht mehr mithalten. Die Entwicklung der digitalen Fotografie verlief rasant. Und was heute für kleines Geld angeboten wird, kann sich mitunter sehen
lassen, wie unser Test der Canon EOS 200D, der Nikon D3400, der Olympus OM-D E-M10 II und der Panasonic Lumix DMC-GX80 zeigt.
Vier Modelle im Direktvergleich
Für die Auswahl haben wir die DigitalphotoBestenliste (s. Seite 33) durchforstet und Modelle um 500 Euro in den Vergleich mitaufgenommen. Canon und Nikon sind mit klassischen Spiegelreflexmodellen dabei. Denn fragt man Fotografieinteressierte um die 20 Jahre, welche Kameramarken sie kennen, erhält man als Antwort fast immer Canon. Gefolgt von Nikon. Dies erlebe ich beispielsweise immer wieder, wenn ich an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft das Fach Fotojournalismus unterrichte. Canons gegenwärtige Kommunikationsstrategie scheint somit aufzugehen. Kürzlich wurde das Unternehmen übrigens für seine aktuelle Anzeigenkampagne, ausgerichtet auf junge Menschen, ausgezeichnet. Zudem wurde Anfang Februar die Kooperation mit der Tv-sendung „Germany’s Next Topmodel“mit Heidi Klum bekanntgegeben. Ebenfalls ein klares Signal ans junge Publikum. Auf die Frage, ob denn auch eine spiegellose Kamera infrage käme, ernte ich zumeist fragende Blicke im Seminar. Und das, obwohl gerade die CSCS im Einsteigersegment mit einem hervorragenden Preis-leistungs-verhältnis auftrumpfen, wie die Modelle von Olympus und Panasonic unter Beweis gestellt haben.
Lassen Sie sich bei der Wahl der idealen Einsteigerkamera nicht zwingend vom Preis blenden. Dieser macht zwar den Start im Zweifelsfall sehr einfach, jedoch sollte Ihnen – oder Ihrem Sohn, Ihrer Tochter oder Ihrem Enkel – die Kamera natürlich auch längerfristig Spaß bereiten. Und hier kommt es in erster Linie darauf an, wie gut sie in der Hand liegt. Die Bedienelemente sollten leicht erreichbar sein und das Gehäuse in jeder Situation griffig in den Fingern liegen. Kleine, fummelige Knöpfe oder Rädchen sind auf
Dauer nervig – und könnten dazu führen, dass die Kamera im Schrank ihr Dasein fristet.
Im Test beleuchten wir die Handhabung unter anderem in der Teilnote „Handling“. Allerdings fließen hier auch die Autofokusgeschwindigkeit und das Tempo der Serienbildfunktion mit ein. Lassen Sie sich von dieser Subnote also nicht irritieren. Unser klarer Rat: Nehmen Sie die Kameras in die Hand. Entweder im Handel oder, wenn Sie sie zum Beispiel bei Amazon kaufen, bequem zu Hause. Bei Letzterem können Sie Ihr Rückgaberecht nutzen und das Modell kostenfrei und ohne Risiko zurücksenden, wenn es Ihnen doch nicht zusagt. Achten Sie jedoch darauf, dass der Versender auch tatsächlich Amazon ist und kein Marketplace-händler. Zwar müssen diese ebenfalls das gesetzliche Rückgaberecht beachten, der direkte Retourenweg über den Internetriesen ist aber im Zweifelsfall deutlich einfacher, so unsere Erfahrung.
APS-C oder Micro-four-thirds?
Elementare Entscheidungen treffen Sie bei der Wahl des Kamerasystems und des Sensors. Bei Ersterem legen Sie sich gegebenenfalls für Jahre fest. Denn wenn Sie sich erst einmal für einen Objektivanschluss entschieden und Ihr System mit Objektiven ausgebaut haben, wird der Wechsel zu einem anderen Systemanbieter
mit der Zeit immer unwahrscheinlicher. Auch wenn er sich natürlich jederzeit umsetzen lässt. So wechselten beispielsweise 2017 mehrere deutsche Fotoprofis von Canon oder Nikon zu spiegellosen Vollformatkameras von Sony. Nichtsdestotrotz könnte die erste Kamera auch gleich eine Entscheidung fürs Leben sein. Achten Sie also beim Kauf darauf, wie viele Optiken der Hersteller – und Fremdhersteller wie Tamron, Sigma, Walimex oder Tokina – anbietet.
Objektiv-tipps inklusive
Unsere vier Testkandidaten sind hier bestens aufgestellt. Canon und Nikon liefern von Haus aus zahlreiche Linsen, Fremdanbieter ergänzen das Portfolio umfangreich – mit zum Teil sehr preisattraktiven und dennoch leistungsstarken Alternativen. Olympus und Panasonic verwenden das gleiche Bajonett, so dass Sie hier Linsensysteme beider Hersteller nutzen können. Dementsprechend vielseitig fällt die Auswahl aus. Zudem bieten auch Fremdhersteller mittlerweile Mft-optiken an, wenn auch nicht in der Größenordnung wie für DSLRS. Unser Tipp: Kaufen Sie nur den Body Ihrer Wunschkamera – und
Gerade für Einsteiger sind Systemkameras eine gute Wahl. Das Preis-leistungsverhältnis ist der Dslr-konkurrenz überlegen. Benjamin Lorenz, Stv. Chefredakteur
statten Sie dieses direkt mit einer sinnvolleren Optik aus. Denn die im Kit beiliegenden Objektive mögen zwar flexibel sein, in Sachen Lichtstärke und Bildqualität gibt es jedoch deutlich bessere (und dennoch günstige) Alternativen (siehe auch Infokasten auf 29). Unsere jeweiligen Objektivtipps finden Sie in den Einzelvorstellungen unten links.
Daneben tritt der Aps-c-sensor gegen Micro-four-thirds (MFT) an. APS-C bietet eine größere Fläche, während MFT ohne Spiegel auskommt und eine kleinere Abmessung als APS-C besitzt. Dementsprechend unterschiedlich fällt dadurch der fotografierte Bildausschnitt aus, wie Sie auf Seite 33 unter Punkt 2 sehen. Qualitativ schenken sich die zwei Sensortypen indes nicht viel. Zu Beginn war MFT deutlich rauschanfälliger, durch die stete Optimierung können wir allerdings mittlerweile den Mft-modellen eine sehr gute Bildqualität attestieren, wie unsere Testnoten zeigen.
Auswahlkriterium Autofokus
Worauf Sie achten sollten, ist vor allem der Autofokussensor. Hier trennt sich im niedrigen Preissegment die Spreu vom Weizen. So bieten Canons EOS 200D und Nikons D3400 neun Autofokuspunkte, Panasonics Lumix GX80 wartet mit 49 und Olympus’ OM-D mit 81 auf. Berücksichtigen muss man bei diesem Vergleich die Art der Autofokustechnik: Die zwei DSLRS nut- zen beim Aufnehmen über den optischen Sucher die Phasendetektion, während die CSCS sowohl über den elektronischen Sucher als auch über das Display den Kontrastautofokus verwenden. Dieser arbeitet präziser – und mittlerweile auch meist genauso flink wie die Phasendetektion; dies war früher nicht der Fall. In unserem Test stellen die EOS 200D und die Lumix GX80 übrigens am schnellsten scharf.
Als letztes Auswahlkriterium sollten Sie die Serienbildgeschwindigkeit beachten. Sie ist relevant, wenn Sie vor allem bewegte Motive fotografieren wollen. Lichten Sie indes primär Landschaft und Porträt ab, können Sie den Wert getrost ignorieren.