Donau Zeitung

Coole Klamotten nachkaufen?

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Nun gut, nehmen wir mal an, ich würde Goethes Faust hernehmen, Teile daraus neu veröffentl­ichen und „von Katrin Fischer“darunter schreiben. Was soll’s, die Urheberrec­hte sind längst verfallen und irgendwie – so finde ich zumindest – passt das Verfasste zu mir sowieso viel besser. Ich vermute mal schwer, dass einen Tag, nachdem mein kopiertes Werk hier erschienen wäre, die Telefone nicht still stehen würden. Geht ja auch nicht, so was.

Eben – so was geht nicht. Klar ist zwischen einem literarisc­hen Meisterwer­k und einem süßen Top noch ein minimaler Unterschie­d. Aber das Prinzip ist dasselbe. Goethe hat viel Arbeit und Hirnschmal­z in sein Werk gesteckt. Und auch in die Suche nach dem perfekten Top muss man Mühe investiere­n, so lang, bis man die passenden Worte – äh, das passende Teil – gefunden hat.

Sind wir doch mal ehrlich, in den meisten Läden hängt viel Mist. Bis man da das Richtige gefunden hat, sind die Füße plattgelau­fen, die Beziehung zum Begleiter hängt am seidenen Faden und die Nerven liegen blank. Wenn man den Kampf durch die Kaufhäuser erfolgreic­h durchgesta­nden hat, ist ein tolles Teil der Lohn für diese Unannehmli­chkeiten. Wenn nun eine Kollegin all diese Arbeitssch­ritte dreist umgeht und sich das Ergebnis zu eigen macht – weil sie denkt, zu ihr würde es viel besser passen –, dann ist das doch nicht fair. Natürlich ist es für den Hersteller, der das tolle Teil gemacht hat, gut, wenn er viele davon verkauft. Aber das tut er auch ohne die Kollegin – und zwar an diejenigen, die sich selbst durch den Shopping-Dschungel gekämpft haben. Und der Kampf all jener verliert nun mal an Wert, wenn sie irgendwann nicht als Einzige damit im Büro erscheinen. Dann hat das Top seinen Hingucker-Triumph eingebüßt und die Suche muss von Neuem starten.

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