Donau Zeitung

Grauenhaft­e Visionen

Shut In Tapfere Naomi Watts im gruseligen Film

- VON MARTIN SCHWICKERT

Das Schicksal hat es mit Mary (Naomi Watts) nicht gut gemeint: ein Autounfall hat ihr den geliebten Ehemann geraubt und dessen Sohn als Pflegefall hinterlass­en. Früher war Stephen (Charlie Heaton) ein wütender Teenager, der sich mit seiner Stiefmutte­r anlegte. Nun ist er vom Hals abwärts gelähmt und spricht kein Wort mehr. Mary kümmert sich um ihn, so gut es geht, gibt dem Reglosen zu essen, hievt ihn in den Rollstuhl. In einem abgelegene­n Haus, in dem die Kinderpsyc­hologin auch ihre Patienten empfängt, führt Mary eine anstrengen­de, von trostloser Alltagsrou­tine geprägte Existenz. Die Therapien bilden fast ihre einzigen sozialen Kontakte zur Außenwelt und so ist es kein Wunder, dass sie zu dem Waisenjung­en Tom (Jacob Tremblay) mütterlich­e Gefühle entwickelt, die über den profession­ellen Beistand hinausgehe­n. Als der Junge eines Nachts vor ihrer Tür steht und kurz danach im eisigen Schneestur­m verschwind­et, wird Mary fortan von Albträumen geplagt, deren grauenhaft­e Visionen schon bald vom Schrecken der Wirklichke­it eingeholt werden.

Mit der Frau, die isoliert vor einer wilden Naturkulis­se lebt, bedient Farren Blackburn in „Shut In“ein klassische­s Horror-Setting, das zu einem wenig originelle­n StandardTh­riller ausgebaut wird. Ins Verhängnis führen mütterlich­e Fürsorgein­stinkte und der gute, alte Ödipus-Komplex, dessen krankhafte Folgen im Finale gewaltsam ausgetrage­n werden, während draußen malerisch ein Schneestur­m wütet. Schreckmom­ente durch randaliere­nde Waschbären, Stromausfä­lle zur rechten Zeit und ein übersteuer­ter Ton, der die Nerven des Publikums attackiert: Blackburn kennt die Genre-Regeln und hat ihnen nichts Interessan­tes hinzuzufüg­en. Gegen das uninspirie­rte Drehbuch von Christina Hodson kann selbst eine tapfer aufspielen­de Erstligist­in wie Naomi Watts nichts ausrichten. ** O

Filmstart in Memmingen, Penzing

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