Wann ist ein Kind reif für die Schule?
Bildung Neuer Test ermittelt den Wissensstand von Vorschülern. Ein wichtiger Grundstein wird zu Hause gelegt
Würzburg Stichtag in Bayern ist der 30. September: Kinder, die vor diesem Datum sechs Jahre alt werden, können problemlos eingeschult werden. Für alle anderen stellt sich die Frage nach einer „vorzeitigen Einschulung“. Die Eignung dafür lässt sich jetzt mit dem Würzburger Vorschultest (WVT) feststellen.
Psychologen der Universität Würzburg unter Leitung von Professor Wolfgang Schneider haben ein neues, bundesweit beachtetes Testverfahren entwickelt, das den Kenntnisstand eines künftigen Schulkindes ermitteln soll. Dafür wurden 417 Kinder aus mehreren Bundesländern zwischen 2012 und 2015 in eine wissenschaftliche Studie einbezogen.
„Es gibt deutschlandweit verschiedene standardisierte Vorschultests, allerdings sind viele nicht mehr zeitgemäß“, sagt Schneider. Insofern verwundere es nicht, dass Eltern nach einem solchen Vorschultest häufig verunsichert seien. Seien die Ergebnisse eines solchen Tests sehr weit von der eigenen Einschätzung, der der Erzieherinnen und der zuständigen Kinderärzte entfernt, dann komme es auch zu verärgerten Reaktionen. Das will das Würzburger Team mit seinem Verfahren vermeiden.
Welchen aus einer Vielzahl an Schulfähigkeits-Tests Vorschulkinder absolvieren müssen, entscheiden die Schulpsychologen. Allen gemeinsam sind Aufgaben zu Logik, Konzentration und Motivation. Die Teilnehmer müssen auch Symbole erkennen und grundlegende Mathematik-Kenntnisse beweisen. Um die Leistungen einzuordnen, vergleicht man sie mit denen einer Gruppe Gleichaltriger, die dieselben Aufgaben gelöst haben. Damit ein möglichst genaues Ergebnis zustande kommt, würden allerdings auch die bestehenden Aufgaben regelmäßig überprüft, wie der Schulpsychologe Konrad Haas erklärt. „Die Tests sollten maximal zehn Jahre genutzt werden.“Denn die Sprache und die Lebenswelt der Kinder ändern sich ständig.
Viele könnten zum Beispiel dem Begriff „Schreibmaschine“heute kein Bild mehr zuordnen. „Das liegt dann nicht an ihren Fähigkeiten, sondern daran, dass sie das Wort einfach nicht kennen und auch nicht
Sinn Der Würzburger Vorschultest (WVT) eignet sich zur Beantwortung der Frage, ob ein Kindergartenkind ge nügend Grundlagen für die Schule hat. Er berücksichtigt mehr Leistungs merkmale als bisherige Tests.
Inhalt Um Schreib und Lesekompe tenzen zu prognostizieren, erfasst der WVT zum Beispiel Buchstaben kenntnis, Satzverständnis und grammatikalische Fähigkeiten. Um die spätere Entwicklung in Mathematik vorhersagen zu können, werden unter wissen, wie eine Schreibmaschine aussieht“, sagt Haas, der als Schulpsychologe an der Realschule Schwabmünchen (Landkreis Augsburg) arbeitet und als Experte für die Testverfahren gilt. „Bei einem Telefon mit Wählscheibe wäre es genauso. Ein Smartphone aber erkennen die Kinder sofort.“
Der Fokus beim Thema Schulfähigkeit richtet sich den Würzburger Forschern zufolge auch auf die sogenannten „Kann-Kinder“– die, die vom Alter her gerade so in die Schule gehen können, also kurz vor dem Stichtag geboren sind. „Es spielen viele Faktoren in den Begriff Schulreife hinein“, sagt Schneider. Wer als Eltern, Erzieher oder Erzieherin täglich mit Vorschulkindern zu tun habe, wisse, dass es bei manchen Kindern an ganz bestimmten Stellen noch hakt. „Das ist ganz normal, jedes Kind reift anders heran“, sagen die Würzburger Experten.
Deren neuer Test ist in drei Module geteilt, die je 20 Minuten dauern und mit Pausen Schneider zufolge gut zu bewältigen sind. „Durch das Einarbeiten ausreichend schwieriger Einzelaufgaben und Untertests kann der WVT nicht nur Schwächen der Kinder, sondern auch verlässlich deren Stärken herausstellen.“Die Erwachsenen, die den Test mit ihnen unbekannten Kindern durchgeführt hätten, seien zu ähnlichen Ergebnissen gelangt wie deren Erzieherinnen.
Hundertprozentige Sicherheit bieten die Tests nicht. „Sie prüfen die Grundfertigkeiten eines Kindes“, sagt der Schwabmünchner Psychologe Haas. „Das Lernverhalten können sie aber nur zum Teil erfassen – genauso wie die Unterstützung, die ein Kind von den Eltern erfährt. Das sind Unsicherheiten, die über die Schulfähigkeit hinausgehen.“
Der Würzburger Vorschultest