Im Zug durch den Kupfercanyon
Einmal quer durch Chihuahua: Unterwegs im El Chepe
Der einzige reguläre Passagierzug Mexikos fährt auf der schönsten Strecke des Landes durch ein riesiges System tiefer Schluchten. Und in das Gebiet der Tarahumara, der besten Ausdauerläufer der Welt. Wegen der Aussicht sind die mexikanischen Sitznachbarn wohl nicht in den Panoramazug eingestiegen. Sie haben die Jalousien heruntergezogen und dösen. Offenbar wollen sie nur von A nach B. Oder sie wissen, dass das Beste noch kommt: Barrancas del Cobre, ein Labyrinth von Schluchten, viermal so groß wie der Grand Canyon und ebenso schön. Es ist 8 Uhr morgens. Pünktlich ist der Zug in den Bahnhof von El Fuerte gerollt. El Chepe ist eine mächtige Diesellok mit gelb-grünen Waggons. Seit 1961 chauffiert die Eisenbahn Passagiere vom Pazifik zur Millionenstadt Chihuahua. Noch immer ist sie abgesehen vom Flugzeug die schnellste Verbindung. In zwei Jahren sollen die Waggons renoviert werden. Die Fenster sollen größer, die Sitze rückklappbar sein. Auch eine Bar werde es wieder geben, wie in den alten Zeiten. „Der Chepe wird ein Luxuszug“, sagt Ricardo Solis, Manager der Firma Ferromex, die den Chepe 1997 von der Regierung übernommen hat. Komfortabel reist man schon jetzt. Die Sitze sind auch für große Menschen breit genug und bequem.
Auf Zorros Spuren
In geruhsamem Tempo ziehen zunächst Felder vorbei. Der Chepe startet in Los Mochis, einer wohlhabenden Obst- und Gemüsestadt. Später, in El Fuerte, steigen dann die meisten Touristen zu. Der angebliche Geburtsort Zorros ist wunderschön: Die Häuser sind in kräftigen Farben gestrichen. Geschmiedete Gitter bis zum Trottoir zieren die Fenster. Vor sechs Jahren ernannte das Sekretariat für Tourismus El Fuerte zum Pueblo Mágico, einem „magischen Ort“. Hinter dem Kolonialstädtchen wird das Land wilder. Dornbüsche und Kakteen ziehen am Fenster vorbei, die Hügelketten rücken immer näher. Die Landschaft ist beeindruckend: Rechts fließt ein grüner Fluss in der Schlucht, darüber erheben sich sich rotbraune, geriffelte Felswände aus bewaldeten Hängen. Die härteste Nuss für die Ingenieure war der Abschnitt bei Temoris. Und sie wurde elegant geknackt: Über drei Ebenen von Brücken und Tunneln schraubt sich der Zug 800 Höhenmeter nach oben und wechselt dabei die Klimazone. Statt Kakteen wachsen nun Kiefern und Eichen auf den Hängen. Hier schlägt das Herz des Kupfercanyons. Seit 2010 ist das Gebiet als Nationalpark geschützt. Man kann in Bahuichivo aussteigen und nach Cerocahui fahren. Dort warten eine Aussichtplattform und ein fantastischer Blick über den mehr als 1800 Meter tiefen Urique Canyon.
Dauerlauf durch die Schlucht
Mit dem Film „Born to Run“, einer Bestseller-Verfilmung über die Tarahumara, dürfte der Kupfercanyon einen neuen Popularitätsschub bekommen. Das indigene Volk ist seit dem Buch berühmt dafür, die besten Ausdauerläufer der Welt hervorzubringen. Die Tarahumara leben jedoch sehr zurückgezogen. Wer mehr von ihnen sehen will als Souvenirverkäuferinnen, muss die Zugstrecke hinter sich lassen. Im Tal der Pilze, nahe Creel, gibt es fantastisch geformte Felsen. Außerdem kann man dort eine Kirche des Volkes bestaunen. Oder man packt seinen Rucksack und macht sich auf in die grünen Schluchten. Zu Fuß, wie die Tarahumara. Nur vielleicht ein bisschen gemächlicher.