An Weihnachten geboren
Fest Geburtstag am 24. Dezember? Wie schön, sagen die einen. Weil das doch niemand vergisst. Die armen Kinder, sagen die anderen. Weil da doch keiner Zeit hat. Drei „Christkinder“erzählen, wie sie den besonderen Tag feiern
Augsburg Wenn Xenia Rohloff heute Morgen das letzte Türchen an ihrem Adventskalender öffnet, dann hofft sie, dass sich dahinter eine Playmobil-Figur verbirgt. Am besten in Rosa. Und noch mit Glitzer dazu. Danach wird das Mädchen mit den langen Haaren ihre Geschenke auspacken. Vielleicht ist noch einmal eine Playmobil-Figur dabei. Oder ein Schloss für eines ihrer rosaroten Filly Pferdchen. Und am Abend gibt es dann wieder Geschenke. Aber die bringt dann das Christkind, erklärt Xenia. Ein neues Fahrrad hat sie sich gewünscht. Oder so ein Kleid wie es Elsa, die Eiskönigin, trägt. So viele Geschenke an einem Tag? Xenia zieht Lotti, ihre Puppe, zu sich heran, und sagt dann, ganz leise: „Ich hab doch Geburtstag.“Heute, an Heiligabend, wird das Mädchen fünf Jahre alt.
Dass ihr Geburtstag und Weihnachten auf einen Tag fallen, findet Xenia nicht weiter komisch. Sie kennt es ja nicht anders. Nur dass Hannah, Isabella, Zoé und Leni, ihre Freundinnen aus dem Kindergarten, nicht zu Besuch kommen können, findet sie blöd. „Die haben keine Zeit. Weil ja Weihnachten ist“, erklärt Xenia. Ihren Geburtstag will sie am Dreikönigstag mit ihren Freunden feiern, daheim in Steppach bei Augsburg. „Es ist ihr erster richtiger Kindergeburtstag“, sagt ihre Mutter Natalie Rohloff.
Für sie war es ein besonderes Geschenk, als die kleine Xenia am 24. Dezember 2011 im Augsburger Josefinum zur Welt kam. „Es war das schönste Weihnachten überhaupt“, sagt Natalie Rohloff. „Alles war so friedlich und sie hat in ihrem Bettchen geschlafen.“Als Nachteil hat es die Mutter nie empfunden, dass der Geburtstag ihrer Tochter auf Weihnachten fällt. Auch Xenia stört das nicht – zumindest bislang. Weniger Geschenke bekommt die Kleine deswegen nicht. „Und Jesus hat auch Geburtstag.“
Auch Stefanie Klohn hat doppelten Grund zum Feiern. Als Kind hat es die junge Frau aus Günzburg so gehalten wie die kleine Xenia – morgens Geburtstag, abends Weihnachten. Irgendwann, mit Anfang 20, ist sie dann dazu übergegangen, rein- zufeiern – mit einem großen Essen am 23. Dezember, vielen Gästen, immer bei ihr daheim. In diesem Jahr wird Stefanie Klohn 33 – und gibt zum ersten Mal keine Party. „Ich bin einfach nicht in der Stimmung“, sagt die junge Frau. Auch weil es für sie jedes Mal Stress bedeute, wenn man beide Feste unter einen Hut bekommen muss. Weil ihre Tage vorher dann durchgeplant sind: einkaufen, die Wohnung putzen, den 23. Dezember über in der Küche stehen, abends die Gäste umsorgen. Und das, wo Stefanie Klohn an Heiligabend den ganzen Tag unterwegs ist – zuerst beim Vater, dann bei der Mutter, dann bei Bekannten.
Trotzdem möchte sich Klohn nicht beklagen, dass ihr Geburtstag und Weihnachten zusammenfallen. „Das hat mich nie genervt. Das ist doch etwas Besonderes“, sagt sie. Weil fast jeder daran denkt, zu gratulieren. Weil es deswegen auch nicht weniger Geschenke gab – im Gegenteil. Und weil Klohn, die im Dominikus-Ringeisen-Werk in Ursberg (Landkreis Günzburg) arbeitet, an diesem Tag meist frei hat: „Das war über die Jahre mein kleiner Geburtstagsbonus.“
Für Johanna Kottermaier ist der 24. Dezember so etwas wie ein Geschenk. „Als Kind hatte ich schulfrei, jetzt muss ich nicht arbeiten“, sagt die Augsburgerin, die heute 59 wird. „Das habe ich immer als sehr schön empfunden.“Und sie hat festgestellt, dass es erstaunlich viele „Christkinder“gibt. Ihren Geburtstag feiert sie, wie es sich eingebürgert hat, ganz gemütlich mit einem Sektfrühstück daheim. „Dass sich meine Freunde an diesem Tag Zeit nehmen, ist das wichtigste Geschenk für mich.“
Am Nachmittag, wenn ihre Geburtstagsfeier ausgeklungen ist, gönnt sich Kottermaier etwas Ruhe – und dann geht es mit dem Heiligen Abend weiter. „Es ist schon anstrengend, dass man zwei Feste an einem Tag hat“, räumt sie ein. Doch nicht zu feiern, das käme für sie nicht infrage. Einmal hat sie versucht, an ihrem Namenstag im Frühjahr zu feiern – und es bei einem Versuch belassen. „Das war es nicht“, sagt sie. „Das fühlt sich nicht wie Geburtstag an.“