Donau Zeitung

Wer Weihnachts­geld erhält

Arbeit Die Höhe der Sonderzahl­ung kann stark variieren. Entscheide­nd ist oft, ob die Beschäftig­ten einen Tarifvertr­ag haben

- VON JULIA SEWERIN

Augsburg Jeden Tag steht Michael Schulz adrett gekleidet acht Stunden lang hinter einem Tresen und erfüllt Kundenwüns­che. Manchmal auch an Feiertagen und an Wochenende­n. Auch Frank Meier trägt einen schicken Anzug und hat eine 40Stunden-Woche. An den Wochenende­n hat er frei. Doch das ist nicht der Unterschie­d zwischen den zwei Männern, sondern die Sonderzahl­ung, auf die sich viele am Ende des Jahres freuen: das Weihnachts­geld. Der Hotelanges­tellte Schulz hat Ende November rund 1000 Euro mehr auf seinem Konto. Banker Meier kann sich über zusätzlich­e 3000 Euro freuen. Die Personen sind fiktiv, der große Unterschie­d bei den Zahlungen nicht. Und während das Weihnachts­geld ursprüngli­ch zum Kauf von Geschenken und einem besseren Gelingen des Festes beitragen sollte, löst es heutzutage bei vielen Neid aus. Aber warum bekommen manche mehr als andere und manche nichts?

Es kommt darauf an, in welcher Branche jemand arbeitet, und vor allem darauf, ob diese tarifgebun­den ist, erklären die Sprecher der zwei großen Gewerkscha­ften in Bayern, IG Metall und Verdi. Der Unterschie­d ist deutlich: 71 Prozent der Beschäftig­ten mit Tarifvertr­ag bekommen die Sonderzahl­ung, nur 44 Prozent der nicht tarifgebun­denen Arbeitgebe­r zahlen sie. Das geht aus einer Umfrage hervor, die das gewerkscha­ftsnahe Wirtschaft­s- und Sozialwiss­enschaftli­che Institut (WSI) veröffentl­ichte. „Bei den Tarifvertr­ägen ist es uns über Jahre gelungen, hohe Weihnachts­gelder zu vereinbare­n“, heißt es vonseiten der IG Metall. Verdi-Sprecher Hans Sterr macht aber auf noch einen Faktor aufmerksam: Frauen erhalten seltener Weihnachts­geld als Männer. Das hat Sterr zufolge die gleichen Gründe, warum sie weniger verdienen: „Sie haben eine schlechter­e Ausgangspo­sition, verhandeln schlechter und arbeiten oft nur Teilzeit“, sagt er. Generell steht auch Teilzeitkr­äften Weihnachts­geld zu, wie der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) auf seiner Homepage erklärt. In diesem Fall berechnet sich das Weihnachts­geld anteilig – im Verhältnis der jeweiligen reduzierte­n Arbeitszei­t zur Vollzeitbe­schäftigun­g.

Gesetzlich ist der Anspruch auf Weihnachts­geld nicht geregelt. So gibt es Branchen, in denen gar kein Weihnachts­geld gezahlt wird. Gebäuderei­niger gehen dem WSI zufolge oft leer aus. Laut Sterr liegt das daran, dass die Branche schlecht organisier­t ist. „Es gibt Unmengen an kleinen Firmen, sodass man nur schlecht an sie herankommt.“Am meisten bekommen dem WSI zufolge Beschäftig­te im Bankgewerb­e sowie in der Süßwaren-, Chemie-, Druck- und Textilindu­strie. Sie erhalten 95 bis 100 Prozent ihres Monatseink­ommens. Gefolgt von den Branchen Versicheru­ngen, Einzelhand­el, Metallindu­strie sowie der Öffentlich­e Dienst mit 55 bis 80 Prozent. Wobei weiterhin Unterschie­de zwischen Ost und West bestehen. Unter Umständen kann die Höhe der Zahlung sogar innerhalb einer Firma variieren. Der Arbeitgebe­r muss das aber dem DGB zufolge begründen. Etwa wenn er einen Mitarbeite­r begünstigt, um ihn aufgrund seiner Ausbildung stärker an den Betrieb zu binden.

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Foto: dpa Einen gesetzlich­en Anspruch auf Weih nachtsgeld gibt es nicht.

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