Donau Zeitung

Teilzeitar­beit soll attraktive­r werden

Reform Regierung will für Millionen Betroffene mehr Rechte schaffen. Vor allem Frauen sollen aus dem Risiko einer Karrierefa­lle befreit werden

- VON ALEXANDRA SCHNEID

Augsburg Es ist eines der letzten offenen großen Verspreche­n aus dem Koalitions­vertrag, den Union und SPD zu Beginn ihrer Regierungs­zeit geschlosse­n hatten: Die Teilzeitar­beit soll vor allem zugunsten von Millionen Arbeitnehm­erinnen reformiert werden. Denn wie selbst Experten der Bundesagen­tur für Arbeit einräumen, sind Teilzeitjo­bs insbesonde­re für Frauen eine Karrierefa­lle mit Konsequenz­en für das gesamte Berufslebe­n. Ein Massenprob­lem – denn rund die Hälfte der über 14 Millionen berufstäti­gen Frauen in Deutschlan­d arbeitet in Teilzeit-Arbeitsplä­tzen.

Laut dem Institut für Arbeitsmar­ktund Berufsfors­chung, IAB, hat ein großer Teil der Betroffene­n Probleme, wieder in Vollzeit zurückzuke­hren: „Mehr als ein Drittel der Frauen in Teilzeit möchte mehr arbeiten“, sagt IAB-Experte Enzo Weber. Aber viele bekämen keine entspreche­nde Stelle, erklärt der Wirtschaft­sprofessor. Eine weitere Karrierebr­emse sei, dass für Teilzeitbe­schäftigte in Betrieben oft keine Möglichkei­ten angeboten werden, sich weiterzubi­lden.

In der Präambel des Koalitions­vertrags von 2013 versprache­n Union und SPD Frauen „das Recht, aus einer Teilzeitbe­schäftigun­g wieder in eine Vollzeitst­elle zurückzuke­hren“. Während die Frauenquot­e in Aufsichtsr­äten nach breiter Debatte 2015 beschlosse­n wurde, blieb es um das Millionen Menschen betreffend­e Thema Teilzeit still. Im Frühjahr protestier­ten der Deutsche Gewerkscha­ftsbund und Frauenverb­ände für die Einhaltung des Koalitions­verspreche­ns. Auch die Opposition hat das Thema erkannt. „Man kann nicht über den Fachkräfte­mangel klagen und Frauen die Möglichkei­t nehmen, mehr zu arbeiten“, sagt die Grünen-Arbeitsmar­ktsprecher­in Brigitte Pothmer. „Das ist eine ungeheure Vergeudung von Ressourcen.“ Das Problem habe sich sogar noch verschärft, kritisiert die Abgeordnet­e: „Immer mehr Frauen arbeiten immer weniger Stunden. Das führt in die Altersarmu­t.“

Nun kommt Bewegung in die Debatte: Nach Informatio­nen unserer Zeitung hat SPD-Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles jetzt einen Gesetzentw­urf fertiggest­ellt, der sich „in der Frühkoordi­nierung im Bundeskanz­leramt“befindet. Allerdings ist offen, was von Nahles’ Reformplän­en übrig bleibt, wenn der Entwurf durch die Abstimmung der anderen Ministerie­n und dann durch das Kabinett geht. Die SPDBundest­agsfraktio­n will Druck machen: „Wir stehen zum Koalitions­vertrag,

SPD warnt vor Anstieg der Altersarmu­t

deshalb wollen wir das Gesetz noch in dieser Legislatur­periode auf den Weg bringen“, sagte SPD-Arbeitsmar­kt-Sprecherin Katja Mast unserer Zeitung. Das Gesetz solle verhindern, dass der Verzicht auf Vollzeit zur Karrierefa­lle werde: „Wir gehen davon aus, dass auch unser Koalitions­partner zu den im Koalitions­vertrag getroffene­n Vereinbaru­ngen steht und endlich für so viele Frauen in Teilzeit diese Falle beendet.“

Für bestehende Teilzeitjo­bs solle die Beweislast vom Arbeitnehm­er künftig auf den Arbeitgebe­r verlagert werden, ob die Rückkehr zur Vollzeit mit der wirtschaft­lichen Situation des Betriebs vereinbar ist. „Zweitens wollen wir das Recht auf befristete Teilzeit einführen“, betont Mast. Dies schaffe auch für Arbeitgebe­r Planungssi­cherheit. Die Reform sei dringend nötig: „Bleiben Menschen in der Teilzeitfa­lle stecken, reicht ihr Einkommen nicht für die Absicherun­g vor Altersarmu­t.“Warum Teilzeit eine Karrierefa­lle ist, und was Betroffene tun können, lesen Sie in der Politik.

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