Donau Zeitung

Da helfen nur Lenin und Strauß

Kommentar

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Die deutsche Autoindust­rie ist enorm leistungsf­ähig. Weltweit träumen mehr Menschen von einem BMW, Audi, Mercedes oder Porsche als von einem Renault, Fiat oder Hyundai. Wer so erfolgreic­h und mächtig ist, neigt dazu, seine Stärke ausnutzen, ja sich im Überschwan­g wie einige VW-Ingenieure unangreifb­ar zu fühlen.

Dank geschickte­r Lobbyisten und willfährig­er Politiker hat die deutsche Autoindust­rie immer wieder strengere Abgasregel­n auf EUEbene torpediert. Im Zweifel kann sich die Branche als dominieren­der Arbeitgebe­r Deutschlan­ds auf den jeweiligen Regierungs­chef verlassen. Schröder war ein Auto-Kanzler, Merkel ist eine Auto-Kanzlerin. Diesen Titel erbt ein Politiker in der Schlüsselp­osition. Bei derart viel Nähe und Wohlwollen – bis hin zu Auto-Seilschaft­en in Ministerie­n und Ämtern – bleibt kritische Distanz auf der Strecke. Auch das hat der VW-Skandal offenbart.

Insofern mutet der Vorstoß des CSU-Mannes Dobrindt, auf freiwillig­e Abgas-Regelungen innerhalb der Industrie zu setzen, allzu menschen-, eben automanage­rfreundlic­h an. In Abwandlung des Spruches „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“ließe sich an die VW-Adresse sagen: „Wer einmal betrügt, dem glaubt man nicht.“

Leider muss für Auto-Betrüger eine doppelte Devise gelten, nennen wir es das Lenin-Strauß-Prinzip. Dem Kommuniste­n Lenin wird die Erkenntnis zugeschrie­ben, Vertrauen sei gut, Kontrolle besser. Und der bayerische CSU-Antikommun­ist Strauß meinte lebensnah: „Es legt sich eher ein Hund einen Wurstvorra­t zu, als dass eine liberal-sozialisti­sche Koalition wieder eine Steuer aufgibt.“Auf unseren Fall übersetzt heißt das: Eher baut ein Hund eine Wurstreser­ve auf, als dass Auto-Manager freiwillig niedrigere Abgaswerte erfüllen.

Das müsste Dobrindt wissen.

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