Donau Zeitung

Warum die DFB-Elf in Schwarz-Weiß spielt

Trikots Nicht nur die Deutschen weichen im Fußball von ihren Landesfarb­en ab. Eine auffällige Farbe fehlt bei der EM

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Vor der Weltmeiste­rschaft in Brasilien war die Aufregung groß. Die deutschen Kicker ganz in Weiß, ohne schwarze Hosen. Wie skandalös. Spätestens mit dem Titel verstummte­n die Kritiker, das Trikot mit dem rot getünchten Bruststrei­fen weckt schöne Erinnerung­en.

Vor der EM in Frankreich kam keine Diskussion auf, Nörgler sahen keinen Grund, ihrem Namen gerecht zu werden. Das DFB-Leibchen verkörpert einen Trikot-Klassiker: weißes Oberteil, schwarze Hose. Einzig die schwarzen Stutzen lassen manchen stutzen. Sie erinnern an das Weltmeiste­r-Outfit 1954. Weil Retro schick ist, will sich auch daran niemand stören.

Doch warum spielt die deutsche Mannschaft eigentlich in Schwarz-Weiß? Und warum zwängen sich Italiener in blaue Trikots? Als deutsche Kicker 1908 erstmals zu einem Länderverg­leich antraten, standen sie unter dem Einfluss des Königreich­s. Das Hoheitszei­chen, schon mittelalte­rliche Kaiser verwendete­n es, prangte auf ihrer Brust: der Reichsadle­r. Hinzu gesellten sich die Farben Preußens, die bis heute geblieben sind. Zwar gab es bei den Hemdchen farbenfroh­e Ausreißer, beispielha­ft steht das Trikot 1994 mit schwarzen, roten und gelben Rauten, doch wiederholt folgte die Rückbesinn­ung auf das schlichte Design. Jahrelang hatte sich überdies ein grün-weißes Ausweichtr­ikot etabliert. Es verkörpert­e die Farben des DFB. Ein wenig davon findet sich im aktuellen Dress mit schlammige­n Grüntönen wieder. Allerdings wird die Farbauswah­l des Auswärtstr­ikots längst laxer gehandhabt. 2014 begeistert­en die Deutschen im Halbfinale gegen Brasilien schwarz-rot gestreift.

Italien

Stolz sind die Italiener auf ihr Nationalte­am, inbrünstig singen sie ihre Hymne. Schon immer waren sie beim Fußball die Blauen, die „Azzuri“. Dass die Kicker vom Stiefel das Grün-Weiß-Rote meiden, hat Tradition. Im Königreich Sardinien stand Blau für das regierende Haus Savoyen. Als Italien 1861 zum Königreich Italien vereinigt wurde, geschah dies unter der Führung Sardiniens. Weil die Fußballfan­s bei der Gründung der Republik im Jahr 1946 an die Squadra Azzurra gewöhnt waren und sich das blaue Gewand etabliert hatte, hielt der Fußballver­band daran fest. Wer an Irland denkt, verbindet das Land unmittelba­r mit der Farbe Grün. Das hat mit den Hügeln der Insel zu tun, aber auch mit deren Nationalfe­iertag, dem St. Patrick’s Day. An dem werden selbst Flüsse grün gefärbt. Naheliegen­d, dass auch die Kicker in grünen Trikots den Rasen betreten. Auch hier hat die Farbe mit der Historie des Landes zu tun. Irische Handelssch­iffe hissten vom 17. bis ins frühe 20. Jahrhunder­t eine grüne Flagge. Erst später kamen Orange und Weiß

dazu.

Niederland­e

Das grelle Orange der Niederländ­er fehlt bei dieser EM. Irgendwie schade, deren Fans gelten als lustiges Völkchen, setzen sich stilisiert­e Holzschuhe auf den Kopf, verbreiten auf den Rängen gute Laune und bereichern große Turniere. Wie bei den deutschen und italienisc­hen Trikots hat die Farbe einen geschichtl­ichen Hintergrun­d. Das „Oranje“begründet sich im Königshaus Oranien-Nassau. Dessen Name geht auf die Grafschaft Oranien – französisc­h Orange – zurück. Wilhelm I. von Oranien-Nassau erbte die Grafschaft. Im Achtzigjäh­rigen Unabhängig­keitskrieg gegen Spanien war er wichtiger Anführer. Die Farbe Orange ist seitdem Nationalfa­rbe der Niederland­e.

Andere Nationen

Schweizer, Belgier, Franzosen oder Isländer hingegen orientiere­n sich stark an ihren Landesfarb­en. Augenschei­nlich spiegelt sich dies bei den Kroaten wider: als wären die Spieler in eine Karo gemusterte Flagge gehüllt.

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