Donau Zeitung

Held am Herd

Interview Der bayerische Starkoch Alfons Schuhbeck zu der Frage, warum Männer, die kochen können, die neuen Super-Typen sind. Und warum er sich an Weihnachte­n bestimmt nicht groß in die Küche stellt

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Immer mehr Männer kochen. Schuhbeck: Das stimmt. Den Trend beobachten wir seit Jahren. Früher, vor 20, 25 Jahren, hatten wir 30 Prozent Männer in unseren Kochkursen. Heute sind es 60 Prozent.

Woran liegt das? Schuhbeck: Ich glaube, dass Kochen eine andere Wertigkeit bekommen hat. Wenn du als Mann heute Golf spielen kannst – o.k. Aber wenn du auch noch kochen kannst, sagen alle: wow, ein Super-Typ! Dabei ist Kochen weit mehr als das Gericht in der Küche. Es setzt eine gewisse Kreativitä­t frei. Und du hast den schnellen Erfolg, das positive Erlebnis, das augenblick­liche Feedback, wenn es allen geschmeckt hat. Nicht so wie in manchem Beruf, wo du monatelang herummurks­t und dann feststells­t: Hoppla, das war nichts, das gibt es ja alles schon.

Was hat sich am Kochen verändert? Schuhbeck: Bei mir ist es so, dass ich ganz stark auf das Thema Gesundheit setze. Das bedeutet vor allem: Gewürze. Gewürze sind für mich Medizin. Ich beschäftig­e in meinem Team seit 15 Jahren einen Arzt, der nichts anderes macht, als wissenscha­ftlich zu ergründen, welche Wirkungen Gewürze haben.

Ein weiterer Trend ist der zur vegetarisc­hen, sogar veganen Küche. Sind die Zeiten barocken Fleischkon­sums vorbei? Schuhbeck: Früher waren wir alle Teilzeit-Vegetarier, oder, wie ich es nenne, Flexitarie­r. Die Sehnsucht nach dem täglichen Stück Fleisch war zwar da, aber wir konnten uns das schlichtwe­g nicht leisten. Es gab vielleicht ein, zwei Mal pro Woche einen Braten oder eine Wurst. Heute ist es so, dass die Medien Fleischkon­sum teils sehr kritisch sehen. Viele Menschen teilen diese Ansicht. Ich meine, dass wir einen Punkt erreicht haben, wo jeder selber entscheide­n soll, welche Ernährung er wählt. Ein Veganer verdient den gleichen Respekt und die gleiche Hingabe in der Küche wie ein Fleischess­er. Alles, was wir Köche tun, müssen wir mit Leidenscha­ft und Disziplin tun. Das ist der Schlüssel. Sie sprühen gerade Ingwer-Wasser in Ihren Kaffee. Ohne Ingwer und seinen Spezl, den Knoblauch, geht es bei Schuhbeck wohl gar nicht. Schuhbeck: Also in den Kaffee gebe ich noch keinen Knoblauch. Es ist halt so: Ingwer und Knoblauch in gleichen Anteilen zusammen führen zu einer 90 Prozent besseren Knoblauchv­erträglich­keit. Du riechst nicht nach Knoblauch und die medizinisc­he Wirkung von beiden Zutaten geht um 50 Prozent nach oben.

Wirklich? Haben Sie das entdeckt? Schuhbeck: Hochkultur­en wussten das schon vor tausenden Jahren. Beim Bau der Pyramiden von Sakkara achtete der Bauherr, ein Universalg­elehrter namens Imhotep, darauf, dass die Sklaven täglich Knoblauch, Rettich und Lauch essen, damit sie nicht krank werden. Der erste Streik der Menschheit­sge- schichte fand im Jahr 2554 vor Christus statt. Als die Sklaven keinen Knoblauch mehr bekamen, hörten sie auf zu arbeiten. Knoblauch bekämpft Viren und Bakterien im Körper. Er erhöht die Fließfähig­keit des Blutes. Knoblauch enthält Vitamin C, B1, B2, B3, B6. Er hat Kalium, Kalzium, Magnesium, Phosphor, Eisen, Zink und Selen. Also eine hochintere­ssante Kombinatio­n.

Das klingt nach einem sehr rationalen, wissenscha­ftlichen Ansatz. Dennoch fällt auf, dass Sie, zumindest in Ihren Sendungen, gerne mit den Zutaten in der Pfanne sprechen. Hilft das? Schuhbeck: Das liegt vielleicht an meinem Werdegang. Ich koche jetzt seit 50 Jahren und habe mich ausgehend von der strengen klassische­n Küche stark verändert, auch emotional geöffnet. Ich hatte schon sehr gute nationale und internatio­nale Stationen hinter mir, aber mein größter Wunsch war es immer, bei Eckart Witzigmann zu arbeiten. Das Problem war nur: Er hatte zehn Köche, und wenn der elfte dazu käme, müsste er selbst die Küche verlassen. Hat er gesagt. Erst als sich einer der Köche beim Fußballspi­elen so verletzt hatte, dass er pausieren musste, konnte ich anfangen. Da hat ein Umdenken bei mir eingesetzt.

Welches Umdenken? Schuhbeck: Ich habe versucht, diese französisc­h inspiriert­e HighLevel-Küche zu regionalis­ieren. Damit war ich der Erste, der vor 33 Jahren einen Stern erhalten hat bei Michelin; den habe ich seither durchgehen­d. Es ist mir wichtig, den Leuten eine Botschaft mitzugeben: Das Regionale, das Saisonale, das Bodenständ­ige hat immer Bestand.

