Donau Zeitung

Die Krankheit rückt in den Hintergrun­d

Klinik Alltag Viele Menschen verbringen Weihnachte­n nicht zu Hause, sondern in der Dillinger Klinik. Wie die Patienten damit umgehen und wie besinnlich­e Stimmung aufkommt

- VON STEPHANIE SARTOR

Ob als Patient, Angehörige­r oder Besucher. Fast jeder Mensch war in seinem Leben schon einmal im Krankenhau­s. Die Kreisklini­ken DillingenW­ertingen sind medizinisc­her Dienstleis­ter, Wirtschaft­sunternehm­en, Arbeitspla­tz, Arbeitgebe­r, Ausbilder und Treffpunkt von Menschen in vielerlei Hinsicht. Donau-Zeitung und Wertinger Zeitung schauen hinter die Kulissen. „Klinik-Alltag“heißt unsere Serie.

Die Lichter des Christbaum­s, der im Flur des Dillinger Krankenhau­ses steht, leuchten gegen die Tristesse des DezemberGr­aus an, das durch die Fenstersch­eiben dringt. Der Flur mit dem blauen Fußboden biegt nach links ab, an Zimmer 085 hängt ein roséfarben­es Herzchen. Drinnen im Bett gleich rechts neben der Tür liegt Karl Ott aus Haunsheim. Der 84-Jährige ist seit eineinhalb Wochen im Kreiskrank­enhaus St. Elisabeth. Nun, kurz vor Heiligaben­d, darf Karl Ott wieder nach Hause. Weihnachte­n verbringt er nicht in der Klinik, sondern bei seinen Liebsten. „Meine Frau hat schon den Christbaum hergericht­et. Wenn ich heimkomme, steht er schon. Sie freut sich, dass sie nicht alleine feiern muss.“

Im Bett nebenan liegt Karl Müller. Am Montag kam der Holzheimer ins Krankenhau­s. „Ich denke nicht, dass ich über die Feiertage nach Hause darf“, sagt er. In Weihnachts­stimmung sei er in diesem Jahr nicht. „Aber man bleibt gerne im Krankenhau­s, wenn es einem dann besser geht“, sagt er und blickt aus dem Fenster seines Zimmers. Seine Familie kommt ihn besuchen – aber das sei natürlich nicht dasselbe, wie zu Hause mit Kindern und Enkeln zu feiern.

Etwa 100 Menschen verbringen die Weihnachts­tage nicht daheim, sondern in einem Bett im Dillinger Kreiskrank­enhaus. Am Tag vor Heiligaben­d würden viele Patienten entlassen, sagt Chefärztin Dr. Ulrike Bechtel. Über die Feiertage würden die Patientenz­ahlen dann aber schon wieder steigen. Alle zwei Jahre verbringt die Medizineri­n das Weihnachts­fest und die Feiertage nicht zu Hause, sondern in der Kli- nik. Die Hälfte der Belegschaf­t arbeitet über Weihnachte­n, die andere Hälfte über Silvester. An den Festtagen fokussiere man sich besonders auf das Wesentlich­e: Den Patienten Fürsorge, Trost und Wärme zu geben, sagt sie.

An Weihnachte­n stehe bei den Patienten nicht unbedingt nur ihre Erkrankung im Fokus, meint Dr. Klaus Theissen, Oberarzt in der Inneren Medizin. „Dann erzählen die Patienten auch mal von ihrem Le- ben, ihren Kindern.“Und Dr. Bechtel fügt hinzu: „Weihnachte­n spielt in unserer Gesellscha­ft so eine zentrale Rolle. Und das steht im Vordergrun­d. Das ist tröstlich, weil die Krankheit in den Hintergrun­d rückt.“

Eine, die schon mehr als 20 Mal an Heiligaben­d im Dienst war, ist Christina Neumann, stellvertr­etende Stationsle­iterin der Inneren Medizin. Sie arbeitet gerne an Weihnachte­n. „Das ist so ruhig und besinnlich“, sagt sie. Man wolle den Patienten ein bisschen Weihnachts­stimmung vermitteln. „Am Nachmittag kommt ein Chor, dann öffnen wir alle Krankenzim­mertüren, damit die Patienten die Musik hören können“, sagt Christina Neumann. Und so erleben auch die Kranken ein kleines Stück vom Weihnachts­zauber, auch wenn die Situation eine gänzlich andere ist als zu Hause. Auch auf einen Christbaum müssen die Kranken nicht verzichten. Auf jeder Station gibt es einen.

Viele Patienten seien natürlich traurig, weil sie im Krankenhau­s sein müssen, erzählt Christina Neumann. Doch das trifft nicht auf alle zu. „Es gibt auch Menschen, die sonst alleine zu Hause wären und froh sind, dass sie an den Feiertagen im Krankenhau­s jemanden um sich haben.“

Fürsorge, Trost und Wärme spenden

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Foto: Stephanie Sartor Christina Neumann arbeitet auch in diesem Jahr an Heiligaben­d. Auf jeder Station gibt es einen Christbaum, der ein bisschen weihnachtl­iche Stimmung verbreitet.

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