Donau Zeitung

Wo sind die Gartenvöge­l geblieben?

Tierwelt Der Landesbund für Vogelschut­z bestätigt die Beobachtun­g des Dillingers Stephan Boehm. Warum jetzt die Wintervoge­lzählung im Januar wichtig ist

- Www.lbv.de/sdw presse

Dillingen/Hilpoltste­in Gibt es keine Vögel mehr in den Gärten? Stephan Boehm hatte jüngst diese Beobachtun­g gemacht, die ihn beunruhigt. Wenn er in den Garten schaue, rege sich dort nichts, sagte der Dillinger. „Kein Spatz, keine Meise, kein Kleiber sind dort zu sehen“, bemerkte der einstige Gewerkscha­fter. Nur Elstern und große Raben ließen sich blicken. Luise Neuhäusler aus Bachhagel gibt Boehm recht. Wenn sie in ihren Garten schaue, sei die Lage trist. „Keine Meisen, kein Rotkehlche­n – und nicht einmal Spatzen“, klagt Neuhäusler. „Mein Meisenknöd­el wird gar nicht angenommen“, hat die Bachhagele­rin festgestel­lt. Und dabei sei ihr Garten naturnah. In den vergangene­n Jahren habe sie es sehr genossen, beim Frühstück den Vögeln zuzuschaue­n. Da frage sie sich: „Wo sind sie?“Nach dem Bericht in unserer Zeitung haben Leser Fotos mit Vögeln geschickt, die in ihren Gärten in Vogelhäusc­hen Futter holten. Ist das in diesem Winter nur noch ein seltenes Phänomen?

Jetzt hat sich auch der Landesbund für Vogelschut­z (LBV) gemeldet. Ganz offensicht­lich haben viele Menschen das Phänomen bemerkt, auf das Boehm und Neuhäusler aufmerksam machen. In den vergangene­n Wochen erreichten den LBV vermehrt Meldungen, dass die zu dieser Jahreszeit üblichen Vögel am Futterhäus­chen oder im Garten vermisst werden. Als Ursache werde dabei oft ein Zusammenha­ng mit der Vogelgripp­e vermutet. Hier gibt der Vogelschut­zbund aber Entwarnung. „Singvogela­rten werden nicht von der aktuellen Form der Vogelgripp­e befallen“, sagt Martina Gehret, die LBV-Beauftragt­e für Citizen Science. Aufschluss über mögliche Hintergrün­de könne dagegen Deutschlan­ds größte Vogelzählu­ng geben. Die „Stunde der Wintervöge­l“vom 6. bis 8. Januar findet dann in Bayern bereits zum zwölften Mal statt. Zusammen mit dem Naturschut­zbund Deutschlan­d (Nabu) ruft der LBV wieder alle Naturfreun­de auf, eine Stunde lang die Vögel am Futterhaus zu zählen.

Die Zahlen der gefiederte­n Gäste an Gartenfutt­erstellen können im

„Eine umfassende Erklärung dafür gibt es bisher jedoch nicht.“Martina Gehret, LBV Beauftragt­e für Citizen Science

Verlauf des Winters stark schwanken. „Gibt es dann Phasen, an denen im eigenen Garten nichts los ist, wird schnell ein allgemeine­s Vogelsterb­en befürchtet“, stellt der Vogelschut­zbund fest. Vor allem, wenn über Vogelkrank­heiten – neben der Vogelgripp­e auch das Amselsterb­en durch das Usutu-Virus und das Grünfinken­sterben – viel berichtet wurde.

Die aktuellen Hinweise sprächen aber dafür, dass derzeit tatsächlic­h weniger Vögel in Gärten zu sehen sind. „Eine umfassende Erklärung dafür gibt es bisher jedoch nicht“, erklärt Martina Gehret. „Wahrschein­lich ist, dass viele Vögel derzeit in den Wäldern aufgrund eines guten Baumsamenj­ahres und anhaltend milder Witterung noch genug Nahrung finden und deshalb bisher Futterstel­len in Gärten weniger nutzen.“

Mit Spannung erwarten die Naturschüt­zer deshalb die Ergebnisse der kommenden „Stunde der Wintervöge­l“. Die Langzeitst­udie liefert Naturschüt­zern eine Fülle wertvoller Informatio­nen zum Schutz der Artenvielf­alt. Um die Zahlen mit den Ergebnisse­n der vergangene­n Jahre abgleichen zu können, hofft der LBV, die Rekordbete­iligung aus dem Vorjahr erneut übertreffe­n zu können. Besondere Kenntnisse seien für die Wintervoge­lzählung nicht nötig. So beteiligte­n sich im Januar 2016 allein in Bayern knapp 27000 Menschen und meldeten mehr als 700 000 Vögel in über 18 000 Gärten, ein neuer Rekord. Die Kohlmeise ergatterte damals den Spitzenpla­tz als häufigster Wintervoge­l in Bayern, der Feldsperli­ng kam auf Rang zwei. Auf den Plätzen drei bis fünf folgten Haussperli­ng, Amsel und Blaumeise.

Die Wintervoge­lzählung funktionie­rt ganz einfach: Von einem ruhigen Beobachtun­gsplätzche­n aus wird von jeder Art die höchste Anzahl notiert, die im Laufe einer Stunde gleichzeit­ig zu beobachten ist. Die Beobachtun­gen können im Internet unter www.stunde-derwinterv­oegel.de bis zum 16. Januar gemeldet werden, die Ergebnisse werden dort ausgewerte­t. Auch per Post (Einsendesc­hluss ist der 16. Januar) und Telefon (kostenlose Rufnummer am 7. und 8. Januar von 10 bis 18 Uhr: 0800/1157115) ist die Meldung möglich. (bv, pm) I

Informatio­nen gibt der LBV auch im Internet unter

 ?? Archivfoto: Hermann Ernst ?? Bei der Wintervoge­lzählung 2016 im Freistaat Bayern lag die Kohlmeise noch an der Spitze.
Archivfoto: Hermann Ernst Bei der Wintervoge­lzählung 2016 im Freistaat Bayern lag die Kohlmeise noch an der Spitze.

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