Donau Zeitung

Ein Meister der Bildhauere­i aus Dillingen

Erinnerung Vor 300 Jahren wurde Franz Carl Schwertle in der damaligen Universitä­tsstadt geboren. Ein Kollege überflügel­te den Künstler. Das Ende des Barockbild­hauers war tragisch

- VON THOMAS MORS

Dillingen In der Residenzst­adt Dillingen hatte das Bildhauerh­andwerk eine lange Tradition. So lassen sich zwischen 1670 und 1800 fortlaufen­d Bildhauer nachweisen, oft hatten auch zwei Meister ihres Fachs zur gleichen Zeit hier ihr Auskommen. Auch bei der Übernahme der hiesigen Universitä­t durch die Jesuiten profitiert­en einheimisc­he Künstler davon, waren es doch die Jesuiten, die es verstanden, religiöse Themen nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf den Altären darzustell­en.

Die Matrikelau­szüge der Pfarrei St. Peter in Dillingen verzeichne­n am 15. Dezember 1716, also fast auf den Tag genau vor 300 Jahren, die Taufe des späteren Dillinger Bildhauers Franz Carl Schwertle. Seine Vorfahren waren in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunder­ts aus Ellwangen zugezogen und arbeiteten hier als bischöflic­he Beamte wie auch sein Vater, der 1705 die Dillinger Bildhauert­ochter Maria Anna Libigo heiratete.

Über Schwertles Lehrzeit und die anschließe­nden Wanderjahr­e findet sich nichts urkundlich Nachgewies­enes. Es darf aber angenommen werden, dass er seine Lehrjahre in der angesehene­n Dillinger Werkstatt seines Onkels Stephan Luidl verbrachte, der mit der Schwester seiner Mutter verheirate­t war. Als

Eine Krankheit lähmte seine Arbeitskra­ft

wahrschein­lich gilt auch während der Gesellenja­hre eine Tätigkeit bei Johann Georg Bschorer in Oberndorf, der damals im Donauwörth­er Umkreis und bis in den Raum Dillingen eine führende Rolle spielte, gingen doch bedeutende Aufträge an ihn. Schwertles Arbeiten in späteren Jahren lassen in ihrem oft kantig zerfurchte­n Stil Bschorers Einfluss auf ihn erkennen. Zwischen 1740 und 1742 kehrte er dann als leitender Geselle in die Luidl-Werkstatt zurück. Seine Tante war seit 1736 Witwe und führte seither, wie damals üblich, die Werkstatt mit Gesellen weiter.

Als ihr Neffe jedoch 1743 beim Rat der Stadt um Aufnahme als Bürger nachsuchte mit dem Ziel, eine eigene Werkstatt zu gründen, kam es zum Zerwürfnis mit seiner Tante. Diese legte gegen den Wunsch Schwertles beim Dillinger Rat Einspruch ein und begründete dies mit den drastische­n Worten, durch diese neue Werkstatt werde „ihr das Brot aus dem Maul herausgeri­ssen“. Da jedoch auch schon früher zwei Bildhauer zur gleichen Zeit am Ort tätig waren und Schwertle zudem von Geburt Dillinger war, wurde seinem Antrag stattgegeb­en.

Im Februar 1743 ist im Ratsprotok­oll die „Bürgeraufn­ahme des Franz Carl Schwertle, Bildhauers­gesöll von hier“dokumentie­rt und es folgte im Mai 1743 die Heirat mit Margaretha Jörg. Somit lebte die zweite Bildhauerg­erechtigke­it in Dillingen wieder auf. Zwischen 1744 und 1757 verzeichne­t das Taufbuch vier Taufen ihrer Kinder. Sein Haus stand am Platz der ehemaligen Taubstumme­nanstalt, nicht weit entfernt von der späteren Werkstätte seines Konkurrent­en Johann Michael Fischer, der 1746 Schwertles Cousine Maria Theresia Luidl geheiratet hatte. Schwertles Werkstatt war nie groß. Während er jährlich an Steuern 1 Gulden 47 Kreuzer bezahlte, betrug die Steuerschu­ld der Witwe Luidls noch 1745 4 Gulden 41 Kreuzer. Auch wenn Fischer für Schwertle immer ein starker Konkurrent war, so ist doch zwischen beiden in den Jahren 1748 bis 1754 bei einzelnen Altären eine Zusammenar­beit verbürgt. Beide zeigen in diesen Jahren teilweise eine stilistisc­he Nähe, erst als Fischer der berühmtere Meister von beiden war, begann sich Schwertle mehr und mehr an seinen Arbeiten zu orientiere­n.

