Die Krankheit rückt in den Hintergrund
Klinik Alltag Viele Menschen verbringen Weihnachten nicht zu Hause, sondern in der Dillinger Klinik. Wie die Patienten damit umgehen und wie besinnliche Stimmung aufkommt
Ob als Patient, Angehöriger oder Besucher. Fast jeder Mensch war in seinem Leben schon einmal im Krankenhaus. Die Kreiskliniken DillingenWertingen sind medizinischer Dienstleister, Wirtschaftsunternehmen, Arbeitsplatz, Arbeitgeber, Ausbilder und Treffpunkt von Menschen in vielerlei Hinsicht. Donau-Zeitung und Wertinger Zeitung schauen hinter die Kulissen. „Klinik-Alltag“heißt unsere Serie.
Die Lichter des Christbaums, der im Flur des Dillinger Krankenhauses steht, leuchten gegen die Tristesse des DezemberGraus an, das durch die Fensterscheiben dringt. Der Flur mit dem blauen Fußboden biegt nach links ab, an Zimmer 085 hängt ein roséfarbenes Herzchen. Drinnen im Bett gleich rechts neben der Tür liegt Karl Ott aus Haunsheim. Der 84-Jährige ist seit eineinhalb Wochen im Kreiskrankenhaus St. Elisabeth. Nun, kurz vor Heiligabend, darf Karl Ott wieder nach Hause. Weihnachten verbringt er nicht in der Klinik, sondern bei seinen Liebsten. „Meine Frau hat schon den Christbaum hergerichtet. Wenn ich heimkomme, steht er schon. Sie freut sich, dass sie nicht alleine feiern muss.“
Im Bett nebenan liegt Karl Müller. Am Montag kam der Holzheimer ins Krankenhaus. „Ich denke nicht, dass ich über die Feiertage nach Hause darf“, sagt er. In Weihnachtsstimmung sei er in diesem Jahr nicht. „Aber man bleibt gerne im Krankenhaus, wenn es einem dann besser geht“, sagt er und blickt aus dem Fenster seines Zimmers. Seine Familie kommt ihn besuchen – aber das sei natürlich nicht dasselbe, wie zu Hause mit Kindern und Enkeln zu feiern.
Etwa 100 Menschen verbringen die Weihnachtstage nicht daheim, sondern in einem Bett im Dillinger Kreiskrankenhaus. Am Tag vor Heiligabend würden viele Patienten entlassen, sagt Chefärztin Dr. Ulrike Bechtel. Über die Feiertage würden die Patientenzahlen dann aber schon wieder steigen. Alle zwei Jahre verbringt die Medizinerin das Weihnachtsfest und die Feiertage nicht zu Hause, sondern in der Kli- nik. Die Hälfte der Belegschaft arbeitet über Weihnachten, die andere Hälfte über Silvester. An den Festtagen fokussiere man sich besonders auf das Wesentliche: Den Patienten Fürsorge, Trost und Wärme zu geben, sagt sie.
An Weihnachten stehe bei den Patienten nicht unbedingt nur ihre Erkrankung im Fokus, meint Dr. Klaus Theissen, Oberarzt in der Inneren Medizin. „Dann erzählen die Patienten auch mal von ihrem Le- ben, ihren Kindern.“Und Dr. Bechtel fügt hinzu: „Weihnachten spielt in unserer Gesellschaft so eine zentrale Rolle. Und das steht im Vordergrund. Das ist tröstlich, weil die Krankheit in den Hintergrund rückt.“
Eine, die schon mehr als 20 Mal an Heiligabend im Dienst war, ist Christina Neumann, stellvertretende Stationsleiterin der Inneren Medizin. Sie arbeitet gerne an Weihnachten. „Das ist so ruhig und besinnlich“, sagt sie. Man wolle den Patienten ein bisschen Weihnachtsstimmung vermitteln. „Am Nachmittag kommt ein Chor, dann öffnen wir alle Krankenzimmertüren, damit die Patienten die Musik hören können“, sagt Christina Neumann. Und so erleben auch die Kranken ein kleines Stück vom Weihnachtszauber, auch wenn die Situation eine gänzlich andere ist als zu Hause. Auch auf einen Christbaum müssen die Kranken nicht verzichten. Auf jeder Station gibt es einen.
Viele Patienten seien natürlich traurig, weil sie im Krankenhaus sein müssen, erzählt Christina Neumann. Doch das trifft nicht auf alle zu. „Es gibt auch Menschen, die sonst alleine zu Hause wären und froh sind, dass sie an den Feiertagen im Krankenhaus jemanden um sich haben.“
Fürsorge, Trost und Wärme spenden