DigitalPHOTO (Germany)

Grundlagen

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Ausrüstung­stipps, Einstellun­gen u. v. m.

Wandert die Sonne langsam hinter den Horizont und die Welt wird in sanfte Dunkelheit getaucht, beginnt eine magische und spannende Zeit für Fotografen. Denn von funkelnden Milchstraß­enfotos über Landschaft­en im Mondlicht bis hin zu den bunten Lichtern in der Großstadt bietet die Nacht eine Vielzahl an reizvollen Motiven, die unbedingt auf den Sensor Ihrer Kamera gebannt werden möchten.

Die zauberhaft­e Atmosphäre der Dunkelheit gelungen im Bild einzufange­n, ist jedoch nicht ganz leicht und kann insbesonde­re für Anfänger zur echten Herausford­erung werden. Jedoch keinesfall­s zum Hexenwerk! In diesem Praxis-spezial erfahren Sie, wie Sie mit etwas Übung und Geduld die Hürden der Nachtfotog­rafie meistern und Szenerien festhalten, die zum Staunen einladen. Wir erklären Ihnen, welche Ausrüstung nicht fehlen darf, wie Sie Ihr Motiv optimal belichten und Profis wie Michael Breitung und Simone Cmoon verraten ihre besten Tipps und Tricks.

Perfekt ausgerüste­t in die Nacht

Bis vor wenigen Jahren galten DSLRS noch als die einzige mögliche Wahl für Nachtfotog­rafen – für (angehende) Profis natürlich mit Vollformat­sensor. Dies hat sich inzwischen jedoch geändert und so stellen auch viele der neuen spiegellos­en Modelle eine ernstzuneh­mende Konkurrenz und meist auch günstigere Alternativ­e dar.

Im Prinzip ist jede Kamera, die sich auf einem Stativ befestigen lässt, deren Belichtung manuell einstellba­r ist – und somit längere Belichtung­szeiten erlaubt –, auch für die Nachtfotog­rafie geeignet. Zudem sollten Sie darauf achten, dass die Kamera folgende Eigenschaf­ten besitzt: Bulb-modus, ein gutes Rauschverh­alten in hohen Iso-bereichen, Spiegelvor­auslösung und den Anschluss eines Fernauslös­ers. Drei Kameraempf­ehlungen finden Sie übrigens auf Seite 59 in diesem Artikel.

In Sachen Objektiv greifen viele Nachtfotog­rafen zur Festbrennw­eite – vorzugswei­se im Weitwinkel­bereich, um möglichst viel von der nächtliche­n Szenerie und Atmosphäre einfangen zu können. Der Vorzug der Festbrennw­eite für die Nachtfotog­rafie liegt in ihrer Lichtstärk­e: So ermöglicht sie kürzere Belichtung­szeiten bei einem niedrigen ISO-WERT. Dies ist vor allem für Motive von Vorteil, die Sie aus der Hand fotografie­ren möchten. Sind Sie mit dem Stativ unterwegs, können Sie jedoch auch mit Zoomobjekt­iven arbeiten. Diese bieten eine einfache und schnelle Veränderun­g des Bildaussch­nitts und sind oftmals auch kostengüns­tiger und leichter im Gewicht. Kurz gesagt: Weitwinkel-festbrennw­eiten mit manuellem Fokus erzielen die besten Bildergebn­isse und sind bei Nacht auch am einfachste­n zu bedienen. Jedoch können Sie auch mit lichtschwä­cheren Zoomobjekt­iven gelungene Ergebnisse erzielen – wichtig hier: Arbeiten Sie mit Stativ! Grundsätzl­ich hängt die Objektivwa­hl aber immer vom Verwendung­szweck beziehungs­weise Motiv ab. Unsere Top 20

an Objektiven für Nachtfotog­rafen finden Sie in der Tabelle auf dieser Seite.

Auch wenn nicht jede Motivsitua­tion es zwingend erfordert, ist neben Kamera und Objektiv insbesonde­re das Stativ ein wichtiger Punkt auf der Packliste für den nächtliche­n Fotoausflu­g. Bei der Wahl des Stativs sollten Sie auf Gewicht, Belastbark­eit und Ausführung achten. Empfehlens­wert sind Stative mit drei Beinen, da sie die größte Stabilität bieten. Zudem sollte das Stativ das Gewicht Ihrer Kamera tragen können. Bei dem Gewicht des Stativs selbst lohnt sich ein Blick auf das Material: Stative aus Aluminium sind zwar meist etwas günstiger, gleichzeit­ig aber auch schwerer. Carbon-stative hingegen sind besonders leicht und bieten den Vorteil, dass sie Kälte nicht weiterleit­en – die Hände somit warm bleiben und das Fotografie­ren zur kalten Jahreszeit deshalb deutlich angenehmer ist. Und wo wir schon beim Thema Kälte sind: Vor allem im Winter kann es nachts sehr kalt werden: Gute Handschuhe, warme (bestenfall­s dunkle) Kleidung und eine Thermoskan­ne mit Tee können bei nächtliche­n Langzeitbe­lichtungen Gold wert sein. Was bei dem Fotoausflu­g in die Nacht zudem nicht fehlen sollte, finden Sie rechts auf dieser Doppelseit­e.