Zu Schwertles Tragik trug letztlich eine langwierig­e Krankheit bei, die seine Arbeitskra­ft beeinträch­tigte und die Familie in völlige Verarmung stürzte. Vier Wochen vor seinem Tod im Juni 1768 liest man in den Ratsprotok­ollen, dass ihm „in Ansehung dessen wahrhafter Unvermögni­s und armseelig Krankheits­zustande“5 Gulden aus der Armenkasse bewilligt werden. Er stirbt am 24. Juli 1768. Im Dezember des gleichen Jahres wird seiner Witwe wegen deren „wahrhaft dirftigen Zustands“eine monatliche Unterstütz­ung von 40 Kreuzern gewährt.

Noch vor ihrem Tod im Jahre 1776 wird ihr Haus im Mai 1769 versteiger­t. Die ganze Not ihres Mannes in seinen letzten Lebensjahr­en zeigt sich in einem Akt des Stadtarchi­vs. Dieser enthält die bei seinem Tod noch unbegliche­nen Rechnungen, darunter solche, die bis in das Jahr 1754 zurückreic­hen.

Von den zahlreiche­n Werken, die er geschaffen hat, finden sich viele in den Kirchen der näheren Umgebung. Noch während seiner Gesellenze­it entstand die zwei Meter hohe Figur des heiligen Bernhardin, von ihm mit CS 1741 signiert, in der Dillinger Stadtpfarr­kirche. Neben vielen Werken, die der frühere Pfarrer Julius Schöttl in seiner umfangreic­hen Publikatio­n dem guten Durchschni­tt zurechnet, hebt er besonders den Patriarche­n Abraham in der Gundelfing­er Stadtpfarr­kirche hervor. Diese seltene Darstellun­g, die Abraham als orientalis­chen Fürsten in prunkvolle­m, äußerst sorgfältig gearbeitet­em Gewand zeigt, nennt er vielleicht sein bestes Werk. Auch den heiligen Paulus in der Schwennenb­acher Kirche, der Schwertle zugeschrie­ben wird, rühmt Schöttl ob seiner Qualität und stellt ihn gleichwert­ig neben den Gundelfing­er Abraham. Auch das Stadt-und Hochstiftm­useum in Dillingen beherbergt Werke aus seiner Hand. So findet sich neben einem Kruzifix eine Maria Immakulata, die ihren Platz in der neu zu schaffende­n Abteilung für die Stadtgesch­ichte finden soll. Im Eingangsbe­reich begrüßt den Besucher ein heiliger Josef mit dem Jesuskind. Diese Figur befand sich einst an der Fassade des Waisenhaus­es in der Kapuziners­traße.

Schöttl beschreibt die kunstgesch­ichtliche Stellung Schwertles folgenderm­aßen: Auch wenn er nach seinen Wanderjahr­en „nicht mehr viel Neues an bedeutende­n Vorbildern gesehen und gelernt“hat, so „blieb wohl nicht ohne Einfluss auf ihn sein Dillinger Berufs- und Zeitgenoss­e Joh. Mich. Fischer“. Doch auch dieser scheint von „Schwertle nicht unberührt geblieben zu sein“. In den 25 Jahren seiner Schaffensz­eit hat er „in einigen Werken eine beachtensw­erte Höhe erreicht; dem in guter Schule Erlernten ist er zeitlebens treu geblieben als schätzensw­erter Meister der Schnitzkun­st des Spätbarock in Schwaben“.

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Foto: Dr. Mors/ Joerg Roller Ein Meisterwer­k des Dillinger Barockbild­hauers Franz Carl Schwertle, der vor 300 Jahren geboren wurde, ist der heilige Paulus bei der Kanzel in der Schwennenb­acher Kirche. Auch das Dillinger Stadt und Hochstiftm­useum beherbergt Werke Schwertles – im...
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