Viele deutsche Kunden mögen es gern billig
Handel Warum es Zweifel daran gibt, dass hierzulande ein Volk von Feinschmeckern lebt
Essen Ganz gleich, ob das bunte Obst im Laden zu kunstvollen Pyramiden gestapelt ist oder der fangfrische Fisch mit glasklaren Augen aus dem Eis glotzt, bei vielen Verbrauchern wandert der Blick zuerst auf das Preisschild. Jahrelange Diskussionen über ein Ende der „Geiz ist geil“-Mentalität haben in Deutschland nach Ansicht von Experten bislang kaum Spuren hinterlassen. Vor allem bei der Auswahl ihres bevorzugten Lebensmittelgeschäfts ist bei deutschen Verbrauchern der Preis immer noch Trumpf.
„Insgesamt zeigt sich, dass in Deutschland der Preis beim Lebensmitteleinkauf eine sehr wichtige Rolle spielt. Er beeinflusst die Kaufentscheidung massiv“, stellt der Vorsitzende der Geschäftsführung des Marktforschungsunternehmens Nielsen in Deutschland, Ingo Schier, fest. Erst nach dem Preis folgten Kriterien wie Geschmack, Auswahl oder Marke. Belegen möchte Schier diese Behauptung mit einer aktuellen Internet-Umfrage seines Unternehmens unter mehr als 30 000 Verbrauchern aus 61 Ländern. Während für fast zwei Drittel (63 Prozent) der Kunden in Deutschland das gute Preis-Leistungs-Verhältnis bei der Auswahl eines Lebensmittelladens im Vordergrund stehe, gehe es bei den europäischen Nachbarn vor allem um ein qualitativ hochwertiges und frisches Angebot (58 Prozent). Bei den deutschen Kunden rangiere das Angebot an Frische-Produkten dagegen erst auf Platz drei der Rangliste. Wichtiger als das Angebot sei sogar noch die Lage des Geschäfts.
Hintergrund sei, dass die Verbraucher in Deutschland über Jahrzehnte hinweg vor allem darauf geeicht worden seien, auf den Preis zu schauen. „Das lässt sich über Nacht nicht umkehren“, sagt der Geschäftsführer des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI, Michael Gerling. Da lande dann eher der billige Gouda im Einkaufswagen als die teure französische Käsespezialität. Wird also das Sparen beim Lebensmitteleinkauf in Deutschland zum Dauerzustand? Beim Handelsverband HDE sieht Sprecher Kai Falk bereits eine steigende Bereitschaft der Verbraucher, höhere Preise für einzelne Produkte wie etwa Bio-Eier zu bezahlen. Auch EHI-Experte Gerling glaubt an einen Wendepunkt. „Es gibt Chancen, dass der Verbraucher sich von der strikten Orientierung auf den Preis abwendet“, sagt er. Auch wenn ein solcher Richtungswechsel durchaus noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen könnte. Uta Knapp, dpa