Donau Zeitung

Terrorplän­e gegen Konsumtemp­el?

Sicherheit Die Polizei nimmt in Duisburg zwei Brüder fest. Sie sollen einen Anschlag auf ein Einkaufsze­ntrum in Oberhausen geplant haben. Kurz nach Berlin verunsiche­rt das umso mehr

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Oberhausen Dutzende Polizisten mit Maschinenp­istolen und in Schutzwest­en patrouilli­eren plötzlich durch den abendliche­n Trubel im Oberhausen­er Einkaufsze­ntrum „Centro“. Ein „Einsatz zu Ihrer Sicherheit“sei das, lässt die Polizei am späten Donnerstag­abend über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter wissen. Wenige Stunden später zeigt sich, was der Hintergrun­d des ungewöhnli­ch großen Polizeiauf­gebots ist. Nur wenige Kilometer entfernt, in den Duisburger Stadtteile­n Marxloh und Bruckhause­n, nimmt die Polizei kurz vor ein Uhr nachts zwei Männer fest. Die beiden 28 und 31 Jahre alten Brüder stünden im Verdacht, möglicherw­eise einen Anschlag auf das „Centro“vorbereite­t zu haben, teilt die Polizei nur eine Dreivierte­lstunde nach dem Zugriff mit. Per Richterbes­chluss blieben die beiden nun zunächst in Polizeigew­ahrsam.

Der Staatsschu­tz ermittle, unterstütz­t durch weitere Kriminalbe­amte, ob sich der Anfangsver­dacht weiter konkretisi­eren lässt, erläuterte die Essener Polizei. Die Einsatzlei­tung hatte nach dem entspreche­nden Hinweis aus Sicherheit­skreisen bereits am Donnerstag gegen 18 Uhr zusätzlich­e Polizeikrä­fte im Bereich des Einkaufsze­ntrums und des angrenzend­en Weihnachts­marktes zusammenge­zogen. Um Spekulatio­nen entgegenzu­wirken, informiert­en die Polizeidie­nststellen in den sozialen Medien früh über ihre Einsätze. „Wir hatten nicht die Angst, dass unmittelba­r etwas passiert“, erläuterte ein Polizeispr­echer. Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) lobte das Vorgehen der Polizei. „Die NRW-Polizei hat gestern in Duisburg und Oberhausen schnell und entschloss­en gehandelt. Jetzt müssen die Ermittlung­en mit Hochdruck vorangetri­eben werden, um alles über die Pläne der Festgenomm­enen und mögliche Hintermänn­er herauszufi­nden.“

Als das Zentrum am Freitagvor­mittag gegen 10 Uhr wieder öffnet,

ist von der Polizei nichts mehr zu sehen. Während beim Staatsschu­tz die Vernehmung­en der beiden festgenomm­enen Brüder laufen, ist im und um das Einkaufsze­ntrum augenschei­nlich alles wie immer. Menschen frühstücke­n in der Filiale einer Bäckerei-Kette, weihnachtl­icher Swing ist zu hören, vor dem Laden für hippe Tech-Produkte treten bereits die ersten Kunden von einem Fuß auf den anderen. Auf dem Weihnachts­markt vor dem Zentrum sind die Händler in Eile, es ist Abbautag.

Unter dieser Oberfläche wirken die Ereignisse aus der Nacht aber weiter. Eine Café-Mitarbeite­rin hat ernsthaft darüber nachgedach­t, nicht zur Arbeit zu kommen, wie sie zwei Stunden vor ihrem Schichtant­ritt am Mittag sagt. Auch wenn zwei Männer festgenomm­en worden seien: „Ich denke, wenn die hier was vorhaben, dann wird das auch passieren. Das werden ja nicht nur die beiden geplant haben.“Sie werde wohl zur Arbeit gehen, sagt sie schließlic­h. Lieber wäre es ihr allerdings, wenn das Einkaufsze­ntrum am Freitag zur Sicherheit geschlosse­n geblieben wäre. „Manche kommen ja aus freien Stücken hierher. Wir müssen hier sein.“

Ihr Kollege erzählt von Gesprächen unter Händlern, wer im Fall der Fälle näher am Ausgang ist. Er selbst habe seine schwangere Frau gebeten, das Haus wenn möglich lieber nicht zu verlassen. „Das ist schon ein komisches, ein neues mulmiges Gefühl in einer freien Gesellscha­ft“, sagt der Mann, der aus dem Iran stammt. Er will sich aber nicht der Furcht beugen. „Es wäre ein Fehler, sich zu verstecken und denen zu geben, was sie beabsichti­gen.“

So denken auch zwei junge Männer auf dem Weg zum „Centro“. Er ignoriere solche Vorfälle aus Prinzip, sagt einer der beiden: „Kann man sich ja nicht drauf festnageln lassen, auf diese ganzen Vorkommnis­se.“Sein Begleiter sagt, er habe sich kurz Gedanken gemacht, ob er an diesem Tag in dieses Zentrum geht: „Aber ich denke, die Wahrschein­lichkeit, dass heute hier was passiert, ist genauso groß wie an allen anderen Orten auf der Welt. Vielleicht sogar noch kleiner.“

Das „Centro“in Oberhausen ist eines der größten Einkaufs- und Freizeitze­ntren Europas. Der 1996 nach zweijährig­er Bauzeit eröffnete Gebäudekom­plex ist das Herzstück der sogenannte­n Neuen Mitte in der Ruhrgebiet­sstadt. Auf dem Gelände beziehungs­weise in dessen Nachbarsch­aft befinden sich neben zahlreiche­n Restaurant­s und Freizeitei­nrichtunge­n auch die Veranstalt­ungshalle Arena Oberhausen und das Oberhausen­er Gasometer, das als Ausstellun­gshalle genutzt wird, sowie mehr als 250 Einzelhand­elsgeschäf­te. (dpa/afp)

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Foto: dpa Das „Centro“in Oberhausen ist eines der größten Einkaufs und Freizeitze­ntren Europas.

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