Der Kaffee-König mit Herz
Porträt Noch-Starbucks-Chef Howard Schultz jagt nicht nur dem Profit hinterher. Er hat auch das Wohl seiner Mitarbeiter im Blick. Das hat mit seinem Vater zu tun
Howard Schultz ist acht, als sein Vater, damals Fahrer für eine Windelfirma, 1961 einen Arbeitsunfall erleidet. Da er keine Krankenversicherung hat, steht die Familie mit drei kleinen Kindern mit einem Mal ohne Einkünfte da, lebt am Existenzminimum. Dieses Erlebnis wird die gesamte Karriere des Starbucks-Chefs begleiten. 55 Jahre später gehört der große schlaksige Mann mit dem breiten Lächeln zu den reichsten Menschen in Amerika und wird gerne als „Kaffee-König“bezeichnet.
Sein Sprungbrett aus dem Leben in der Sozialwohnung in Brooklyn hat allerdings nichts mit Kaffee zu tun. Als Quarterback seiner Football-Mannschaft an der Highschool bekommt Schultz ein Stipendium an der Northern Michigan University, muss später aber einen Kredit aufnehmen, weil er nicht gut genug spielt. 1975 macht er seinen Bachelor-Abschluss in den Fächern Marketing, Rhetorik und Kommunikation. Schultz wird damit der erste Akademiker seiner Familie.
Das Kommunikationstalent sammelt Berufserfahrung und wird 1981 Vizepräsident von Hammerpalast, einem Hersteller von Haushaltsgeräten. Als er dort über den Verkaufsbüchern sitzt, wird er auf die kleine Firma Starbucks aus Seattle aufmerksam, die ungewöhnlich viele Kaffeeautomaten bestellt. Die Firma verkauft zu diesem Zeitpunkt Edelkaffeebohnen und Maschinen. Das Interesse des damals 28-Jährigen ist geweckt. Nach mehreren wird er 1982 dort eingestellt.
Auf einer Italien-Reise hat der künftige Konzernchef schließlich eine „Erleuchtung“, wie der heute 63-Jährige sagt. In den kleinen Kaffee-Bars realisiert er, dass Kaffee kein billiges Aufputschmittel sein muss. Schultz kehrt mit einer Vision zurück: Er will einen dritten Raum neben Arbeit und Zuhause schaffen und einen Kaffee von höchster Qualität als Getränk anbieten. Weil die damaligen Geschäftsführer des Kaffeehauses seine Euphorie nicht teilen, gründet er 1983 eine eigene Kaffee-Bar. Vier Jahre später verkauft der ehrgeizige Schultz den Laden, kauft Starbucks auf und nutzt die Gelegenheit, daraus ein Unternehmen zu machen, das nicht so respektlos mit seinen Mitarbeiten umgeht, wie es damals seinem Vater widerfahren ist. Deshalb haben bei Starbucks auch Teilzeitkräfte eine Krankenversicherung. 2014 verspricht er, die Studiengebühren seiner Angestellten zu bezahlen, die er generell als „Partner“bezeichnet.
Die Politik ist Schultz’ zweites Steckenpferd. Er setzt sich für die Homo-Ehe ein oder lässt seine Baristas mit den Kunden über Rassismus reden. Weshalb die Gerüchteküche nun kocht: Gibt der Vater von zwei inzwischen erwachsenen Kindern im April 2017 seinen Posten auf, um sich in vier Jahren für den Stuhl im Weißen Haus zu bewerben? Schultz verneint. Er bleibt bei Starbucks und widmet sich einem neuen Geschäftsfeld: LuxusKaffeehäuser. Der Kaffee-König selbst trinkt übrigens keine ausgefallenen Kreationen wie den „Lebkuchen Latte“, sondern täglich bis zu fünf Tassen Kaffee mit Milch und Zucker. Julia Sewerin