Das ist nicht Wurst!
Essen Wo kein Fleisch drin ist, soll auch kein Fleisch draufstehen, finden Union und SPD. Aber auch Hersteller wollen endlich Klarheit
Augsburg Ist ein Schnitzel ein Schnitzel, wenn gar kein Fleisch drinsteckt? Und ist ein „vegetarischer Fleischsalat“nicht ein Widerspruch in sich? Über diese ernährungsphilosophischen Fragen berät der Bundestag am morgigen Freitag. Union und SPD fordern in einem Antrag „Klarheit und Wahrheit“bei Veggie-Wurst und Co. „Der Verbraucher muss erkennen können, was er wirklich isst“, sagt die stellvertretende Unionsfraktionschefin Gitta Connemann. Produkte wie vegetarischer Fleischsalat seien „eindeutig eine Mogelpackung“. Auch die Fleischindustrie blickt argwöhnisch auf die Konkurrenz und pocht auf eine klare Kennzeichnung der vegetarischen Produkte.
Die Hersteller bewerben ihre Produkte gerne damit, dass sie schmecken und aussehen wie „richtige“Fleischerzeugnisse. Und sie wollen „Fleischbegriffe“auch weiterhin verwenden dürfen, betont Godo Röben von der Firma Rügenwalder Mühle. Das niedersächsische Familienunternehmen fordert mit anderen Herstellern eine Klarstellung, wann Produkte wie bezeichnet werden dürfen. Rügenwalder setzte 2014 als erstes großes Unternehmen auf fleischlose Produkte. Die Idee zu vegetarischen Schnitzeln, Frikadellen und Würstchen kam von Marketingchef Röben selbst. Er erklärt den Erfolg so: „80 Prozent der Vegetarier mögen laut einer Befragung eigentlich den besonderen Fleischgeschmack, essen aber vor allem aus Sorge um das Tierwohl keine Wurst oder kein Fleisch“, sagt er. „Und genau hier setzen wir mit unserer Veggie-Linie an.“Bisher habe sich kein Kunde beschwert, weil er vegetarische mit echter Wurst verwechselt habe.
Rügenwalder garantiert, dass dort, wo vegetarisch oder vegan draufsteht, auch keine tierischen Stoffe enthalten seien. Denn auch hier fordern Union und SPD klare Vorgaben. Als vegan beworbene Produkte würden oft trotzdem Zusatzstoffe, Aromen und Vitamine tierischen Ursprungs enthalten, die nicht ausgewiesen werden müssen.
Eine einheitliche Regelung, wann Produkte vegan oder vegetarisch heißen dürfen, gibt es nicht. „Immer mehr Menschen greifen zu veganen und vegetarischen Fertigprodukten“, sagt Elvira DrobinskiWeiß, ernährungspolitische Sprecherin der SPD. „Wir wollen, dass sie sich darauf verlassen können, dass auch die verwendeten Zusatzstoffe und Aromen vegan oder vegetarisch sind.“Ist das nicht der Fall, sollte das auf der Verpackung klargemacht werden.
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