Da helfen nur Lenin und Strauß
Kommentar
Die deutsche Autoindustrie ist enorm leistungsfähig. Weltweit träumen mehr Menschen von einem BMW, Audi, Mercedes oder Porsche als von einem Renault, Fiat oder Hyundai. Wer so erfolgreich und mächtig ist, neigt dazu, seine Stärke ausnutzen, ja sich im Überschwang wie einige VW-Ingenieure unangreifbar zu fühlen.
Dank geschickter Lobbyisten und willfähriger Politiker hat die deutsche Autoindustrie immer wieder strengere Abgasregeln auf EUEbene torpediert. Im Zweifel kann sich die Branche als dominierender Arbeitgeber Deutschlands auf den jeweiligen Regierungschef verlassen. Schröder war ein Auto-Kanzler, Merkel ist eine Auto-Kanzlerin. Diesen Titel erbt ein Politiker in der Schlüsselposition. Bei derart viel Nähe und Wohlwollen – bis hin zu Auto-Seilschaften in Ministerien und Ämtern – bleibt kritische Distanz auf der Strecke. Auch das hat der VW-Skandal offenbart.
Insofern mutet der Vorstoß des CSU-Mannes Dobrindt, auf freiwillige Abgas-Regelungen innerhalb der Industrie zu setzen, allzu menschen-, eben automanagerfreundlich an. In Abwandlung des Spruches „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“ließe sich an die VW-Adresse sagen: „Wer einmal betrügt, dem glaubt man nicht.“
Leider muss für Auto-Betrüger eine doppelte Devise gelten, nennen wir es das Lenin-Strauß-Prinzip. Dem Kommunisten Lenin wird die Erkenntnis zugeschrieben, Vertrauen sei gut, Kontrolle besser. Und der bayerische CSU-Antikommunist Strauß meinte lebensnah: „Es legt sich eher ein Hund einen Wurstvorrat zu, als dass eine liberal-sozialistische Koalition wieder eine Steuer aufgibt.“Auf unseren Fall übersetzt heißt das: Eher baut ein Hund eine Wurstreserve auf, als dass Auto-Manager freiwillig niedrigere Abgaswerte erfüllen.
Das müsste Dobrindt wissen.