Im Einsatz für Mensch, Tier und Umwelt
Silberdistel im Dezember Seit Jahrzehnten engagiert sich Helmut Schenke aus Pöttmes in seiner Gemeinde und im Landkreis Aichach-Friedberg. Notfalls ist der 84-Jährige auch nachts unterwegs
Pöttmes Die zwei Schwalben flattern aufgeregt auf und ab. Unbeholfene Flugversuche. In der großen Voliere wirken die Vögel verloren. Zu anderen Zeiten herrscht hier Hochbetrieb. Rund 80 Tiere päppeln Helmut Schenke und seine Frau Ute in ihrer privaten Wildvogel-Auffangstation in Pöttmes (Kreis AichachFriedberg) jährlich auf. Uhus ebenso wie Gänsesäger oder Zaunkönige. Wenn ein Jungstorch aus dem Horst am nahen Marktplatz purzelt, helfen sie auch ihm auf die Beine. Rund 2000 Vögel haben sie in 20 Jahren gerettet, schätzt Helmut Schenke. Er und seine Frau sind rund um die Uhr einsatzbereit. Nicht nur für Vögel. Neulich eilte der 84-Jährige mitten in der Nacht los, weil ein Biber Hilfe brauchte.
Ihr Engagement nehmen die Schenkes, Eltern zweier Kinder, ernst. So ernst, dass sie 27 Jahre nicht mehr im Urlaub waren. „Wenn man Tiere hat, geht das nicht“, sagt Ute Schenke. Erst 2015 war mal wieder Zeit für eine Reise. Um den Rücken freier zu haben, wollen sie künftig nur noch in Notfällen Tiere aufnehmen und Anrufer ansonsten an geeignete Einrichtungen in der Region weiterleiten.
Seit Jahrzehnten engagieren sich beide für die Natur. Richtig gefordert waren sie ab April 1988: Eines Abends wurde in Pöttmes bekannt, dass der Landkreis am idyllischen Gumppenberg eine Mülldeponie bauen wollte. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Schon am nächsten Tag wurde eine Bürgerini- tiative (BI) gegründet: an vorderster Stelle das Ehepaar Schenke mit weiteren Mitstreitern. Dank über 1000 Mitgliedern kamen 80000 D-Mark für Gutachten zusammen. Die Argumente der Gegner waren so stichhaltig und der Widerstand so massiv, dass der Landkreis 1989 aufgab.
Helmut Schenke sagt: „Wir wollten aber nicht nur die Kreismülldeponie verhindern, sondern ein anderes Mülldenken einführen.“Er und seine Frau eröffneten nach Dasing die zweite Wertstoffsammelstelle im Landkreis und betrieben sie mit Freiwilligen. Ute Schenke setzte durch, dass auch Styropor gesammelt wurde – damals ein Novum.
2006 erhielt Schenke den Umweltpreis des Landkreises. 2013 wurde er mit dem „Grünen Engel“des Freistaats Bayern ausgezeichnet. Übrigens auch für sein Engagement gegen die Mülldeponie, das ihm seinerzeit wenig Sympathien bei der CSU eingebracht hatte.
Die BI unterstützte später auf Landesebene das Projekt „Das bessere Müllkonzept“. Es führte ab 1991 zu einem neuen bayerischen Abfallgesetz, in dessen Folge es in den Kommunen Pflicht wurde, Wertstoffe getrennt zu sammeln.
Führende Mitglieder zogen 1990 in den Marktgemeinderat ein. Helmut Schenke sagt kopfschüttelnd: „Wir sind aus dem Nichts heraus als absolut Blauäugige gewählt worden.“Er selbst wäre sogar fast Rathauschef geworden. Erst in der Stichwahl unterlag er knapp. Dem Gemeinderat gehört er noch immer an. Nach fünf Amtsperioden soll 2020 aber Schluss sein mit der Kommunalpolitik, die ihn außerdem zwölf Jahre in den Kreistag führte. In der ganzen Zeit engagierte er sich weiter für die Natur. Unter anderem in führenden Positionen beim Bund Naturschutz. Auch als Inhaber eines Schafwollhandels hatte der gelernte Import-Export-Kaufmann die Landschaftspflege bedrohter Gebiete im Blick. Ebenso als Motor bei der Gründung des Landschaftspflegeverbands Aichach-Friedberg, dessen Vorstand er angehört. In dem Verband taten sich 1996 Politik, Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft zusammen. Heute pflegt er 200 Hektar ökologisch wertvoller Flächen. Der Plan für drei Bürgerwindräder am Gumppenberg ging indes nicht auf, obwohl Schenke in Nullkommanichts Millionensummen von Menschen aus der Region zugesagt bekam. Er blies das Projekt ab, als es sich zu lange hinzog.
Während des Gesprächs schaut ein Mädchen aus Afghanistan im Haus der Schenkes vorbei. Die hochschwangere Mutter floh mit ihm und drei Geschwistern nach Deutschland. Der Vater wurde laut der Familie von den Taliban verschleppt. Die Schenkes kümmern sich intensiv um die Asylbewerber. Helmut Schenke: „Wir möchten nicht, dass die Menschen den Eindruck bekommen, dass wir ,nur‘ für Umwelt und Naturschutz da sind, sondern auch für die Menschen.“
Der gebürtige Bremer war als Bub selbst Flüchtling, kam ohne Eltern nach Sachsen. Später flohen Menschen aus dem Osten ins fast völlig zerstörte Bremen. Deshalb hat er eine klare Haltung, was die Hilfe für heutige Asylbewerber angeht: „Sie sind kein Einschnitt in unser Leben. (...) Wir sollten die Hilfe für sie mit Freude stemmen.“