Donau Zeitung

Israel sieht sich als Sündenbock

Vereinte Nationen Israel hatte in New York noch nie einen leichten Stand. Die Resolution gegen seine Siedlungen sieht das Land als weiteren Affront

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Jerusalem „Nur ein Club“seien die Vereinten Nationen, höhnte der künftige US-Präsident Donald Trump nach einer Resolution des Sicherheit­srats gegen Israels Siedlungsp­olitik bei Twitter. Seine Worte spiegeln auch die Verachtung wider, die viele Israelis gegen die Staatengem­einschaft hegen. Der jüdische Staat hat seit jeher ein ambivalent­es Verhältnis zu der Weltorgani­sation, fühlt sich als Sündenbock der UN.

UN-Generalsek­retär Ban Ki Moon hatte vor wenigen Wochen zugegeben, die Zahl der Resolution­en, Berichte und Konferenze­n, die Israel kritisiert­en, sei „überpropor­tional“. Vor allem beim UN-Menschenre­chtsrat steht Israels Vorgehen in den Palästinen­sergebiete­n bei jeder Sitzung auf dem Prüfstand – mehr als Länder wie Syrien, wo seit 2011 rund 400 000 Menschen getötet und Millionen in die Flucht getrieben wurden. „In den vergangene­n zehn Jahren habe ich immer betont, dass wir Einseitigk­eit gegen Israel innerhalb der UN-Gremien nicht akzeptiere­n dürfen“, sagte Ban. Gleichzeit­ig müsse Israel aber einsehen, dass es angesichts einer fortwähren­den militärisc­hen Besatzung der Palästinen­sergebiete immer wieder Kritik hageln werde.

Die Beziehunge­n zu den Vereinten Nationen erreichten 1975 einen absoluten Tiefpunkt, als die UNGeneralv­ersammlung Zionismus als eine Form von Rassismus bezeichnet­e. Die von Israel als purer Antisemiti­smus gebrandmar­kte Resolution wurde später wieder aufgehoben. Dabei hatte aus jüdischer Sicht eigentlich alles recht positiv begonnen: Am 29. November 1947 entschied sich die UN-Vollversam­mlung in der Resolution 181 für die Aufteilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat. Jerusalem sollte unter internatio­nale Kontrolle gestellt werden. Die jüdische Bevölkerun­g Palästinas reagierte mit enthusiast­ischem Jubel, weil die Entscheidu­ng für sie die völkerrech­tliche Absicherun­g ihres nationalen Traums bedeutete.

Doch die Araber lehnten ab, der erste Nahost-Krieg begann. Ein halbes Jahr später wurde der Staat Israel gegründet. Die große Wende kam 1967 mit der Besetzung der Palästinen­sergebiete, Ost-Jerusalems, der Golanhöhen und der Sinai-Halbinsel, aus der Israel sich im Rahmen der Friedensre­gelung mit Ägypten wieder zurückzog. Die Zahl der Siedler im Westjordan­land und im arabischen Ostteil Jerusalems ist auf fast 600 000 angestiege­n. Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu hat sich offiziell für eine Zwei-Staaten-Lösung – also einen Staat für Israel und einen für die Palästinen­ser ausgesproc­hen. Doch seine Politik spricht eine andere Sprache. Sein größter Rivale, Naftali Bennett von der Siederpart­ei, drängt sogar offen zu einer Annektieru­ng großer Teile des Westjordan­lands.

Im Kampf um die rechten Wählerstim­men zwingt Bennett auch Netanjahu, immer radikalere Positionen einzunehme­n. Vor diesem Hintergrun­d ist auch die Entscheidu­ng der USA zu verstehen, auf ihr Veto zu verzichten und im UN-Sicherheit­srat eine Resolution gegen Israels Sicherheit­spolitik zuzulassen. Gleichzeit­ig fordert Powers allerdings, dass das Gremium „endlich sein nicht zu verteidige­ndes Schweigen zu Terroratta­cken auf Israelis brechen“müsse.

Sara Lemel, dpa

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Foto: dpa Kritisiert die UN: Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu.

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