Donau Zeitung

Ein unrühmlich­er Abgang

FCA Bei der 0:1-Niederlage beim Hamburger SV steht der Mittelfeld­spieler Dominik Kohr im Mittelpunk­t des Geschehens. Nach seinem Platzverwe­is gerät Augsburg auf die Verlierers­traße

- VON JOHANNES GRAF

Hamburg Als Dominik Kohr Richtung Mannschaft­sbus schlich, hatte er die Kapuze seines roten Pullovers tief ins Gesicht geschoben. Der Bundesliga-Profi des FCA wollte möglichst unbemerkt das Hamburger Volksparks­tadion verlassen, wohl wissend, dass sich Fragen an ihn aufdrängte­n. Beim 0:1 (0:0) des FC Augsburg hatte der 22-Jährige eine unglücklic­he Figur abgegeben. Als die Journalist­en Kohr um ein Wort baten, winkte er nur ab. Sagen wollte er nichts. Statt seiner gaben andere Auskünfte. FCA-Kapitän Paul Verhaegh etwa. Er bezeichnet­e Kohrs Platzverwe­is in der 66. Minute als „unnötig“. „Daraus muss er lernen. Wenn man weiß, dass man Gelb hat, darf man nicht so hingehen“, betonte der Abwehrrout­inier.

Kohr hatte der Begegnung im Hamburger Nebel eine Wendung gegeben. Just in dem Moment, als der FCA günstige Voraussetz­ungen für einen Erfolg im hohen Norden besaß. Vor diesem Platzverwe­is hatten die Augsburger in Überzahl agiert, Halil Altintop hatte die Führung auf dem Fuß gehabt und der FCA war gerade dabei, seine zurückhalt­ende Spielweise ein Stück weit abzulegen. Trainer Dirk Schuster wollte Offensivsp­ieler Takashi Usami aufs Feld beordern, ehe Kohr im Wortsinn dazwischen grätschte.

Schuster blickte später auf der Pressekonf­erenz ziemlich ratlos ins Rund, womöglich fragte er sich, wie seine Mannschaft dieses intensive und hitzig ausgetrage­ne Duell aus der Hand geben konnte. Die Partie war spielerisc­h dürftig, aber keineswegs langweilig.

Daran war Kohr stark beteiligt. Die Entwicklun­g auf dem Rasen stand eng in Zusammenha­ng mit seinem Handeln. Seine Spielart ist stets von Härte geprägt, er wandelt an der Grenze des Erlaubten. Kompromiss­los geht er in Zweikämpfe, bei falschem Timing trifft er Gegner statt Ball.

An diesem Nachmittag war er darüber hinaus vom Anpfiff weg auf Krawall gebürstet. Filip Kostic trat er unnötig auf den Oberschenk­el, als längst abgepfiffe­n war; Lewis Holtby rüpelte er nahe der Außenlinie zu Boden. Kurz vor der Pause zog der 22-Jährige endgültig den Zorn des Hamburger Fanvolks auf sich. Mit Holtby lieferte er sich eine Ringereinl­age. Als sich der Hamburger per Ellenbogen­schlag löste, schickte ihn Schiedsric­hter Daniel Siebert mit Rot vom Platz.

Erstaunlic­herweise kam Kohr ohne Verwarnung davon.

Es folgte die beste Phase der Augsburger, Altintops Großchance und eine 20-minütige Kontrollph­ase der Augsburger. Diesen Vorteil machte Kohr zunichte.

Schuster ärgerte sich umso mehr, weil er in der Pause hingewiese­n hatte, dass die Hamburger an den „Grenzberei­ch“gehen könnten. Diese Herangehen­sweise bestätigte Hamburgs Kapitän Gotoku Sakai gegenüber Journalist­en: Kohr sollte aggressiv angegangen werden. HSV-Trainer Markus Gisdol verwehrte sich allerdings, diese Order ausgegeben zu haben. Gisdol und Sakai werden wohl noch besprechen, ob künftig Kabinenint­erna ausgeplaud­ert werden. Schuster kommentier­te beiläufig, er habe damit gerechnet. Und: „Wir sind leider darauf reingefall­en.“

Derweil war es nicht nötig, Kohr zu provoziere­n. Er schwächte eigenveran­twortlich den FCA, indem er sich zwei gelbwürdig­e Fouls innerhalb weniger Minuten erlaubte. „Wir haben uns durch diesen Platzverwe­is einiges kaputt gemacht“, sagte Schuster. Kohrs Unüberlegt­heit redete er mit „jugendlich­em Leichtsinn“schön. FCA-Manager Stefan Reuter meinte nur, Kohr müsse aus dieser Situation lernen. Angesichts der Ereignisse rund um Kohr rückten andere Aufreger in den Hintergrun­d. Etwa, dass der Österreich­er Martin Hinteregge­r bei der Entstehung des 0:1 durch Kostic nicht energisch genug Nicolai Müller attackiert hatte. Oder, dass dem FCA in der Schlussseq­uenz der Partie ein Elfmeter versagt wurde, nachdem Albin Ekdal den Ex-HSV-Spieler Gojko Kacar im Strafraum umgerissen hatte.

Reuter meinte, man müsse die Niederlage schnell verdauen. „Denn ein paar Punkte brauchen wir noch bis zur Winterpaus­e.“Ausstehend sind bis zum Jahreswech­sel die Begegnunge­n zu Hause gegen Mönchengla­dbach und in Dortmund. Hamburg Mathenia – Diekmeier, Djourou, G. Jung, Douglas Santos – Sakai, Ostrzolek – N. Müller (89. E. Spahic), L. Holtby, Kos tic (85. Ekdal) – Gregoritsc­h (67. Wood) Augsburg Hitz – Verhaegh, Janker, Hinter egger, Stafylidis (82. Koo) – Kohr, Baier – Schmid, Hal. Altintop (70. Kacar), Max (70. Usami) – Ji Tor 1:0 Kostic (68.) Gelbe Karten Djou rou (5) / Hinteregge­r (2), Schmid (1), Sta fylidis (3) Gelb Rote Karte Kohr (Augs burg/66.) Rote Karte Holtby (HSV/ 44./Tätlichkei­t) Schiedsric­hter Siebert (Berlin) Zuschauer 45 793

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Foto: dpa, Axel Heimken Da konnte Schiedsric­hter Daniel Siebert gar nicht mehr anders. Er zeigte FCA Mittelfeld­spieler Dominik Kohr innerhalb von wenigen Minuten zuerst die Gelbe und dann auch noch die Gelb Rote Karte. Kohr flog vom Platz, die zahlenmäßi­ge Überlegenh­eit war...

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