Ein Clown ist mehr als eine rote Nase
Kurs Eine Schule in Freising bildet seit 13 Jahren Spaßmacher aus. Heute wird die erste Masterklasse verabschiedet. Warum das Lustigsein auch eine Frage der Lebenseinstellung ist
Freising Schnuckiputzi ist sauer. Sie rümpft die rote Nase. Warum steht schon wieder ein Stuhl im Weg, jetzt wo sie doch das Tanzcafé fegen will? Und warum um Himmels willen sitzt jetzt auch noch Frieda Fresh von Fröhlich auf dem Stuhl? Schnuckiputzi wäre nicht Schnuckiputzi, wenn sie nicht auch für dieses Problem eine Lösung hätte. Kurzerhand kriecht sie unter dem Stuhl durch.
Ein Nachmittag in Freising, in der Clownschule „Die Kunst des Stolperns“. Peter Spiel und seine Clowntruppe proben für die Premiere am Samstag. Denn dann werden Schnuckiputzi, Frieda Fresh von Fröhlich und 14 andere Schüler als erste Absolventen der Masterklasse auf der Bühne stehen und ihr erstes Theaterstück präsentieren.
Die Masterklasse ist ein neues Angebot der Clownschule in Freising. Seit 2003 gibt es die Ausbildungsstätte für Nachwuchsclowns. Inzwischen haben der künstlerische Leiter Peter Spiel und seine beiden Kollegen bereits 18 Grundkurse veranstaltet und dabei über 250 Schüler in den Grundtechniken des Clownhandwerks ausgebildet.
Die Grundausbildung, die 24 Tage dauert und als Blockseminare angeboten wird, beinhaltet sowohl Improvisationsund Clownstechniken als auch die Arbeit an Gestik, Mimik und Körpersprache. Die Masterklasse findet an insgesamt 18 Tagen statt und baut auf dem Grundkurs auf. Dabei wird die Clownfigur aus dem Grundkurs weiterentwickelt. Den Abschluss bildet ein Bühnenstück. Der Grundkurs kostet 1900 Euro, die Masterklasse 1500 Euro.
Der Name der Clownschule – Kunst des Stolperns – ist dabei Programm. „Es geht darum, sich auf die Klippen des Lebens einzulassen“, sagt Peter Spiel, der auch als Klinikclown und Medienpädagoge arbeitet. Die Clownschüler der Masterklasse kommen aus ganz unterschiedlichen Berufen: Ein IT-Manager ist dabei ebenso wie eine Fachlehrerin. Schnuckiputzi ist im echten Leben evangelische Dekanatsjugendreferentin und heißt Angela Senft. Frieda Fresh von Fröhlich heißt Sabine Scherner, ist Erzieherin und kommt aus München.
Die Teilnehmer sind zwischen 25 und 62 Jahren alt. Die 49-jährige Sabine Scherner erfüllt sich mit der Ausbildung einen Kindheitstraum. „Als Kind war ich immer der Clown“, erzählt sie. „Das war lange verschüttet und völlig aus dem Gedächtnis.“Auf der Bühne ist die zierliche Frau mit den halblangen grauen Haaren in ihrem Element, voller Energie, immer in Bewegung, witzig, schlagfertig. Am Clownsein gefällt ihr der naive Blick, sagt Scherner. „Es geht darum, die Welt neu zu entdecken und über alltägliche Fehler staunen und lachen zu dürfen.“Das sagt auch Angela Senft: „Es ist eine Frage der Haltung, Fehler machen zu dürfen.“Das lässt sich auch in den Alltag übertragen, sagt sie. Etwa, wenn man mit Mimik eine angespannte Situation entschärft. Zusammen mit Frieda Fresh von Fröhlich beugt sie sich über ein Plakat. Darauf steht geschrieben: „Letzter Abend“. Laut murmelnd und mit wilden Gesten und Grimassen überlegen die Clowns, was es damit auf sich hat. Auflösen werden sie das Geheimnis bei ihrer Premiere. Eines ist jedoch jetzt schon klar: Für Angela Senft, Sabine Scherner und die anderen hat das Improvisieren als Clowns gerade erst begonnen. Von einem letzten Abend kann in ihrer Karriere als Clowns nicht die Rede sein. (epd)