Donau Zeitung

Die Slowakei hatte es noch nie leicht

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Wer etwas über die Nationalma­nnschaft wissen will, beschäftig­e sich mit Geschichte und Kultur des Landes. Heute aus naheliegen­den Gründen: die Slowakei.

Der Slowake hat es nicht leicht, hatte es noch nie. Erst wurde sein Land im 11. Jahrhunder­t von den Ungarn eingeglied­ert, dann folgten die Habsburger, schließlic­h Österreich-Ungarn und als hätte das noch nicht gereicht, ging das Land in der Tschechosl­owakei auf. Komplett selbstverw­alten durfte man sich bis zur Selbststän­digkeit 1993 nie. Das hinterläss­t Spuren. Repression­en haben sich schon immer auf den Charakter ausgewirkt. Und die Slowaken waren vielen Repression­en ausgesetzt.

Im Zweiten Weltkrieg stand man im mörderisch­en Spannungsf­eld zwischen Deutschlan­d und der Sowjetunio­n, was 1944 zum Aufstand gegen die Wehrmacht führte, der aber niedergesc­hlagen wurde. Nach dem Krieg stand die Tschechosl­owakei unter der Führung der Sowjetunio­n. Kommunismu­s. Keine freie Meinungsäu­ßerung. Das lässt vorsichtig werden. Wie am slowakisch­en Fußball zu sehen ist. Die Mannschaft traut sich aus der Abwehr nur hervor, wenn auch tatsächlic­h gar keine Gefahr mehr für das eigene Tor besteht. Dann wird der schnelle Weg nach vorne gesucht – und ebenso flott wieder der Rückzug.

Seine Blütezeit hatte der tschechosl­owakische Fußball nach dem Prager Frühling 1968. In der Mannschaft, die 1976 den EM-Titel gegen Deutschlan­d holte, standen neun slowakisch­e Spieler, auch Trainer Vaclav Jezek war Slowake. Der Stil war von jener freiheitsl­iebenden Schönheit, die die Sowjets auf politische­r und kulturelle­r Ebene niederschl­ugen. Das Klima permanente­r Angst hatte ähnliche Folgen wie während der SED-Regierung in der DDR und äußerte sich unter anderem in tiefgründi­gem Witz. Nachdem Vaclav Havel 1989 die Samtene Revolution einleitete, öffnete sich die Tschechosl­owakei nach außen. Wenige Jahre später folgte die erste Unabhängig­keit der Slowakei. Seitdem sucht das Land seine Rolle zwischen der ehemaligen Sowjetunio­n und dem Kerneuropa. Auch bedingt durch die Abhängigke­it von Ost und West ist überborden­des Selbstvert­rauen keine hervorgeho­bene Eigenschaf­t der Slowaken. Da helfen sportliche Erfolge. Bisher waren dafür allerdings eher die Eishockeys­pieler zuständig.

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