Verstehen die Leute das? Schuhbeck: Immer mehr. Das Verständni­s für die Ernährung und das Kochen wächst, auch durch die vielen TV-Sendungen, durch die Medien. Früher bist du Koch geworden, weil du halt sonst nichts geworden bist. Heute weiß man, dass das ein sehr anerkannte­r, anspruchsv­oller Beruf ist, der viel Talent und Engagement fordert. Und große Opfer.

Dafür sind Köche heute Stars. Es fällt auf, dass ein Großteil der illustren Riege an TV- und Sterneköch­en Männer sind. Woran liegt das? Schuhbeck: Frauen in der Küche schaffen auf jeden Fall ein besseres Klima. Dann benehmen sich die Kerle anständige­r und der Ton ist nicht ganz so rau. Die Köchinnen, die ich kennen lernen durfte, haben manchmal liebevolle­r, filigraner und kreativer gearbeitet als ihre Kollegen. Also an der Qualifikat­ion liegt es nicht. Die Frauen haben aber ein anderes Problem: Wenn sie zwischen 20 und 30 Jahren alt sind, heiratet sie einer. Und dann kommen die Kinder. Mütter können sich aber nicht 18 Stunden täglich in eine Sterneküch­e stellen. Das ist für mich der Hauptgrund, warum Frauen in diesem Bereich leider unterreprä­sentiert sind. In Ihren Sendungen kochen Sie seit 30 Jahren mit Elmar Wepper. Gibt es andere spannende Männerfreu­ndschaften, die in der Küche oder rund ums Kochen entstanden sind? Schuhbeck: Eigentlich hast du in dem Beruf das Manko, dass du viel zu viel arbeitest, um Freundscha­ften wirklich zu pflegen. Ich habe mich immer erst auf den Betrieb konzentrie­rt und dann auf mein Privatlebe­n. Freilich gibt es eine Menge Prominente­r, die mich im Restaurant besuchen. Arnold Schwarzene­gger war gestern da. Er will immer sein Schnitzel und seinen Apfelstrud­el. Oder Bayern-Trainer Ancelotti, zwei Mal die Woche. Der liebt es deftig, Schweinebr­aten, Knödel. Wer schaut noch so vorbei? Schuhbeck: Behalte ich lieber für mich. Andere machen da immer gleich eine Pressemitt­eilung. Ich nicht, weil ich meine, dass diese Leute ihre Ruhe verdient haben. Gut, ein paar Namen kann ich nennen: Robbie Williams, Hugh Grant, John Travolta, Tom Jones, Sean Connery, Thomas Gottschalk. Für den Trump habe ich vor Jahren auch schon gekocht, bei einem Empfang im Weißen Haus. Ach so, der Arnie kommt heute Abend noch mal. Er ist einer der treuesten.

Kochen Sie an Weihnachte­n selbst? Schuhbeck: Nein, das tue ich mir nicht an. Ich bin es gewohnt, dass es zu Hause zum Fest ganz einfache Dinge gibt, vielleicht eine ein bisschen

flüssigkei­t in einem Blitzhacke­r pürie ren (ca. 200g).

Die Gelatine in kaltem Wasser einwei chen, ausdrücken und im warmen Bratap felpüree auflösen.

Das Eigelb mit Puderzucke­r und Zitro nensaft hellschaum­ig aufschlage­n, mit dem Bratapfelp­üree vermischen und lauwarm auskühlen lassen.

Die Sahne cremig schlagen, das Eiweiß mit dem Zucker cremig schlagen und zu sammen mit der Sahne unter die Bratap felmasse heben.

In Portionsfö­rmchen füllen und zuge deckt 2 Stunden in den Kühlschran­k stel len. aufgemotzt­e bayerische Brotzeit, wo sich jeder hinsetzen kann und nehmen kann, was er will. Das finde ich am besinnlich­sten, bevor alle gestresst durcheinan­derrennen und sagen: Das war wieder ein Scheiß-Weihnachte­n heuer! Ich arbeite an Heiligaben­d sowieso bis 18 Uhr durch.

Warum überhaupt der ganze Aufwand? Sie sind 67, im Rentenalte­r. Schuhbeck: Ich bin nicht im Rentenalte­r. Ich bin in der Jugend meines Alters. Mit 90 mache ich halbtags. Außerdem finde ich es wichtig, dass du nicht von einem Tag auf den andern aufhörst. Wenn du keine Entscheidu­ngen mehr treffen kannst, wie du es gewohnt bist, fällst du in ein Loch. Dann triffst du dich nur noch mit ein paar Spezln auf ein Glaserl und redest von der Vergangenh­eit. Aber wer nur von der Vergangenh­eit redet, hat mit der Zukunft nichts mehr zu tun. Nein, man braucht schon seine Ziele. Ich mache jetzt da vorne einen Müsli-Laden auf, einen richtig gescheiten.

Na dann viel Erfolg! Was dürfen wir Ihnen noch wünschen zum Fest? Schuhbeck: Gesundheit. Und gute Gedanken. Gute Gedanken heilen.

Interview: Tobias Schaumann

O

Alfons Schuhbeck, Jahrgang 1949, gehört zu den bekanntest­en deutschen Köchen. Er tritt in vielen TV Sendungen auf, etwa sonntags im Bayerische­n Fernsehen. Seine Kochbücher sind Bestsel ler. Der Sitz seines weitverzwe­igten Gastronomi­e Unternehme­ns befindet sich am Platzl in München. Schuhbeck ist Vater von vier Kindern.

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Fotos: Fred Schöllhorn (3), Ulrich Wagner (3), Tobias Schaumann, Fotolia In einem Kochkurs in Augsburg lernen ambitionie­rte Männer von Meisterköc­hin Nadia Sa gona (viertes Bild von links), wie man Pastateig zubereitet und überhaupt so richtig gut kocht. Das muss Alfons Schuhbeck (fünftes Bild von links) niemand mehr...
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