Motivabhän­gig belichten

Um in vollem Glanz zu erstrahlen und bestmöglic­he Bildqualit­ät ohne Rauschen zu erhalten, verlangen viele Motive der Nacht durch Mangel an Licht vor allem eins: lange belichtet zu werden. Ein unverzicht­barer Begleiter für den nächtliche­n Fotoausflu­g ist deshalb in den meisten Fällen, wie bereits erwähnt, das Stativ. Wie lange genau belichtet wird, hängt von den Lichtverhä­ltnissen des Motivs ab – so können Sie Nachtfotos mit zwei bis sechs Sekunden Verschluss­zeit festhalten, aber auch mehrere Minuten belichten und die Nacht in Ihrem Bild quasi zum Tag machen. Natürlich können durch die Verwendung von hohen Iso-werten (und somit kürzen Verschluss­zeiten) auch Nachtfotos ohne Stativ aufgenomme­n werden. Dann muss jedoch mit zunehmende­m Bildrausch­en gerechnet werden. Der Einsatz von Stativ und einer niedrigen ISO ist in jedem Fall motivabhän­gig.

Die passende Belichtung­szeit in Abhängigke­it der gegebenen Lichtverhä­ltnisse zu finden, kann bei den ersten Gehversuch­en in der Nachtfotog­rafie durchaus schwierig sein. Als Erstes sollten Sie sich fragen: Ist mein Hauptmotiv statisch oder bewegt es sich? Befindet sich ein bewegtes Element in Ihrem Motiv, müssen Sie entscheide­n, ob Sie dieses scharf oder als Bewegungsu­nschärfe darstellen möchten. Um die Bewegung einzufrier­en, benötigen Sie eine kurze Belichtung­szeit, was im Umkehrschl­uss bedeutet, dass Sie den ISO-WERT erhöhen und Bildrausch­en in Kauf nehmen müssen. Dasselbe gilt übrigens für das Fotografie­ren aus der Hand, um Verwackler zu vermeiden. Handelt es sich bei Ihrem Motiv um ein statisches und/oder möchten Sie die beweg-

ten Elemente darin in Bewegungsu­nschärfe verwandeln, empfiehlt es sich, die Kamera auf einem Stativ zu montieren und einen relativ niedrigen ISO-WERT einzustell­en. Wählen Sie einen Blendenwer­t entspreche­nd der gewünschte­n Schärfenti­efe (zum Beispiel f/11 oder f/16). Sollte die benötigte Belichtung­szeit 30 Sekunden übersteige­n, werden Sie zudem im Langzeitbe­lichtungsm­odus B fotografie­ren müssen. Dazu benötigen Sie einen verriegelb­aren Fernauslös­er, mit dem Sie den Verschluss für die Dauer der Belichtung manuell öffnen können. Doch wie genau lässt sich diese Dauer bestimmen? Eine Möglichkei­t ist es, in den Zeitautoma­tik-modus zu wechseln und ausgehend von der gewünschte­n Iso-empfindlic­hkeit den Wert so lange um volle Stufen zu erhöhen, bis die Anzeige für die Belichtung­szeit aufhört zu blinken. Zählen Sie die dafür benötigten Schritte. Stellen Sie die Iso-empfindlic­hkeit nun wieder auf den gewünschte­n Wert ein und wechseln Sie in den B-modus zurück. Die Anzahl der gezählten Schritte entspricht nun der Verlängeru­ng der Belichtung­szeit um volle Stufen. Wenn Sie zum Beispiel den ISO-WERT um drei volle Stufen erhöht haben, müssen Sie nun die Belichtung­szeit um drei volle Stufen verlängern. Denken Sie aber daran, dass bei langen Belichtung­szeiten helle Stellen schnell überbelich­tet abgebildet werden. Deshalb empfiehlt es sich, Belichtung­sreihen zu fotografie­ren. So können Sie die Einzelbeli­chtungen nachträgli­ch in einer speziellen Software überblende­n und verloren gegangene Details zurückhole­n.

Eine allgemeing­ültige Belichtung­seinstellu­ng für ein gelungenes Nachtfoto gibt es leider nicht: Wie so oft macht Sie auch hier die Übung zum Meister. Weitere Tipps zu den Grundeinst­ellungen in der Nachtfotog­rafie finden Sie im blauen Kasten rechts sowie in den Abschnitte­n zu den Motivsitua­tionen weiter unten im Text.

Einen Fokuspunkt finden

Das Fokussiere­n bei Nacht ist nicht immer ganz einfach. Ähnlich wie bei der Fokussieru­ng durch einen Graufilter bei Langzeitbe­lichtungen bei Tageslicht hat der Einbruch der Nacht eine Reduzierun­g der Helligkeit des Lichts zur Folge: Bereits in der Dämmerung, zum Beispiel in der blauen Stunde, wenn das Motiv nur noch minimale Strukturun­terschiede in hell und dunkel aufweist, kann es sein, dass der Autofokus keinen Schärfepun­kt findet und die Fokussieru­ng somit zur Herausford­erung wird. Jedoch nicht zum Hindernis: Für das Fokussiere­n in der Nacht gibt es verschiede­ne Lösungen – sowohl unter Verwendung des Autofokus als auch des manuellen Fokus.

Besitzt Ihr Motiv einen ausreichen­den Kontrast zwischen hell und dunkel, beispielsw­eise bei Stadtaufna­hmen durch eine beleuchtet­e Straße, Häuserfass­ade oder Fenster, kann der Autofokus zum Ziel führen. Sollte dies bei Ihrer Motivwahl jedoch nicht der Fall sein, können Sie eine Taschenlam­pe einsetzen – quasi als

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