Fließt baldAtomstromausdemAusland?
Studie Die Industrie in unserer Region befürchtet, dass die Versorgungssicherheit leidet, wenn die Atomkraftwerke bald vom Netz gehen. Denn dann muss Energie importiert werden
Augsburg Knapp die Hälfte der Unternehmen in Schwaben fürchtet stark steigende Strompreise, wenn die Energiewende vollzogen wird. Diese würden unweigerlich steigen, wenn das letzte Atomkraftwerk in Deutschland 2022 endgültig vom Netz geht und der Ausbau der Übertragungsnetze bestenfalls bis 2025 abgeschlossen sein wird, warnt die Industrie- und Handelskammer Schwaben. Die Kammer hat deshalb untersuchen lassen, wie es um die Versorgungssicherheit in der Region im Jahr 2023 steht. Das Ergebnis: War Schwaben bisher in seiner Energieversorgung selbstständig, wird es 2023 sehr stark von Stromimporten abhängen. Und Import kostet.
Derzeit produzieren die konventionellen Kraftwerke in Schwaben deutlich mehr Strom, als benötigt wird, nämlich 142 Prozent der zu deckenden Last. Nach 2022 werden es nur noch sechs Prozent sein. In besonders kritischen Stunden, wenn die unbeständigen erneuerbaren Energien keinen Beitrag leisten können, wird die Region 2023 mehr als die Hälfte ihres Stromverbrauchs über Importe aus den Nachbarregionen, vor allem aus Baden-Württemberg, Österreich und anderen Teilen Bayerns decken müssen.
Dass der Strom in diesen Regionen auch produziert wird, ist damit aber nicht gesagt. Der Strom könnte ebenso aus den Atomkraftwerken in Frankreich oder Tschechien kommen. Da Schwaben momentan viel Energie exportiert, stehen immerhin genügend Netze für den Import bereit. „Die Kapazität ist da“, sagt Hartmut Wurster, stellvertretender Präsident der Industrie- und Handelskammer Schwaben. „Sie ist aber nicht kostenoptimiert“, warnt er.
Der weitere Ausbau des Netzsystems werde deshalb eine wichtige Rolle spielen. Und auch wenn die Studie besagt, dass die Netzkapazität in der Region für das Jahr 2023 ausreicht, bleibe der Bau von Stromleitungen, die Energie aus dem Norden Deutschlands in den Süden leiten, unabdingbar: „Die Leitungen sind zwingend notwen- dig“, sagt Wurster und denkt schon weiter als 2023. „Der Ausbau der Netze ist die Voraussetzung für die Nutzung umweltfreundlicher und bezahlbarer Energie.“
Die Handhabung der Energiewende ist Albert Schultz, Geschäftsführer der Firma Magnet-Schultz mit Sitz in Memmingen, ein Dorn im Auge. Grundsätzlich steht er positiv zu erneuerbaren Energien, doch die Entscheidung der Politik, die Atomkraftwerke abzuschalten, bevor effektive Alternativen verfügbar sind, findet er „grob fahrlässig“. Er geht davon aus, dass die Energiewende in Deutschland den europaweiten CO2-Ausstoß sogar noch anheben wird. Zudem kritisiert er, dass sich große Teile Deutschlands in Abhängigkeit von Energieerzeugern und Netzbetreibern aus dem Ausland begeben – und das, bevor es überhaupt eine europaweite Abstimmung der Energiepolitik gibt. Würde eine Einigung gelingen, würde das eine Einsparung von bis zu 34 Gigawatt Leitung erlauben, was etwa 20 Atomkraftwerken in ganz Europa entspricht, sagt er.
Er kritisiert außerdem die EEGSubventionen. EEG steht dabei für das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Diese Zahlungen würden Unternehmen in ihren Investitionstätigkeiten bremsen und in Krisenzeit Arbeitsplätze kosten, sagt Schultz. Da die Energiewende demokratischer Wille sei, finde er, dass auch die öffentlichen Haushalte für die notwendigen Subventionen aufkommen müssten. Er zieht seine Schlüsse: „Wir werden die Energiepolitik bezüglich ihrer Versorgungssicherheit und Kostenentwicklung kritisch beobachten und in zukünftige Investitionsentscheidungen mit einbeziehen“, sagt er. Mit Standorten in der Schweiz, den USA und China habe das Unternehmen Alternativen zu Schwaben. War die Region bisher ein wichtiger Investitionsstandort, könnte sich die Industrie bald nach Standorten umschauen, die stabilere Konditionen bieten.
Unternehmen warnen vor steigenden Preisen