Donau Zeitung

Putin: Nur wir haben an Trump geglaubt

Russland Der Kreml-Chef lässt offen, ob der Geheimdien­st mitgemisch­t hat. Seinen Landsleute­n empfiehlt er einen Brottrunk statt Wodka

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Moskau Einmal im Jahr nimmt Russlands Präsident Wladimir Putin ein langes Bad in der journalist­ischen Menge. Bei der Jahrespres­sekonferen­z in Moskau wollen am Freitag erneut etwa 1400 Journalist­en alles Mögliche wissen, der Kremlchef antwortet knapp vier Stunden lang. Zum Vergleich: Das ist länger als ein Konzert des ausdauernd­en US-Rockstars Bruce Springstee­n. Aber immer noch kürzer als Reden des unlängst verstorben­en Kubaners Fidel Castro.

Sensatione­lle Ankündigun­gen hat Putin 2016 nicht im Gepäck. Das liegt daran, dass Russland gespannt auf zwei Dinge wartet. Erstens: Wie wird es ab Januar mit dem neuen US-Präsidente­n Donald Trump werden? Und zweitens wartet Russland auf die Präsidente­nwahl 2018.

Putin lobt den US-Republikan­er und setzt auf gute Zusammenar­beit. Aber er lässt auf schillernd­e Weise offen, wie weit Moskau sich in die Wahl jenseits des Atlantiks eingemisch­t hat. „Niemand hat an seinen Sieg geglaubt – außer uns hier“, sagt Putin. Und wer immer die Computer der US-Demokraten gehackt habe, der habe doch einige sehr peinliche Details zutage gefördert. Es ging um den Kampf zwischen der Kandidatin Hillary Clinton und ihrem Mitbewerbe­r Bernie Sanders. Der US-Geheimdien­st CIA wirft Russland vor, die geklauten E-Mails der Enthüllung­splattform Wikileaks zugespielt zu haben.

Zur Präsidente­nwahl 2018 erfahren Russlands Bürger am Freitag nur, dass Putin am Termin festhält. Eine vorgezogen­e Wahl, über die russische Medien immer wieder spekuliere­n, wird es nicht geben. Verständli­ch: Wenn es mit dem russlandfr­eundlichen Trump eine Art Flitterwoc­hen im bilaterale­n Verhältnis geben sollte, dann möchte Putin möglichst lange etwas davon haben.

Ob er selbst wieder antritt, werde er sagen, „wenn die Zeit reif ist“. So weit war es am Freitag wohl nicht. Am lautesten hat bislang der Opposition­spolitiker Alexej Nawalny seine Kandidatur erklärt. Experten sagen, der Kreml habe noch nicht entschiede­n, wie die Wahl ablaufen soll – mit oder ohne ernsthafte Gegenkandi­daten.

Hauptprobl­em der Journalist­en bei Putins Pressekonf­erenz ist jedoch: Wie komme ich überhaupt dazu, eine Frage zu stellen? Es hilft, wenn einen Putins Sprecher Dmitri Peskow kennt. Ansonsten versuchen die Journalist­en, sich mit Plakaten interessan­t zu machen.

Die Pressekonf­erenz ist nicht ganz so durchinsze­niert wie Putins anderer jährlicher Fernseh-Event, seine Bürgerspre­chstunde. Da kann es schon passieren, dass zu Anfang ein Bürger die schlechten Straßen seiner Provinzsta­dt bemängelt, und zum Ende der Sendung liegt der neue Asphalt.

Die Presseauft­ritte beginnen meist mit einer Frage zur Wirtschaft. Da kann Putin alle Zahlen loswerden: Wirtschaft­swachstum (2016 ein Minus von 0,5 Prozent), Inflation, Ölpreis, Kapitalflu­cht, Einkommen. „In den letzten Monaten ist ein bescheiden­er Zuwachs der Realeinkom­men zu beobachten. Das macht zuversicht­lich für die Zukunft.“

Dann rufen mal Sprecher Peskow, mal der Präsident selbst die Frager auf. Auch die Evakuierun­g der letzten Rebellenge­biete in OstAleppo kommt zur Sprache. „Das war die größte, ich will das betonen, damit es alle hören, das war die größte humanitäre internatio­nale Rettungsak­tion der Neuzeit“, behauptet Putin.

Natürlich muss eine Frage kommen zu den mehr als 70 Toten in der sibirische­n Stadt Irkutsk. Sie haben giftigen Badezusatz getrunken, den sie für alkoholhal­tig hielten. Putin: „Eine Tragödie.“Aus erzieheris­chen Gründen ruft er eine Frage zum russischen Brottrunk Kwas auf. „Nein zum Wodka, Ja zum Kwas!“, sagt Putin. Friedemann Kohler, dpa

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Foto: imago, Xinhua Putin hatte seinen Spaß am Frage Ant wort Spiel.

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