Waigel ermuntert EZB-Chef zu einer Zinswende
Geldpolitik Der frühere Bundesfinanzminister nutzt eine Preisverleihung für ein Plädoyer
München Der frühere Bundesfinanzminister, Ex-CSU-Chef Theo Waigel, hat den gerade in Deutschland heftig angefeindeten Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, gegen die teilweise harsche Kritik in Schutz genommen und zugleich zu einer Wende in der Zinspolitik ermuntert. Die beiden trafen sich gestern Abend in München bei der Gala zur Verleihung des „SignsAward“, eines Preises für „Zeichensetzer in der Kommunikation“. Waigel wurde dort für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Draghi hielt die Laudatio.
Waigel kritisierte die „heftige, harte und mitunter auch polemische Diskussion in Deutschland über die Niedrigzinspolitik der EZB“und forderte stattdessen „eine nüchterne Abwägung der Vor- und Nachteile“. Seinen „langjährigen Freund“Draghi nahm er ausdrücklich in Schutz. Niemand könne bestreiten, dass Draghi vor drei Jahren mit seiner Aussage „what ever it takes“(was immer es kostet) die Wetten gegen den Euro gewendet, das Auseinanderbrechen der Währungsunion verhindert und damit großen volkswirtschaftlichen Schaden von Euro- pa und Deutschland abgewendet habe. Gleichzeitig versuchte er dem Zentralbankchef eine Brücke zu bauen. Er gehe davon aus, so Waigel, dass der erwartete Anstieg der Inflation im ersten Quartal des kommenden Jahres der EZB die Gelegenheit biete, der Öffentlichkeit einen Kurswechsel nahezubringen. Das wäre für Finanzmärkte und Risikostaaten ein „richtiges und notwendiges Signal“, um Reformen fortzuführen, mit dem Schuldenabbau zu beginnen und damit Vertrauen an den Märkten zu gewinnen.
Waigel ist der erste Preisträger, der mit dem „SignsAward“für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird. Die Jury würdigte sein 55 Jahre andauerndes politisches Engagement „auf dem Fundament von Grundsatztreue, Aufrichtigkeit, Ausdauer und Gestaltungskraft verbunden mit Menschlichkeit, Verbindlichkeit, Heimatliebe und Integrität“. Veranstalter des Preises, der sich als eine Art „Oscar für Kommunikation“versteht, sind die Kommunikationsunternehmen „Weimer Media Group“, „Sabine Heimbach Communication Counsel“und „Journal International“.
Zu den weiteren Preisträgern des diesjährigen „SignsAward“gehören der Ministerpräsident Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, der Fernsehmoderator Markus Lanz, die Musikgruppe „Silbermond“und der Chef des Münchner Flughafens, Michael Kerkloh.