Weltweite Solidarität gibt Hoffnung
Pater Günter Paulo Süss aus Gundelfingen hat die weltweite Anteilnahme nach dem Flugzeugabsturz in Brasilien berührt. Er gedenkt auch dreier ermordeter Mitbrüder
Liebe Bekannte und Freunde, Brasilien blieb auch in diesem Jahr in den Schlagzeilen der Medien, nicht nur durch den Flugzeugabsturz einer Fußballmannschaft mit 71 Toten, sondern auch durch Präsidentin Dilma, die etwas am Rand der Legalität aus ihrem Amt entfernt wurde. Nun hat ihr Vizepräsident das Amt übernommen. Sechs Minister seiner neu gebildeten Regierungsmannschaft wurden bereits wegen Bestechung aus dem Amt entfernt. Parteien, die sich um die Eingliederung der Armen bemühen und solche, denen es um die Privilegien der Reichen geht, sind sich ähnlich, wenn es um Gelder für die schwarze Kasse des nächsten Wahlkampfs und häufig auch um persönliche Bereicherung geht. Da gibt es viel Arbeit für die Kirche von Papst Franziskus, der sich im Vatikan, auf seinen Reisen und in seinen Schriften nicht nur für die „Option für die Armen“starkmacht, sondern sich immer wieder für eine arme Kirche einsetzt. Nicht in allen Ortskirchen und Behörden des Vatikans findet er offene Ohren.
Aber ich wollte Ihnen ja von dem erzählen, was das Leben in Brasilien und überall in der Welt nicht unbedingt leicht, aber eben doch lebenswert macht. Da wäre von der Solidarität nach dem Flugzeugabsturz der Fußballmannschaft zu sprechen, von der Mutter, deren Sohn unter den Toten war und die die Tränen eines Journalisten, dessen Kollege auch unter den Toten war, abgetrocknet hat. Der Bruder eines abgestürzten Mittelstürmers sagte: „Ich habe in der Kirche ‚Unsere Liebe Frau vom Frieden‘ gelernt, dass wir uns in der Familie immer mit einem ‚Gott liebt dich‘ verabschieden. Und so habe ich mich auch von meinem Bruder vor jenem Todesflug verabschiedet.“Die weltweite Solidarität war so beeindruckend und so überwältigend, dass da auch in anderen Fragen der Solidarität, zum Beispiel mit den Landflüchtlingen und politisch Verfolgten, Hoffnung besteht. Wie schön wäre es, wenn wir diese Solidarität, die doch in uns steckt, schon aktivieren könnten, ehe das Unheil geschieht!
Vielleicht haben Sie am 5. August die Eröffnung der 31. Olympischen Spiele in Rio de Janeiro am Fernsehen miterlebt. Sie hat uns in großartigen Bildern durch den Mythos und die Geschichte Brasiliens geführt. Die politische und soziale Misere hat die Freude und den Glanz der Spiele nicht getrübt. Menschlich noch beeindruckender aber waren für mich die 15. Paralympischen Sommerspiele. In einer Welt, in der alles um Schnelligkeit, um legale und illegale Gewinne geht, dass da noch Platz für die durch Krankheit geschundenen Menschen ist, repräsentiert durch die Behindertensportler aller Länder, auch das bedeutet einen Bruch mit Effizienz- und Gewinnmentalität.
In diesem Jahr haben wir drei unserer Missionare gedacht, die wegen ihres Einsatzes für die Sache der Eingeborenen ermordet wurden: der deutsche Salesianerpater Rudolf Lunkenbein, der sich vor 40 Jahren um die Verteidigung von Grund und Boden der Bororos verdient gemacht hat. Ezequiel Ramin, ein italienischer Priester der ComboniMissionare, hat das Territorium der Surui verteidigt und wurde deshalb, ebenfalls vor 40 Jahren, ermordet. Auch Vicente Canhas, ein spanischer Jesuitenbruder, hat seinen Einsatz für Land und Kultur der Enawenê Nawê, vor 30 Jahren, mit seinem Leben bezahlt. Für Rudolf Lunkenbein, aus Bamberg, und für Ezeqiel Ramin, aus Padua, wurde dieses Jahr ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet. Am Nachmittag des 40. Jahrestages der Ermordung von Pater Rudolf und seinem indigenen Verteidiger, Simão Bororo, am 15. Juli 2016, sitze ich unter dem alten Mangobaum in Meruri, der den Platz des Martyriums überschattet. Vor mir das hochragende Kreuz im Boden. Wir haben Gott gedankt für das Leben der Märtyrer von Meruri und aller, die sich für das Leben anderer einsetzen. Auf dem Primizbildchen von Pater Rudolf war dieser Einsatz schon vorweggenommen: „Ich kam zu dienen und das Leben hinzugeben.“Haben Sie Dank für Ihre Solidarität mit den Indios und den Armen Brasiliens. Ganz herzliche Grüße, ein gesegnetes Weihnachtsfest und Hoffnung auf die Treue Gottes auch im neuen Jahr,
Ihr Günter Paulo Süss