Das Stehaufblättchen
Er kann sich an und für sich überhaupt nicht beschweren. Während alle anderen Topfpflanzen bei Nanu daheim über die Jahre schmerzlich gelernt haben, mit einem Gießkannenplatzregen alle zwei Wochen auszukommen, bekommt der Basilikumstock in der Küche mindestens alle zwei Tage zu trinken. Dabei kommt ihm zugute, dass er in der Nähe des Wasserhahns zu Hause ist. Trotzdem ist ihr Basilikum ein Hänfling. Jetzt, wo der Sommer ein kleines bisschen Anlauf nimmt, liegt er des Abends, wenn Nanu nach Hause kommt, regelmäßig im Sterben. Zumindest sieht es so aus. Wie sich eine Pflanze, die an einem Ostfenster in diesem deutschen Witz-Sommer Probleme bekommt, ausgerechnet in der italienischen Küche durchsetzen konnte, ist Nanu ein absolutes Rätsel. Noch dazu, wo das Gewächs ja eigentlich aus Indien kommen soll. Auf der anderen Seite steckt Nanu auch voller Bewunderung für den Pestolieferanten. Denn der hat unglaubliche Nehmerqualitäten. Egal, wie verschrumpelt und unwiederbringlich verloren die Pflanze scheint: ein Gläschen Wasser und eine Stunde warten, dann floriert das Stehaufblättchen wieder. Zumindest, bis seine Blätter sich zu Tomate und Mozzarella gesellen müssen. Denn trotz aller Bewunderung kann Nanu auf die Wiederauferstehungsqualitäten ihres Basilikums letztlich keine Rücksicht nehmen. Am Ende dient sein Leben dem kulinarischen Genuss. Er ist eben keine normale Topfpflanze. Und das ist auch gut so. Denn als solche würde dieser Säufer niemals überleben.