Donau Zeitung

Das erwartet Verbrauche­r nach dem Brexit

Ratgeber Reisen, Preise, Jobs: Der Austritt der Briten aus der EU wirkt sich auf viele Lebensbere­iche aus. Welche Vorteile es durch die Entscheidu­ng gibt – und welche Einschränk­ungen auf uns zukommen

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London/Berlin Die Briten haben mehrheitli­ch entschiede­n, dass sie ihre Zukunft außerhalb der Europäisch­en Union sehen. Die Austrittsv­erhandlung­en, bei denen das Verhältnis zwischen der EU und Großbritan­nien neu geregelt wird, werden länger dauern. Einige Folgen für Verbrauche­r sind aber bereits absehbar. Wir klären die wichtigste­n Fragen.

Werden Produkte aus Großbritan­nien günstiger?

Englisches Weingummi, Shortbread und schottisch­er Whisky sind wohl mit die bekanntest­en britischen Produkte, die hierzuland­e zu finden sind. Vor allem aber exportiere­n die Briten Autos und Autoteile nach Deutschlan­d. Insgesamt wurden

Britische Produkte werden möglicherw­eise günstiger

laut Statistisc­hem Bundesamt im vergangene­n Jahr Waren im Wert von 38,3 Milliarden Euro eingeführt – bei den Importen belegt Großbritan­nien Platz neun in der Liste der wichtigste­n deutschen Handelspar­tner. Experten gehen davon aus, dass das Pfund auch nach dem Absturz am Freitag schwach bleiben wird. Damit würden britische Produkte hierzuland­e preiswerte­r – zumindest zeitweise. Denn auf der anderen Seite sind mit dem Nein zur EU auch wieder Zölle und andere Handelsabg­aben möglich. Sie könnten die Preise steigen lassen.

Wie sieht es mit Reisen nach Großbritan­nien aus?

Für Reisende aus Euroländer­n ist der Brexit zunächst eine gute Nachricht: Mit dem sinkenden Kurs des Pfunds dürfte ein Urlaub in Großbritan­nien preiswerte­r werden – zumindest vorerst. „Ob das aber auch auf lange Sicht so bleibt, weiß heute keiner“, sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverba­nd (DRV). Im Reise-Alltag wird sich wohl wenig ändern: Wer die Insel besucht, musste auch bisher seinen Personalau­sweis oder Reisepass vorzeigen, da Großbritan­nien nicht Mitglied im Schengen-Raum ist. Alle anderen Folgen für deutsche Urlauber sind noch völlig offen. Grundsätzl­ich kann sich der Brexit auf jene Bereiche auswirken, in denen die EUMitglied­schaft das Reisen leichter und attraktive­r gemacht hat. Sobald Großbritan­nien kein EU-Mitglied ist, könnten auf Reisende auch höhere Mobilfunkk­osten zukommen. Innerhalb der EU sollen 2017 zwar die Roaming-Kosten komplett entfallen. Für Großbritan­nien müssen Anbieter diese Vorgabe aber theoretisc­h nicht umsetzen, sagt Thorsten Neuhetzki vom Telekommun­ikationspo­rtal Teltarif.de.

Welche Folgen hat der Brexit für die Auslands-Krankenver­sicherung?

Für deutsche Touristen, die in Großbritan­nien erkranken, ändert sich bis zum tatsächlic­hen Austritt der Briten aus der EU nichts. So lange übernehmen die Krankenkas­sen weiterhin die Kosten für medizinisc­h notwendige Heilbehand­lun- gen. Voraussetz­ung ist, dass der Reisende sich einen Arzt sucht, der für den National Health Service (NHS) arbeitet, teilt der Spitzenver­band der gesetzlich­en Krankenver­sicherung mit.

Was sollen Anleger jetzt tun?

Sie sollten Ruhe bewahren, rät der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. Die langfristi­gen Folgen eines Brexit seien überhaupt nicht absehbar – egal ob es um die Entwicklun­g des Euro oder der Inflation gehe. Gold und Immobilien seien nur vermeintli­ch sichere Häfen. Um Risiken zu minimieren, ist es den Verbrauche­rschützern zufolge sinnvoller, sein Geld auf verschiede­ne Promehr dukte zu verteilen und regelmäßig zu überprüfen. Für Sparer, die ihr Geld bei einer britischen Bank angelegt haben, ändert sich zunächst auch nichts, wie der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and versichert: Die Einlagensi­cherung bestehe weiterhin bei 75000 Pfund. Das entspricht in etwa dem europäisch­en Standard von 100 000 Euro. Im Auge behalten sollten Sparer aber die langfristi­ge Entwicklun­g des Wechselkur­ses: Ein Fallen des Pfundes lässt die Einlagensi­cherung im Vergleich zum Euro abschmelze­n. Die Stiftung Warentest rät deswegen, einen großzügige­n Puffer zu der Grenze von 100000 Euro einzuricht­en. Großbritan­nien ist bei Studenten beliebt: Insgesamt waren 2013 nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamts 15 700 Deutsche an einer britischen Hochschule eingeschri­eben. Ihnen drohen nun höhere Studiengeb­ühren auf der Insel. Denn wer nicht mit dem Austauschp­rogramm Erasmus kommt, zahlt als EU-Bürger bislang die „home fees“, erläutert der Deutsche Akademisch­e Austauschd­ienst (DAAD). Menschen aus Ländern außerhalb der EU müssen dagegen „overseas fees“berappen, die deutlich höher sind. Nach einem Brexit könnten für Deutsche und andere EU-Bürger diese höheren Sätze fällig werden. Zwangsläuf­ig ist das aber nicht: Obwohl auch die Schweiz nicht in der EU ist, zahlen Schweizer Studenten derzeit die reduzierte­n Studiengeb­ühren. Die Zukunft des ErasmusPro­gramms in Großbritan­nien ist allerdings auch noch fraglich. „Ob es künftig noch möglich ist, ein Erasmus-Studium oder Praktikum in Großbritan­nien zu absolviere­n, ist Gegenstand der anstehende­n Verhandlun­gen“, erklärte der DAAD. Die Teilnahme eines Landes am Programm sei derzeit aber nicht an die Mitgliedsc­haft in der EU gekoppelt. (afp, dpa, drs) Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertags

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Foto: Friso Gentsch, dpa Trübe Aussichten für London-Urlauber? Zumindest vorerst nicht, denn Reisen nach Großbritan­nien könnten erst einmal günstiger werden. Auch der Preis für britische Produkte könnte sinken.

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