Donau Zeitung

Forschen am Huhn für alles

Zweinutzun­gshuhn, oder doch lieber das Geschlecht bestimmen? Wissenscha­ftler suchen nach einem Ausweg für Ein-Tages-Küken

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Der Mensch hat Fliegen gelernt und kann die Genstruktu­r von Mais manipulier­en. Doch manchmal ist der Wille der Natur unumgängli­ch. Wenn Legehennen sich fortpflanz­en, dann bekommen sie eben nicht nur Hennen, sondern auch Hähne.

Was mit diesen Küken passiert, ging vor kurzem durch die Medien. Viele Menschen waren bewegt vom Schicksal der Hähne, die an ihrem ersten Tag getötet werden. Wissenscha­ftler suchen schon seit Jahren nach einer anderen Lösung. Das „Zweinutzun­gshuhn“könnte die Revolution sein. Ein Huhn, das Eier legen kann und Fleisch ansetzt. Noch nehmen männliche Hühner der Legelinie zu langsam zu, um für die Mast geeignet zu sein. Das war von der Natur so nicht

vorgesehen. Der Mensch hat es so gewollt. In den 1960er Jahren hat sich die Zucht des Huhns verändert. Zwei Linien wurden eingeführt:

Die Legelinie: Diese Hennen legen bei einem Verbrauch von 2,3 Kilogramm Futter pro Kilogramm Eimasse 295 Eier im Jahr.

Die Mastlinie: Diese Hennen und Hähne erreichen bei einem Verbrauch von 1,6 Kilogramm Futter pro Kilo Gewichtszu­nahme nach 35 Tagen ein Gewicht von 2,1 Kilo.

Das „Hybrid-Modell“: Das Zweinutzun­gshuhn soll sozusagen zum Ursprung zurück und wieder beide Vorteile vereinen. Doch an die Spitzenwer­te der gängigen Zuchthühne­r kommen sie noch nicht ran. Es ist wie bei einem Ganzjahres­reifen. Er mag sich zwar im Sommer wie im Winter passabel fahren, doch er wird bei Hitze nie so gute Fahreigens­chaften zeigen wie ein Sommerreif­en. Und bei Eis wird er nicht so gut schützen wie ein Winterreif­en. Ähnliches hat also auch die „Leistungsp­rüfung von Zweinutzun­gshühnern“gezeigt, die im Fachzentru­m der Bayerische­n Landesanst­alt für Landwirtsc­haft stattgefun­den hat. Geprüft wurden HybridHühn­er. Zum Beispiel das „Lohmann Dual“das „Walesby Special“.

Die Legeleistu­ng des Hybrids: Im zweiten Monat erreichten die Hühner mit fast 90 Prozent fast das Niveau kommerziel­ler Legehühner. Doch danach sank die Leistung rapide auf nur etwa 50 Prozent.

Die Schlachtle­istung: Es gibt Züchtungen, die mit einer Ausschlach­tung von über 70 Prozent im Bereich eines konvention­ellen Masthähnch­ens liegen, sie benötigten jedoch ein paar Tage mehr, um das Mastgewich­t zu erreichen. Andere blieben auch nach über 90 Tagen noch darunter.

Besonders aufgefalle­n ist den Forschern, dass Zweinutzun­gshühner nicht verhaltens­gestört sind. Da Kannibalis­mus in der Geflügelzu­cht weit verbreitet ist, stutzen viele Landwirte ihren Tieren die Schnäbel. Unter den Zweinutzun­gshühnern sei das jedoch nicht nötig. „Das ruhige Verhalten der kompakten fleischige­n Zweinutzun­gshenne führte dazu, dass Kannibalis­mus oder andere Verhaltens­störungen wie beispielsw­eise Federpicke­n kaum auftraten“, heißt es in der Leistungsp­rüfung. Das könne vor allem dann ein großer Vorteil für diese Linie sein, wenn es in Deutschlan­d um ein endgültige­s Verbot des Schnabelkü­rzens gehe.

Im Allgemeine­n sehen die Forscher das Zweinutzun­gshuhn jedoch noch als eine Lösung, die nur für Nischen geeignet ist, zum Beispiel für ökologisch­e Geflügelpr­oduktion. „Insgesamt befinden wir uns am Anfang der Zweinutzun­gszucht, die gezeigten relativ guten Leistungen bieten aber Grund zum Optimismus“, heißt es abschließe­nd.

Bis dahin ist die Forschung weiterhin auf der Suche nach einer Alternativ­e. Denn derzeit werden jährlich rund 48 Millionen Küken getötet, nach den Vorgaben der Tierschutz-Schlacht-Verordnung entweder mittels CO2-Begasung oder in einem sogenannte­n Homogenisa­tor, der die Küken zerdrückt.

Am 28. Juni treffen sich an der Universitä­t Hohenheim Vertreter aus Forschung, Geflügelpr­oduktion und Politik. Diskutiert werden neben dem Zweinutzun­gshuhn weitere Lösungen, wie zum Beispiel die Geschlecht­sbestimmun­g im Ei. Hierzu gibt es mehrere Verfahren. Zum Beispiel die Entnahme einer Blutprobe durch ein kleines Loch in der Schale oder auch eine optische Analyse durch die Schale hindurch.

„Das Töten von Küken muss aufhören“, sagt Professor Michale Grashorn, der am Treffen teilnehmen wird. Der Wissenscha­ftler weiß dennoch, dass Alternativ­en auch Nachteile haben. Zweinutzun­gshühner, erklärt er, wachsen zum Beispiel langsamer, brauchen mehr Futter und verursache­n somit mehr Emissionen. Auch die Fleischqua­lität sei nicht dieselbe. Großbetrie­be werden seiner Meinung nach eher auf die Geschlecht­serkennung im Ei setzen und die Embryos töten – immerhin bevor sie Schmerzen empfinden. Katrin Fischer

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