Kaufhäusern geht es etwas besser
Handel Karstadt und Kaufhof galten lange Zeit als Sorgenkinder. Jetzt kommen positive Signale. Welche Rolle die beiden Unternehmen spielen und welche Herausforderungen sie meistern müssen
Augsburg Die Warenhäuser sind und bleiben die Magneten für Innenstädte. Davon ist Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern überzeugt. Galten sie lange als Sorgenkinder, kommen jetzt positive Signale. „Die Warenhäuser erleben eine kleine Renaissance“, beobachtet Ohlmann. Auch die Gewerkschaft Verdi ist zumindest etwas zuversichtlich. Handelsexperte Georg Wäsler will zwar noch nicht von einem Comeback sprechen. Auch nicht von einer Trendwende. Aber die Ergebnisse beispielsweise bei Karstadt haben sich nach Einschätzung von Wäsler verbessert.
Für Handelsfachmann Marco Atzberger vom Kölner Forschungsund Beratungsinstitut EHI ist entscheidend, wer an der Spitze das Warenhaus führt. Ob diese Person hinter dem Konzept steht. Ob sie das ganze Team engagiert hinter sich scharen kann. Karstadt-Chef Stephan Fanderl scheint dies seiner Ansicht nach zu gelingen. Daher sieht er für Karstadt „eine Hoffnung aufkeimen“. Und auch Konkurrent Kaufhof, der Mitte 2015 vom kanadischen Einzelhandelskonzern Hudson’s Bay übernommen wurde, befindet sich seiner Einschätzung nach auf einem guten Weg. „Die Kaufhäuser sind nicht über den Berg“, betont Atzberger. Aber es werde investiert. Außerdem sind beide Konzerne auch online sehr aktiv. So hebt Kaufhof hervor, dass gerade der Online-Shop im Weihnachtsgeschäft gut genutzt wurde. Überhaupt könnten Kunden Kaufhof längst „auf allen Kanälen“erleben – in der City, via Smartphone oder vom PC zu Hause. Und auch die Beratungsgespräche in den Kaufhäusern würden mithilfe von Tablets ergänzt, sodass die Ware nach Hause oder in die gewünschte Filiale geschickt werden könne. Diese Verknüpfung aller Einkaufsmöglichkeiten wird immer wichtiger. Das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung KPMG. Die Kundenumfrage kann dem stationären Handel Mut machen: Demnach erklärte ein Viertel der Konsumenten, dass für sie auch in Zukunft die Möglichkeit wichtig ist, direkt und persönlich im Laden einkaufen zu können.
Handelsexperte Atzberger ist sich sicher, dass die Kunden trotz wachsenden Onlinehandels gerade in den Großstädten einkaufen wollen. Nicht umsonst ziehe es immer mehr Einkaufscenter in die Innenstädte. Doch gerade Warenhäuser müssen seiner Meinung nach an ihrem Konzept feilen: „Die Atmosphäre, die Gastronomie und die Verfügbarkeit guten Personals sind entscheidend.“Das Personal haben die Warenhäuser aber nach Ansicht von Atzberger in den vergangenen Jahren sehr vernachlässigt. „Mitarbeiter wurden zu sehr als Kostenfaktor gesehen.“Auch hier habe der Chef eine hervorgehobene Rolle: Er müsse es verstehen, dass jede Verkäuferin, jeder Verkäufer auf die gewandelten Bedürfnisse der Kunden reagiert und sie nicht etwa wegschickt, nur weil die passende Größe oder das gewünschte Modell der Schuhe oder Kleidung nicht vorrätig ist.
Die Beschäftigten bei Karstadt haben vor wenigen Wochen einen Erfolg verbucht: Nach über dreijähriger Verhandlungszeit einigte sich die Konzernleitung mit der Gewerkschaft Verdi auf eine langjährige Standort- und Beschäftigungssicherung. Ab 1. April 2021 sollen die rund 15 000 Beschäftigten in den 78 Filialen – darunter auch jeweils eine in Augsburg und Memmingen – wieder nach Einzelhandelsflächentarif bezahlt werden. Verdi-Sekretär Wäsler warnt allerdings davor, allein aus diesem Tarifabschluss darauf zu schließen, dass es Karstadt wieder besser geht. Vor allem die Klausel, dass man sich eine jährliche wirtschaftliche Überprüfung vorbehält, ist für Wäsler ein eindeutiges Zeichen, wie fragil die Lage ist. Auch hätten die Karstadt-Häuser im südbayerischen Raum keine Umsatzsteigerungen verbuchen können. „Aber die Erträge haben sich stabilisiert.“Kaufhof dagegen sei schon einen Schritt weiter. Nicht nur, dass hier die Beschäftigten nach Tarif bezahlt werden, „Kaufhof investiert auch in neue Filialen“.
Spannend ist für Wäsler die Frage, inwieweit Karstadt künftig seine Warenhäuser selbst betreibt. Bereits heute ist ein Teil der Verkaufsflächen an selbstständige Einzelhändler vermietet. Atzberger rät, sich jeden Standort anzusehen und das Konzept an die Region anzupassen. Die Unternehmensberatung KPMG kam zu dem Schluss: „Damit Innenstädte anziehend sind, muss jedoch ein attraktiver lokaler Handel gegeben sein.“Ziel sollte es sein, in starken Allianzen den Handelsstandort Innenstadt zu erhalten. „Dies kann nur im Schulterschluss sämtlicher städtischer Akteure und der Politik auf allen Ebenen gelingen.“
Unternehmen investieren wieder in Kaufhäuser