Jetzt haben die Reporter den Salat
Die beliebtesten Sätze am Stammtisch: „Denkst an mi.“Häufig verwendet, wenn ein scheinbar mutiger Blick in die Zukunft geworfen wird, von dem man aber überzeugt ist, dass er sich bewahrheitet. Zum anderen: „Hab ich es nicht gesagt“– mit Ausrufe- statt Fragezeichen. Wird ausgesprochen, wenn die ach so mutige Prognose tatsächlich eintritt.
Wenn rund 300 Journalisten die deutsche Mannschaft zu ihren Spielen begleiten, ist das nichts anderes als ein großer Stammtisch. Mit dem Privileg, dafür bezahlt zu werden, sich Fußballspiele anzuschauen und anschließend darüber auszulassen. Weil der Journalist auch nur ein Mensch ist, ist er sich selbst natürlich am nächsten.
Anders ist nicht zu begründen, warum sich einige Kollegen in der Schlussphase des letzten Gruppenspiels einen Treffer der Nordiren wünschten. Das hätte bedeutet, hinter die Polen zurückzufallen. Gleichwohl wäre das aus Sicht der Reporter aus einem einzigen Grund wünschenswert gewesen: weniger Reisestrapazen. Vor der EM und nach einem Blick auf den Spielplan hatten aber viele auch den zweiten Gruppenplatz aus Sicht des deutschen Teams für erstrebenswert gehalten. „Denkst an mi.“
Jetzt haben Spieler und Reporter den Salat. Weil Spanier und Engländer in der Vorrunde schwächelten, befinden sich die beiden Teams auf der deutschen Seite des Tableaus. Sollten die Deutschen ihr Achtelfinale gewinnen, kommt es eine Runde später zum Duell mit Spanien oder Italien. In einem möglichen Halbfinale würden dann wohl Franzosen oder Engländer auf Löws Team warten.
Fünf der Favoriten befinden sich somit auf der gleichen Hälfte des Turnierplans. „Hab ich es nicht gesagt!“Für Journalisten würde das bedeuten, Frankreich in seiner ganzen Schönheit erleben zu können. Das Achtelfinale findet in Lille und somit der nördlichsten EM-Stadt statt. Für Bordeaux und das hier ausgetragene Viertelfinale gilt das Gleiche im Westen und dass ein Halbfinale im südlichsten Stadion (Marseille) ausgespielt wird, versteht sich von selbst. Als Gruppenzweiter hätten dagegen neben leichteren Gegnern auch kürzere Reisen gewunken. St. Etienne, Marseille, Lyon – vom deutschen EMQuartier aus in Évian eine EM der kurzen Wege. Man muss es nehmen, wie es kommt. Die nächste Zugfahrt ist immer die schwierigste. Wir nehmen jedes Nahverkehrsmittel ernst. Am Ende des Tages werden wir sehen, welches Hotel uns beherbergt. Die Reise ist erst beendet, wenn der Dienstwagen wieder in Augsburg steht. Das aber hat noch Zeit.