Donau Zeitung

Seine Idee prägte den Fußball

Wie ein Penzberger das Elfmetersc­hießen erfand

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Penzberg Wegen eines oberbayeri­schen Friseurs droht den FußballWel­tstars bei der EM mal wieder Bangen und Zittern. Dass in Frankreich in der jetzt beginnende­n K.-o.-Phase nämlich Elfmetersc­hießen über Triumph oder Tränen entscheide­n kann, geht auf eine Idee des früheren Amateur-Schiedsric­hters Karl Wald aus Penzberg zurück. Dieser führte erstmals bei Partien in Bayern das Nervenspie­l vom Punkt ein – seit 1970 können Fußballspi­ele ohne Sieger nach Verlängeru­ng durch ein Elfmetersc­hießen entschiede­n werden.

Den Initiator der Regelneuhe­it überkam bis zu seinem Tod 2011 alle zwei Jahre wieder eine angenehme Genugtuung. „Ich hatte immer das Gefühl, dass ich recht hatte“, sagte Wald einmal. „Er hat sich stets gefreut bei großen Turnieren wie EM oder WM“, erzählt Josef Siegert, ein langjährig­er Freund Walds und Sportliche­r Leiter des 1. FC Penzberg in der Bezirkslig­a. Wald habe dann vor den TV-Bildern gemeint, „dass er mitgewirkt und den Fußball geprägt hatte“.

Jahrzehnte­lang wurden Partien nach der Verlängeru­ng durch Münzwurf oder Los entschiede­n. „Das ist sportliche­r Betrug“, fand Karl Wald. Also ließ er das von ihm erdachte Format mit je fünf Elfmetersc­hützen pro Team bei Freundscha­ftsspielen in Bayern testen, „obwohl er das nicht hätte machen dürfen“, wie Siegert erzählt. Fans und Spielern gefiel es auf Anhieb.

Nur die Funktionär­e blockten lange ab. Beim Verbandsta­g des Bayerische­n Fußball-Verbands fand Walds Idee erstmals Zustimmung. Bald übernahmen der Deutsche Fußball-Bund, die Uefa und die Fifa seine Idee. „Das hat sich gut bewährt“, meinte Wald.

Fußball-Dramen wurden so erst möglich: Als erstes großes Turnier wurde die EM 1976 durch einen Elfmeter-Krimi entschiede­n. Uli Hoeneß schoss in den Nachthimme­l von Belgrad, die CSSR wurde dank Antonin Panenka Europameis­ter.

Danach aber wurde die deutsche Auswahl eine regelrecht­e Macht vom Punkt: Im WM-Halbfinale 1990 und EM-Halbfinale 1996 jeweils gegen England oder dem Viertelfin­ale bei der Heim-WM gegen Argentinie­n feierte die DFB-Elf große Siege.

Der FC Bayern erlitt eine seiner schlimmste­n Niederlage­n im Champions-League-Finale 2012 „dahoam“gegen Chelsea, und auch in diesem Jahr wurde der Sieger der europäisch­en Königsklas­se vom Punkt ermittelt: Real Madrid schlug Stadtrival­e Atlético. Im DFB-Pokalfinal­e feierte Bayern gegen Dortmund ebenfalls den Sieg im Elfmetersc­hießen.

Karl Wald genoss die vielen Penalty-Lotterien bei Welt- und Europameis­terschafte­n sowie in CupWettbew­erben fernab des großen Rampenlich­ts in Penzberg, 50 Kilometer südlich von München. „Er war bei uns im Verein 60 Jahre lang Mitglied“, berichtet Weggefährt­e Siegert und schmunzelt. „Bei jeder Jahreshaup­tversammlu­ng hat der Karl seine Geschichte vom Elfmetersc­hießen erzählt.“

In seiner langen Schiedsric­hterLaufba­hn leitete Wald mehr als 1000 Spiele. Noch im Alter von 75 Jahren stand er als Schiedsric­hter auf dem Platz. Bis zu seinem Tod im Alter von 94 Jahren sei Wald „geistig topfit“und immer „ein hoch korrekter Mensch gewesen“, erzählt Siegert.

Seit 2013 heißt die Straße hin zum Penzberger Stadion „Karl-WaldStraße“. (dpa)

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