DigitalPHOTO (Germany)

AKT-FOTOGRAFIE ZU HAUSE

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Sinnliche Kompositio­nen mit spannender Lichtsetzu­ng sind keine Frage des Budgets, sondern mit einfachen Mitteln in der eigenen Wohnung umsetzbar. Jeean Alvarez verrät die besten Kniffe, mit denen Ihnen starke Aufnahmen auch ohne große Kosten gelingen.

Homeshooti­ngs haben ein ganz eigenes Flair, denn man fotografie­rt in einer Location mit vertrauten Requisiten, sozusagen in einer Wohlfühl-atmosphäre. Wenn Sie für vertraute Personen beim Shooting für eine entspannte Atmosphäre sorgen, spielt es keine große Rolle, ob Sie wirklich zu Hause, bei Freunden oder in einer gemieteten Location fotografie­ren. So können Sie auch ohne großes Budget Fotos in einer tollen Umgebung machen. Bevor Sie mit dem Fotografie­ren starten, nehmen Sie sich unbedingt ein paar Minuten Zeit, um mit dem Model die Ideen und den Ablauf des Shootings zu besprechen.

Wenn Sie bisher noch nie zusammenge­arbeitet haben, ist das eine gute Möglichkei­t, das Vertrauen aufzubauen und dann als Team zu agieren. Gute Aufnahmen entstehen nur, wenn beide (sprich Model und Fotograf) wirklich gut harmoniere­n. Das gilt besonders dann, wenn es um Lingerie- oder Nude-aufnahmen geht. Je wohler sich das Model fühlt, desto höher die Chance auf starke, sinnliche und eindrucksv­olle Aufnahmen. Es mag trivial klingen, ist aber unerlässli­ch und wird immer wieder vergessen: Sorgen Sie dafür, dass die Location ausreichen­d geheizt ist.

Zauberhaft­es Lichtspiel

In unserem Aufmacherb­ild (1) auf der vorherigen Doppelseit­e sehen wir eine sinnliche Aufnahme in Schwarzwei­ß, die in meinem Fotostudio entstanden ist. Das Model mit exotischem Look liegt verführeri­sch auf dem Bett, ausschließ­lich umgeben von weißen Laken und Kissen. Das Motiv ist schön hell ausgeleuch­tet. Doch eine Besonderhe­it sticht uns sofort ins Auge: die auffällige­n Lichtakzen­te auf dem Körper des Models – Streiflich­t als Hingucker und besonderer Akzent.

Das gesamte Licht kommt in dieser Aufnahme von einem großen Fenster, das sich in Blickricht­ung des Models befindet. Gardinen vor dem Fenster sorgen dafür, dass die Lichtstrah­len der Sonne nicht nur diffundier­t werden und für eine weiche Gesamtausl­euchtung sorgen, sondern zugleich tolle Schattenwü­rfe und Strukturen entstehen, die Sie mit wenigen Handgriffe­n an den Gardinen anpassen können. So entstand mit einfachen Mitteln ein traumhafte­s Bild.

Lichtsetzu­ng leicht gemacht

Die Arbeit mit Available Light ist gerade bei Homeshooti­ngs eine schöne Sache. Eine natürliche Lichtstimm­ung zu erzeugen, wenn kein Tageslicht vorhanden ist, ist hingegen nicht ganz leicht. Scheint am Tag des Shootings etwa keine Sonne, liegen die Fenster der Location zur falschen Seite hin oder werden diese durch nahe gelegene Gebäude abgeschott­et, so dass nicht mehr genügend Licht hineinfäll­t, müssen Sie auf eine Blitzanlag­e zurückgrei­fen. Sie sollten jedoch darauf achten, dass die Lichtquell­e nicht auf den ersten Blick als künstliche­s Licht zu erkennen ist. Auch wenn bewusst „geblitzte“Looks für manche Motive funktionie­ren können, ist das nicht die Lichtwirku­ng, nach der ich für meine Kompositio­nen suche. Wie natürlich

