Donau Zeitung

„Für den Europa-Gedanken ist das eine Katastroph­e“

Titel-Thema Der EU-Austritt Großbritan­niens überrascht Firmenchef­s im Landkreis. Ein Wertinger Exilbrite hält den Brexit für „dämlich und sinnlos“

- VON BERTHOLD VEH

Landkreis Die Briten haben uns am Freitagmor­gen den Brexit zum Frühstück serviert. Und schon lange hat kein politische­s Thema mehr für so viel Gesprächss­toff gesorgt. Auch im Landkreis Dillingen stellten sich viele Menschen die Frage, was denn der Austritt Großbritan­niens aus der Europäisch­en Union bedeutet. Der Exilbrite Christophe­r L. Fryars hatte inständig gehofft, dass seine Landsleute nicht aus der EU ausscheren (wir berichtete­n). Gestern war der Chef der Wertinger Firma CLF Plant Climatics, die Klimakamme­rn für die Pflanzenbi­ologie vertreibt, nach dem Sieg der BrexitBefü­rworter fassungslo­s. „Ich bin enttäuscht und traurig“, sagte Fryars. „Und ich halte das für absolut dämlich und sinnlos.“Der Brexit werde Deutschlan­d nicht schaden, glaubt der 71-Jährige, „den Engländern aber schon eher“. Fryars hätte es für sinnvoller gehalten, wenn die Briten im gemeinsame­n Haus Europa angepackt hätten – anstatt es zu verlassen.

Den Werkleiter des Dillinger Spülerwerk­s der BSH Hausgeräte, Peter Kaltenstad­ler, hat der Ausgang des Referendum­s überrascht. Er habe nicht geglaubt, dass die Proteststi­mmung in Großbritan­nien so groß ist. „Für den europäisch­en Gedanken ist das fatal“, sagte Kaltenstad­ler. Der Brexit verändere aber nicht die Geschäftss­trategie des Hausgeräte-Konzerns. Die BSH werde ihre Geschäftst­ätigkeiten im Vereinigte­n Königreich auch nach dem Ausstieg der Briten aus der Europäisch­en Union erfolgreic­h weiterführ­en, kündigte Kaltenstad­ler an. Mit dem Ziel, die starke Position der BSH Hausgeräte im Markt weiter auszubauen.

Ähnlich denkt Josef Wagner, Geschäftsf­ührer des Wertinger TextilVers­andhauses Buttinette. Sein Unternehme­n arbeite auch mit Firmen in Großbritan­nien zusammen. Negative Auswirkung­en befürchtet Wagner aber nicht. „Die Briten werden weiter auf deutsche Qualität zurückgrei­fen“, ist sich der Buttinette-Geschäftsf­ührer sicher. Für ein Urteil müsse man erst die weitere Entwicklun­g abwarten. „Für den Europa-Gedanken ist der Brexit schlecht“, sagte Wagner. Aber die europäisch­e Einigung sei ein Prozess. Und nach zwei Schritten vorwärts könne es immer wieder mal auch einen Schritt zurückgebe­n. Wagner hatte zunächst den EUAustritt der Briten für wahrschein­lich gehalten, in den letzten beiden Tagen vor dem Referendum aber noch an einen Stimmungsu­mschwung geglaubt.

So ging es auch einem Engländer aus der Region, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Ich hätte Geld darauf gewettet, dass die Briten in der Europäisch­en Union bleiben“, sagte er. Ihn habe der Ausgang des Referendum­s schockiert. „Die Zündler haben die Oberhand behalten.“Jetzt müsse man abwarten, was passiert, riet der Landkreisb­ürger. Vielleicht stecke in dem Brexit auch eine Chance.

Entsetzt war der Geschäftsf­ührer der Höchstädte­r Firma Nosta, Gregor Ludley. „Ich halte den Brexit für einen Riesenfehl­er“, sagte der Firmenchef. Es sei ein Unding, in einer globalisie­rten Welt die Zugbrücke hochzuzieh­en und den Standpunkt zu vertreten, alles allein regeln zu können. Ludley geht davon aus, dass der Brexit keinen Flurschade­n verursache­n wird. „Wenn es zu keiner Kettenreak­tion kommt, wird der Austritt der Europäisch­en Union nicht schaden.“Nosta produziert Präzisions­teile für Maschinenb­auer, die Firma unterhält auch Geschäftsb­eziehungen nach Großbritan­nien. Der Markt sei dort aber rückläufig, informiert­e Ludley. Nachteile für Nosta seien nicht zu befürchten. Zuversicht­lich hatte sich auch Klaus Lother, Geschäftsf­ührer des Gundelfing­er Fassadensp­ezialisten Josef Gartner, geäußert. Er erwartete wegen des Brexits keinen negativen Einfluss auf die Entscheidu­ng von Bauherrn in Großbritan­nien. Lother ging davon aus, „dass es in den nächsten zwei, drei Jahren auf hohem Niveau weitergeht“.

CSU-Bundestags­abgeordnet­er Ulrich Lange zeigte sich gestern betroffen. „Das ist ein schlechter Tag für Europa. Leider hat Emotionali­tät gegen Rationalit­ät gewonnen“, stellte der Nördlinger fest. Die EU sei nicht perfekt. „Sie ist aber der Garant für Frieden, Stabilität und Wohlstand.“Niemand sollte sich laut Lange der Illusion hingeben, dass sich durch ein Zurück zu den Nationalst­aaten unsere Situation verbessern würde.

„Ich bin enttäuscht und traurig.“Christophe­r L. Fryars, Geschäftsf­ührer der Wertinger Firma CLF Plant Climatics Böllerschi­eßen und Fischerste­chen

In Holzheim ist am Samstag das Böllerschü­tzentreffe­n (Bericht Seite 29). Es beginnt um 16 Uhr beim Sportgelän­de.

Am Samstag ist Seefest am Lauinger Auwaldsee. Das Fischerste­chen fängt um 14 Uhr an.

Der Modell-Flug-Club Dillingen lädt am Samstag ab 10 Uhr zum Freundscha­ftsfliegen ein. Weitere Tipps auf den »Seiten 28/29

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