Behörden überprüfen 336 „Reichsbürger“
Sicherheit Wer einer dieser Gruppen angehört und eine Waffe besitzt, muss mit Entzug und Beschlagnahme rechnen
München Die Überprüfung von Waffenbesitzern, die unter Verdacht stehen, zu den sogenannten „Reichsbürgern“zu gehören, soll bis Mitte Februar abgeschlossen sein. Aktuell haben die Behörden in Bayern 336 Verdächtige im Visier. Das teilte das Innenministerium gestern auf Anfrage unserer Zeitung mit. Gleichzeitig korrigierte das Ministerium Medienberichte vom Vortag. Demnach gibt es insbesondere in Unterfranken, Mittelfranken und Schwaben deutlich mehr Verdächtige, als zuletzt gemeldet.
Angeordnet wurde die Überprüfung von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), nachdem ein selbst ernannter „Reichsbürger“im Oktober im mittelfränkischen Georgensgmünd einen Polizeibeamten erschossen hatte. Dass von den „Reichsbürgern“, deren Zahl in Bayern auf etwa 1750 geschätzt wird, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann, rückte erst mit dieser Bluttat ins öffentliche Bewusstsein. Bald darauf erhärtete sich der Verdacht, dass ungewöhnlich viele von ihnen Inhaber einer Waffenerlaubnis sind – etwa als Jäger oder Mitglieder von Schützenvereinen. Sogar bei der Polizei wurden einzelne „Reichsbürger“entdeckt. Aktuell gehen die Behörden in Bayern davon aus, dass 336 Personen überprüft werden müssen. Aufgegliedert nach Regierungsbezirken sind es 43 in Mittelfranken, 41 in Niederbayern, 110 in Oberbayern, 50 in Oberfranken, 25 in der Oberpfalz, 33 in Schwaben und 34 in Unterfranken.
Jeder von ihnen wird sich bis Februar in einem Anhörungsverfahren mit Fragen zu seiner Zugehörigkeit zu den „Reichsbürgern“und zu seiner Zuverlässigkeit beim Führen einer Waffe konfrontiert sehen. Danach entscheiden die Waffenbehörden in jedem Einzelfall, ob er die Waffen behalten darf oder nicht.
Kommen die Behörden zu dem Ergebnis, dass die Zuverlässigkeit nicht gegeben ist, kommt es zum Entzug der Waffenerlaubnis und zur Beschlagnahme der Waffen. Ein derartiger Bescheid muss, wie auch Verwaltungsgerichtsurteile aus anderen Ländern zeigen, ausreichend und individuell begründet sein.
Unter dem Begriff „Reichsbürger“werden all jene Gruppierungen zusammengefasst, welche die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat anerkennen und deshalb auch die Legitimität des Grundgesetzes sowie von Gerichten und Behörden leugnen. Darunter sind Leute, die sich gegen Steuerbescheide oder Bußgelder wehren, aber nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes auch viele, die rechtsextremistischen, rassistischen oder antisemitischen Ideologien oder Verschwörungstheorien anhängen. Das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet insbesondere die Gruppe „Exilregierung Deutsches Reich“. Ihre Ideologie gilt als völkisch und antisemitisch und somit als eindeutig rechtsextremistisch. Andere Reichsbürger sind nach Einschätzung der Behörde einfach nur Spinner oder Querulanten.