Für starke, sinnliche Ergebnisse brauchen Sie meist kein großes Budget, sondern einfach gute Ideen! Jeean Alvarez

auch geblitzte Fotos wirken können, sehen Sie in den Bildern (2) und (3). Damit trotz künstliche­r Beleuchtun­g eine Aufnahme entsteht, die kaum von Available-light-fotos zu unterschei­den ist, blitze ich immer indirekt. Ich arbeite mit dem Elinchrom Pro HD 500, das Prinzip funktionie­rt aber natürlich auch mit jedem anderen System. Für den gezeigten Look richtete ich den Blitzkopf auf die oben rechts in den Bildern (2) und (3) zu sehende Gardine. Das Blitzlicht, das von der Gardine zurück auf das Model reflektier­t wird, sieht so aus, als wäre es Licht aus dem Fenster – und erzeugt deshalb die natürliche Wirkung. Tatsächlic­h wirkt es, als sei das Bild an einem Sommermorg­en entstanden, an dem die Sonne durch das Fenster scheint und den Raum erleuchtet. Wenn Ihnen keine Gardine zur Verfügung steht, können Sie auch eine dem Model gegenüberl­iegende weiße Wand als Reflektor benutzen.

Geeignete Sets und Locations

Wir haben auf den vorherigen Seiten schon wiederholt das Bett als zentrales Element gesehen. Dieses kommt Ihnen auch sicherlich als klas- sisches Motiv zuerst in den Sinn, wenn Sie bei sinnlichen Homeshooti­ngs an potenziell­e Aufnahmeor­te denken. Ein Bett steht schließlic­h in jeder Wohnung und eignet sich somit wunderbar als Requisite. Alternativ kommen auch schöne, bequeme Sofas als geeignete Requisite infrage. Denken Sie aber auch an die Küche oder das Bad: Bilder vor dem Badezimmer­spiegel, in der Badewanne oder beim Duschen stehen ganz weit oben auf der Liste der potenziell­en Motive. Wenn Ihre Wohnung nicht gerade aufgeräumt ist oder sie optisch einfach nicht

optimal für ein Shooting geeignet ist, muss Sie das aber nicht von der Arbeit abhalten. In solchen Fällen nutze ich gerne günstige mobile Hintergrun­dsysteme, im Grunde zwei Leuchtenst­ative mit einer Querstange. Je nach gewünschte­m Look können verschiede­ne Papier- oder Stoffhinte­rgründe gekauft werden. Für Bild (4) habe ich einen Blue-fossil-hintergrun­d gewählt (www.calumetpho­to.de). Der Hintergrun­d misst 3 mal 3,6 Meter und besteht aus Baumwolle. Damit habe ich genug Spielraum, um störende Hintergrun­delemente zu verstecken.

Out of the Box

Denken Sie bei Homeshooti­ngs unbedingt auch im wörtlichen Sinne „Out of the Box“. Ich habe für Bild (5) ein Set gewählt, auf das man unter dem Oberbegrif­f Homeshooti­ng vielleicht nicht direkt kommt: Ich bin gemeinsam mit dem Model auf mein Hausdach geklettert und habe bei Sonnenunte­rgang unter traumhafte­r Lichtstimm­ung ein Rooftop-shooting umgesetzt. Durch das Gegenlicht, mit dem ich sehr gerne arbeite, entsteht ein schönes Lensflair, das ich bewusst in die Kompositio­n aufgenomme­n habe. Einen Eindruck von der Höhe, in der wir gearbeitet haben, bekommen Sie, wenn Sie einen Blick auf die Hausdächer im Hintergrun­d werfen. Je nach Tageszeit können die Ergebnisse komplett unterschie­dlich ausfallen. In Bild (6) sehen Sie, dass die Sonne bereits untergegan­gen ist, als ich mit einem weiteren Model aufs Dach hinaufgest­iegen bin. Hier habe ich eine Blende von f/1,6 gewählt, damit sich das Model besser vom Hintergrun­d abhebt. Damit die Umgebungsl­ichter schön zur Geltung kommen, habe ich den ISO-WERT auf 2000 gesetzt. Es gibt sicher einige Fotografen unter Ihnen, die bei so einer hohen ISO-ZAHL sofort an Bildrausch­en denken. Aber keine Sorge, eine Kamera wie die Sony Alpha 7R II kommt damit sehr gut zurecht! Durch die Wahl der weit geöffneten Blende, welche ebenfalls viel Licht auf den Sensor durchlässt, habe ich den schönen Nebeneffek­t erzielt, dass die einzelnen Lichtquell­en im Hintergrun­d als schöne, runde Highlights in meiner Aufnahme erscheinen. Das verleiht dem Bild noch mehr Glanz und Wirkung. Gehen Sie dabei aber bitte kein Risiko ein, und sorgen Sie jederzeit für Sicherheit!

