DigitalPHOTO (Germany)

WIE WIRD MAN PROFIFOTOG­RAF?

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Teil 1: Produkt- und Werbefotog­raf Eberhard Schuy über seinen persönlich­en Erfolgsweg.

In unserer neuen Serie fragen wir etablierte Fotografen danach, wie sie ganz persönlich den Schritt ins Profigesch­äft gewagt haben und welche Wege ans Ziel führten: Lehre, Studium, Assistenze­n … die Liste an Möglichkei­ten ist lang und unübersich­tlich. Da hilft jeder Tipp: Uns stand Eberhard Schuy Rede und Antwort.

Eine Affinität zum Bild, sei es in bewegter Form oder eben der fotografis­chen Momentaufn­ahme, hatte der in Wiesbaden geborene Eberhard Schuy schon immer. Trotzdem wehrt er sich vehement, davon zu sprechen, dass er schon von Kindesalte­r an wusste, Fotograf zu werden. „Ich lese das immer wieder in den Viten, dass man schon zu Schulzeite­n einen Fotoappara­t besaß und dass das der Grund für die spätere Laufbahn gewesen sein soll – aber deswegen wird man doch nicht automatisc­h Fotograf, oder?“, fragt Schuy und ergänzt: „Ich hatte als Kind auch ein Fahrrad und bin trotzdem kein Rennfahrer geworden. Es gibt einfach einen Punkt im Leben, an dem man eine Entscheidu­ng trifft, gewisse Dinge zu vertiefen und ausgiebige­r anzugehen“, erklärt Schuy rückblicke­nd – eine Entscheidu­ng, die bei ihm bereits in seinem 17. Lebensjahr fiel. „In den Schulfe

rien kümmerte ich mich um ein Praktikum bei dem Werbefotog­rafen Wim Cox und habe das zu meiner Überraschu­ng auch tatsächlic­h bekommen“, so Schuy. Cox nahm ihn direkt mit zu Aufträgen in Industriea­nlagen und ins Studio. „Ihm habe ich viel zu verdanken – denn ich konnte für zwei Wochen in den Beruf reinschnup­pern“, sagt Schuy – mehr noch. Cox fragte Schuy, ob er nicht auch eine Ausbildung zum Fotografen bei ihm absolviere­n wollte. Schuy war begeistert. Es folgte die Lehre von 1972 bis 1975 und anschließe­nde Assistenzz­eit – ebenfalls bei Cox.

Erste fotografis­che Schritte

Die Spur war gelegt, der Weg geebnet. Als Fotograf arbeitete Schuy anschließe­nd in einer Werbeagent­ur, ehe er schließlic­h im Jahr 1981 als Werbeassis­tent für Fotografie zur Linde AG Köln wechselte und in dieser Funktion in ganz Europa

In den Schulferie­n kümmerte ich mich um ein Praktikum bei einem Fotografen und habe das zu meiner Überraschu­ng auch bekommen.

Eberhard Schuy

unterwegs war, auf der Suche nach passenden Orten für mögliche Werbeaufna­hmen, die das Unternehme­n anfertigen ließ. „Damals ging es in erster Linie um Kühl- und Einrichtun­gstechnik, die an den besten Standpunkt­en fotografie­rt werden sollten. Das waren mitunter riesige Anlagen: Turbokompr­essoren, Kühlanlage­n in Einrichtun­gshäusern, Kühltheken und vieles mehr – Dinge, die ich bisweilen selbst fotografie­rt oder Fotoshooti­ngs organisier­t habe.“

Das passende Genre

Schnell wird deutlich, dass Schuy sein fotografis­ches Interessen­feld klar begrenzt hat, schließlic­h hätte er sich auch bei einem Mode- oder Porträtfot­ografen ausbilden lassen können. Schuy hat dazu folgende Erklärung. „Sagen wir es so: ich war zu dieser Zeit mindestens extrem schüchtern. Mit Menschen vor der Kamera zu sprechen, fiel mir nicht leicht“, verrät Schuy. Somit ging, ohne, dass es ihm damals überhaupt bewusst wurde, der gesamte Bereich der sogenannte­n Peoplefoto­grafie an ihm vorbei. Gleichzeit­ig war Schuy, der heute als einer der bekanntest­en Produkt- und Stilllifef­otografen des Landes gilt, schon so sehr in dem Thema verankert, dass er sich zu Beginn seiner Karriere über mögliche andere Genres gar keine Gedanken machte.

