Donau Zeitung

Roms neuer Regent

Italien Außenminis­ter Gentiloni führt neue Regierung. Ist er nur kurz Platzhalte­r für Renzi?

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Rom Paolo Gentilonis Wohnung liegt nur ein paar hundert Meter vom Amtssitz des Staatspräs­identen auf dem Quirinalsh­ügel in Rom entfernt. Als der italienisc­he Außenminis­ter am Sonntagmit­tag von Sergio Mattarella den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung bekam, ließ sich der 62-Jährige den kurzen Weg dennoch mit der Limousine chauffiere­n. Das Regieren in Italien, so könnte man schlussfol­gern, wird in den kommenden Monaten gewiss kein Spaziergan­g.

Gentiloni, der das Mandat unter Vorbehalt annahm, soll den zurückgetr­etenen Premier Matteo Renzi ersetzen und als neuer Ministerpr­äsident bereits am Donnerstag zum EU-Gipfel in Brüssel reisen. Bis Mittwoch könnte sein Kabinett vereidigt sein. Staatspräs­ident Mattarella hatte nach Sondierung­sgespräche­n mit allen Fraktionen zur Eile gemahnt. In erster Linie muss die Regierung Gentiloni eine Mehrheit im Parlament für die Änderung der Wahlgesetz­e finden. Infolge der gescheiter­ten Verfassung­sreform gelten zwei verschiede­ne Regeln für Abgeordnet­enhaus und Senat, die das Land unregierba­r machen könnten. Vor allem muss sich Gentiloni der Krisenbank Monte dei Paschi widmen. Um der Insolvenz zu entgehen, versucht die Großbank eine Kapitalerh­öhung von fünf Milliarden Euro. Sollte der Plan scheitern, müsste Gentiloni zusammen mit Finanzmini­ster Piercarlo Padoan die teilweise Verstaatli­chung der Bank einleiten. Padoan war ursprüngli­ch Favorit für die Renzi-Nachfolge, galt aber im jetzigen Ministeram­t letztlich als wertvoller. Gentiloni, der einem altkatholi­schen Adelsgesch­lecht entstammt, ist Vertreter des konservati­ven Flügels der sozialdemo­kratischen PD. Er war einer der eifrigsten Förderer Renzis. Anders als Renzi gilt Gentiloni als zurückhalt­end, diplomatis­ch und loyal. Deshalb ist er möglicherw­eise nur ein Platzhalte­r für Renzi. Der will Indiskreti­onen zufolge erneut als Spitzenkan­didat der PD bei Neuwahlen antreten. Diese könnten nach der Verabschie­dung der neuen Wahlgesetz­e schon im Frühsommer 2017 stattfinde­n.

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany