Die Börsenwelt ist geschockt
Geld An den Finanzmärkten war man sich lange sicher, dass die Briten in der EU bleiben. Um so dramatischer war die Reaktion am Freitag
Frankfurt/Berlin Eigentlich habe man die Angst vor einem EU-Austritt fast schon abgehakt, hieß es tagelang von Aktienhändlern und etlichen Analysten nicht nur an der Frankfurter Börse. Jetzt ist der Brexit da – und viele Werte brechen fürs Erste dramatisch ein. Unklar ist noch, ob sich die Schock-Reaktion zu einem Abwärtstrend verfestigen könnte. „Wir müssen sofort versuchen, den Prozess in den Märkten zu stabilisieren“, sagte der britische Außenminister Philip Hammond am Freitag. Eine Übersicht der ersten Entwicklungen:
Dax Das Ja der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union (EU) hat die Anleger am deutschen Aktienmarkt kalt erwischt. Nach einem Kursbeben wich im Handelsverlauf zwar der erste Schock – am Abend stand für den deutschen Leitindex Dax aber immer noch ein Abschlag von 6,82 Prozent auf 9557,16 Punkte auf der Anzeigetafel. Der MDax sank am Freitag um 4,54 Prozent auf 19828,60 Punkte. Der TecDax büßte 3,35 Prozent auf 1586,67 Punkte ein.
Bankaktien Als größte Leidtragende eines Brexit gelten die Banken, deren Kurse europaweit einbrachen. Anteilsscheine von Deutsche Bank und Commerzbank standen am Dax-Ende mit einem Verlust von 14,13 Prozent beziehungsweise 12,99 Prozent.
Europas Börsen Auch die übrigen europäischen Börsen erlebten am Freitag einen Kursrutsch: Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 rauschte um 8,62 Prozent in die Tiefe auf 2776,09 Zähler. Ähnlich steil ging es für den Pariser CAC-40-Index nach unten, während sich die Verluste im Londoner FTSE 100 in Grenzen hielten. Auch der Dow Jones Industrial in New York präsentierte sich zum Handelsschluss in Europa angeschlagen.
Pfund Am Devisenmarkt kam es ebenfalls zu Turbulenzen. Das britische Pfund sank am Freitagmorgen im Verhältnis zum Dollar bis auf 1,3229 US-Dollar. Das war der tiefste Stand seit dem Jahr 1985.
Auch die europäische Gemeinschaftswährung verlor an Wert. Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,1066 Dollar fest, nachdem es am Donnerstag noch 1,1389 Dollar waren. Der Dollar kostete damit 0,9037 nach 0,8780 Euro.
Yen Viele Devisenanleger flüchteten in den Yen, demgegenüber das Pfund am Freitag um über 14 Prozent einbrach. Im Gegenzug war Japans Währung zum Pfund so viel wert wie zuletzt im Dezember 2012.
Franken Angesichts des nachgebenden Euro legte auch der Außenwert des Franken zu. Im Verhältnis zu der Schweizer Währung fiel der Euro von über 1,10 zwischenzeitlich auf bis zu 1,06 Franken.
Gold Der Preis für das als „sicherer Hafen“geltende Edelmetall schoss auf bis zu 1358 Dollar je Feinunze (31 Gramm) hoch – ein neuer Höchstwert seit Sommer 2014.
Anleihen Der Durchschnittszins deutscher Bundesanleihen fiel am Freitag auf ein neues Rekordtief – wie beim Gold gab es hier eine starke Nachfrage. Die Umlaufrendite sank von – 0,07 auf – 0,20 Prozent.
Börsenfusion Die Deutsche Börse in Frankfurt und die London Stock Exchange (LSE) haben nach dem Votum der Briten ihre Fusionspläne bekräftigt. Das Referendum habe „keinen Einfluss auf die strategische Grundidee des Zusammenschlusses“, erklärten beide Börsenbetreiber am Freitag. In Frankfurt wächst dagegen die Skepsis, dass die Fusion wie geplant über die Bühne gehen kann. Und für die Aktien ging es bergab: Die Papiere der Deutschen Börse büßten 9,26 Prozent ein.
Notenbanken Führende Notenbanken kündigten bereits an, gemeinsam die Finanzmärkte beruhigen zu wollen. Die britische Notenbank stellte 250 Milliarden Pfund zur Stützung der Märkte in Aussicht. Auch die EZB und die japanische Notenbank betonten ihre Handlungsbereitschaft. Die Schweizerische Nationalbank schritt umgehend zur Tat und griff am Devisenmarkt ein. (dpa)