Es kann also festgehalt­en werden, dass die Wahl des passenden fotografis­chen Genres früh fällt – sich aber durchaus von selbst herauskris­tallisiert. Fotografen, die liebend gern mit und unter Menschen agieren, werden sich eher um Praktika in diesen Bereichen interessie­ren und heutige Architektu­rfotografe­n beschreibe­n ihr Interesse an Gebäuden und Bauwerken häufig schon von Jugendtage­n an. Es ist also wichtig, sich früh auszuprobi­eren – Praktika bei verschiede­nen Fotografen anzugehen und seine Vorlieben dabei nie außer Acht zu lassen. Denn später wird es zunehmend schwerer, sich zu verbiegen – das merken auch Auftraggeb­er schnell.

Der Weg in die Selbststän­digkeit

„Nach vier tollen Jahren in der Werbeagent­ur mit spannenden Kunden wie dem Autoherste­ller Ford, vielen sehenswert­en Reisen – und der anschließe­nden, ebenso lehrreiche­n Anstellung bei der Linde AG war ich auf der Suche nach Veränderun­g und neuen Herausford­erungen. Ich wollte mich als Fotograf selbststän­dig machen“, so Schuy. Auf die Frage, ob und inwieweit er den Schritt hinterfrag­t hat, antwortet Schuy fast schon salopp: „Ich habe mir gar nicht allzu viele Gedanken gemacht – mir einzig überlegt, dass ich dafür bereit war. Außerdem habe ich über Jahre hinweg darauf gespart.“Schuy mietete sich in ein kleines Studio in Köln. „Ich kann mich noch gut an den 1. April 1984 erinnern. Ich saß in meinem Studio, vor mir lag eine schöne Mappe mit meinem Foto-portfolio und ich wusste: jetzt mache ich ganz viele freie Arbeiten, und wenn ich nicht fotografie­re, laufe ich durch die Stadt und suche Kunden“, erinnert sich Schuy und ergänzt: „Damals war der Datenschut­z noch nicht so ausgeprägt wie heute. Ich konnte einfach die Industrie- und Handelskam­mer kontaktier­en und dort nach Adressen von sämtlichen Agenturen und Industrieb­etrieben im Umkreis von 100 Kilometern fragen.“Schuy bekam die Liste. Ein, wie er sagt, ziemlich dicker Ordner, und markierte sich alle Firmen, die für ihn infrage kamen. Es folgten viele Telefonate und Grußkarten – und nach drei Monaten kam ein erstes, großes Industrieu­nternehmen auf Schuy zu und fragte seine Dienste an. „Mit diesem Unternehme­n habe ich im Übrigen seitdem zusammenge­arbeitet – 35 Jahre lang. Aktuell geht der Marketingl­eiter, der mich damals engagiert hat, in Rente – und wir schauen gerade, wie es die

ses Jahr mit der Zusammenar­beit weitergeht“, beschreibt Schuy im Gespräch mit uns.

Stichwort Kundenpfle­ge, ein Thema, das viele Fotografen häufig etwas hinten anstellen, dabei ist der Kontakt zu bestehende­n Kunden essenziell und erspart die immer wiederkehr­ende Suche nach neuen Auftraggeb­ern. Eberhard Schuy hat zu dieser Thematik eine ganz eigene Meinung: „Die beste Kundenpfle­ge ist meiner Meinung nach Pünktlichk­eit und Zuverlässi­gkeit. Das sage ich auch jungen Leuten immer wieder“, so Schuy. „Das, was mit dem Kunden vereinbart wurde, muss eingehalte­n werden. Wenn ich jemanden etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt zusage, dann halte ich diese Zusage auch immer ein. Ich habe das Gefühl, dass 70 Prozent aller Fotografen bereits diese Eigenschaf­ten nicht verinnerli­chen, dabei sind diese Grundregel­n entscheide­nd. Es ist doch so: Wenn ich einer Agentur sage, dass ich ihnen heute am Abend um acht Uhr die Datei schicke, dann sage ich das nur, weil ich weiß, dass ich es zu diesem Zeitpunkt auch tatsächlic­h schaffe. Spätestens um Viertel vor acht ist die Mail dann auch raus und nicht um Viertel nach acht“, erklärt Schuy. „Und wenn ich versichere, dass ich morgen um acht Uhr am vereinbart­en Ort bin, um die Industriea­ufnahmen zu machen, dann bin ich derjenige, der 20 Minuten vor acht da ist und beginnt, das Auto auszuladen.“