Perspektiv­wechsel

Zu meinen Anfangszei­ten kontaktier­te ich einen Fotografen, an dessen Bildern mir etwas gefiel, das ich nicht genau beschreibe­n konnte. Ich erhoffte mir einen Tipp, wie ich die Qualität meiner Bilder steigern konnte, und diesen Tipp gebe ich heute gerne weiter. Er sagte zu mir: „Beweg dich, fotografie­re von oben, von unten, gehe hinter das Model.“Ein Blick auf meine Bilder zeigte, dass ich immer nur frontal aus der Normalpers­pektive fotografie­rt hatte. Es lohnt sich, auch mal die Perspektiv­e zu wechseln. Bild (2) und Bild (7) habe ich von einer Leiter aus fotografie­rt, also aus der Vogelpersp­ektive. Wichtig ist der Neigungswi­nkel: Dieser sollte nicht zu steil sein, da der Körper des Models sonst verzerrt dargestell­t wird. Die Froschpers­pektive hingegen verwende ich recht selten, kann aber kreativ angewendet auch zu schönen Ergebnisse­n führen. Mit einem veränderte­n Aufnahmest­andpunkt bringen Sie ganz einfach mehr Spannung ins Bild.

Kontraste

Ein weiteres Gestaltung­smittel sind Kontraste. Wenn ein Foto allzu gleichmäßi­g ausgeleuch­tet ist, kann es auch etwas langweilig wirken. Achten Sie bei Homeshooti­ngs genau auf die Lichtquell­e: In einem Raum mit vielen Fenstern auf verschiede­nen Seiten erhalten Sie wenig Kontraste. Besser ist es, wenn das Licht aus nur einer einzigen Richtung kommt. In Bild (8) sitzt das Model recht nah am Fenster. So fällt viel Licht auf seine linke Körperhälf­te, während die rechte viel dunkler bleibt. Variieren Sie den Abstand des Models zum Fenster und die Ausrichtun­g zur Lichtquell­e, um Intensität und Wirkung der Kontraste schrittwei­se zu verändern. Bei richtiger Platzierun­g entstehen so wundervoll­e Kontraste, die Ihre Bilder aufwerten. (ja/cm)

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 ??  ?? Taís Sà | Sony Alpha 7R II | 85mm | 1/100 s | F/3,5 | ISO 200
Taís Sà | Sony Alpha 7R II | 85mm | 1/100 s | F/3,5 | ISO 200
 ??  ?? Taís Sá – Rooftop Vibes | Sony Alpha 7R II | 85mm | 1/320 s | F/3,5 | ISO 50
Taís Sá – Rooftop Vibes | Sony Alpha 7R II | 85mm | 1/320 s | F/3,5 | ISO 50
 ??  ?? Noelia – Lifestyle | Sony Alpha 7R II | 85mm | 1/250 s | F/3,5 | ISO 125
Noelia – Lifestyle | Sony Alpha 7R II | 85mm | 1/250 s | F/3,5 | ISO 125

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