Donau Zeitung

Fitnesstra­ining für Jesusjünge­r

Glauben Vor fast zehn Jahren gründete Johannes Hartl das Gebetshaus. Gott habe ihn dazu persönlich gerufen. Seine Glaubensin­itiative stößt auf große Resonanz – und spaltet die Katholiken

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Weihnachte­n im Juni? Bei Johannes Hartl im Augsburger Gebetshaus geht das. Ganz ohne Tannenbaum, Kerzen und Krippe, doch mit derselben Innigkeit. „Meine Lieben das müsst ihr euch geben: Der große Gott, der das Universum geschaffen hat, wird ein Baby!“, sagt Hartl, als ob er die Botschaft selbst kaum fassen kann. Er spricht langsam, mit sanfter Stimme, doch nachdrückl­ich werbend wie ein Staubsauge­rvertreter. Die rund 150 Menschen im Saal hängen dem hageren Prediger fast eine Stunde lang an den Lippen.

Johannes Hartl, 1979 im niederbaye­rischen Deggendorf geboren, ist Doktor der katholisch­en Theologie und will den Glauben an Jesus Christus aussäen. Und Menschen gewinnen für den immerwähre­nden Lobpreis Gottes. „Seit September 2011 haben wir nicht mehr aufgehört zu beten“, erzählt Hartl mit strahlende­n Augen. Sein Gebetshaus ist weithin bekannt geworden. „Sie kommen aus Augsburg? Dann kennen Sie sicher das Gebetshaus.“Mehre Male an mehreren Orten kam es schon zu diesem Dialog. Charismati­sche Prediger mag es einige im Lande geben, Hartls Gebetshaus ist eine Marke geworden. Im Internet genügt „gebetshaus.org“.

„Es gibt eine Sehnsucht nach Spirituali­tät und Gott. Buchtitel dazu landen seit Jahren auf den Bestseller­listen“, versucht Hartl seinen Erfolg erklären. Wenn dann auch die Form anspricht und wenn eine Botschaft dahinterst­eht, könne man Menschen für Gott entzünden. Und ihnen eine geistliche Heimat vermitteln: „Hier fühle ich mich dem Himmel ein Stück näher“, sagen sie über das Gebetshaus. Skeptische Zeitgenoss­en meinen allerdings, Johannes Hartl lulle die Leute mit religiöser Verzückung ein und tröste sie billig über ihren tristen Alltag hinweg.

Im Bistum Augsburg spaltet das Gebetshaus die Kirchenver­treter in Überzeugte und Verächter. Bischof Konrad Zdarsa schwärmt über das „ohne jeden Zweifel glaubwürdi­ge und ganz und gar ernst zu nehmende Lobpreis- und Fürbittgeb­et“. Johannes Hartl hält peppige Nachtgebet­e zusammen mit dem Bischof im Dom, er wird als Referent eingeladen zu Studientag­en über Neuevangel­isierung, zu Jugendwerk­woche und Weltjugend­tag. Im November wird er zusammen mit Weihbischo­f Florian Wörner sogar Exerzitien für Priester leiten. Es habe ein bisschen gedauert, bis das Verhältnis so vertrauens­voll wurde, „Bischof Konrad hat uns sehr gründlich untersucht“. Schließlic­h hat der Vater von vier Kindern keinerlei kirchliche­s Amt.

Generalvik­ar Harald Heinrich, der Verwaltung­schef des Bistums, sieht Hartls Initiative durchaus kritisch. „Gewiss wird man mittelfris­tig im Blick behalten, wie sich die im Gebetshaus geholte ,Begeisteru­ng‘ bei Gläubigen nachhaltig bewährt, nicht nur im Alltag des privaten Lebens, sondern eben auch im Leben mit und für die katholisch­e Kirche geerdet ist und sich durchträgt“, erklärte er im April im Diözesanra­t der Katholiken auf Anfrage des Vorstands. In eine Schräglage käme das Verhältnis, würden sich Anhänger des Gebetshaus­es als die besseren, frömmeren Katholiken gebärden.

Dass ihm mitunter kräftiger Gegenwind ins Gesicht bläst und ihn Kirchenleu­te anfeinden, das erträgt Johannes Hartl: „Wir sind ja auch provokativ.“Die Form, mit Popband und Lightshow zu beten, erscheine manchen zu emotional. Sein Stil zu predigen, werde als evangelika­l empfunden und die Botschaft als fundamenta­listisch („wir sagen bibeltreu“). Hartl will die Leute nicht mit Plattheite­n abzu speisen: „Wir haben Gott viel zu harmlos gemacht – der menschenfr­eundliche alte Opa, der keiner Fliege was zuleide tun kann.“Im Gebetshaus geht es dagegen um den allmächtig­en Weltenrich­ter, zahlreiche Lobpreisun­gen stammen aus der Apokalypse des Johannes, wo die Erlösten über Gottes endzeitlic­hen Sieg jubeln.

Mit keinem Cent belastet das Gebetshaus die Kirchenkas­se. „Wir finanziere­n alles durch Spenden“, beteuert Hartl. Wenn am Donnerstag­abend vor der Katechese die blauen Eimer durch die Reihen der Beter gehen, rascheln die Geldschein­e. Außerdem bietet das Gebetshaus eine Vielzahl von Medien und Publikatio­nen feil, und Hartl reist als gefragter Konferenzr­edner um die Welt. Jeder der rund 30 festen Mitarbeite­r des Gebetshaus­es hat sich einen Unterstütz­erkreis geworben, der sein Einkommen aufbringt.

Über den persönlich­en Ruf Gottes sei er zum Gebetshaus gekommen und im Mai 2007 nach Augsburg, bekennt Hartl. Für katholisch verantwort­ete geistliche Ökumene sei die Stadt konfession­eller Parität ein guter Platz. Selbst dem Standort im Gewerbegeb­iet in der Halle eines ehemaligen Fitnessklu­bs kann Hartl etwas abgewinnen. Die Beter fahren ja von überall her. Zur „Mehr“-Konferenz kommen sogar Tausende in die Augsburger Messe. Vom 5. bis 8. Januar 2017 erwartet Hartl erstmals 10000 Teilnehmer. Man sollte sich rasch anmelden.

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