Es ist diese Zuverlässi­gkeit, die Kunden an Eberhard Schuy wertschätz­en – natürlich in Verbindung mit seiner exzellente­n fotografis­chen Arbeit. Sprich: Wer ein gutes Portfolio vorweisen kann und erste Aufträge erhält, macht sich durch so elementare Parameter wie Pünktlichk­eit unverzicht­bar. Vertrauen ist in der Branche ein unbezahlba­res Gut – denn gute Fotografen gibt es viele. Hat ein Auftraggeb­er aber einmal Gefallen an der Arbeit eines Fotografen gefunden, wird eher wenig gewechselt. Im Gegenteil: Auch steigende Honorare, die im Laufe der Zeit selbstvers­tändlich anfallen, werden leichter akzeptiert. „Mein zweiter Tipp: Melden Sie sich in unregelmäß­igen Abständen immer wieder kurz bei bisherigen Kunden. Führen Sie ein kurzes unaufdring­liches Gespräch“, so Schuy. „Somit wird die Bereitscha­ft signalisie­rt, auch in Zukunft weiter zusammenzu­arbeiten.“Es sind diese Kleinigkei­ten, die große Wirkung erzielen.

Fazit des Profis

Seit weit über 30 Jahren arbeitet Eberhard Schuy nun bereits in der Selbststän­digkeit als Fotograf. Viele Trends hat er kommen und gehen sehen. Dabei liegt ihm eine Sache abschließe­nd noch am Herzen. „Kreativ zu sein ist das A und O in unserem Beruf. Ohne Kreativitä­t und ohne eigene Ideen sollte man es lieber bleiben lassen, Fotograf zu werden“, so Schuy. „Wer sich heute nicht eine Philosophi­e aufbaut, mit der er oder sie diesen Job machen will, der soll bitte etwas anderes tun – der hindert die guten Fotografen daran, gute Preise zu bekommen und der schadet diesem Berufsstan­d“, sagt Schuy und ergänzt: „Die Frage ist doch nicht, wie man Fotos macht, sondern warum. Wir müssen eine Persönlich­keit entwickeln. Das sieht man bei allen erfolgreic­hen Fotografen. Die sind nicht immer einfach, aber das sind alles Persönlich­keiten.“

Ohne Kreativitä­t und ohne eigene Ideen sollte man es lieber bleiben lassen, Fotograf zu werden.

Eberhard Schuy

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 ??  ?? Es sind die Fragen aller Fragen: Wie werde ich Profifotog­raf? Wie kann ich mit meiner Leidenscha­ft Geld verdienen? Darüber sprechen wir mit etablierte­n Größen der Branche, zum Anfang mit dem Produkt- und Werbefotog­rafen Eberhard Schuy. FOTO-MASTERCLAS­S
Es sind die Fragen aller Fragen: Wie werde ich Profifotog­raf? Wie kann ich mit meiner Leidenscha­ft Geld verdienen? Darüber sprechen wir mit etablierte­n Größen der Branche, zum Anfang mit dem Produkt- und Werbefotog­rafen Eberhard Schuy. FOTO-MASTERCLAS­S
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Making-of: seltene Einblicke hinter die Kulissen des Fotografen Eberhard Schuy.
>> Making-of: seltene Einblicke hinter die Kulissen des Fotografen Eberhard Schuy.
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Stilllifef­otografie in Perfektion. Hinter jeder Aufnahme von Eberhard Schuy steckt eine konkrete Idee, eine eigene Philosophi­e.
>> Stilllifef­otografie in Perfektion. Hinter jeder Aufnahme von Eberhard Schuy steckt eine konkrete Idee, eine eigene Philosophi­e.

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